Portrait von Daniel Volk
Daniel Volk
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Daniel Volk zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Georg D. •

Frage an Daniel Volk von Georg D. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Volk/ Sehr geehrter Herr Gross,

erstmal vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Ich habe mir das Steuerkonzept Ihrer Partei sehr genau angesehen. Meine Frage an Sie ist, ob ich es richtig sehe, dass dadurch Mindereinnahmen für den Staat entstehen, und wie sie diese Mindereinnahmen ausgleichen wollen ? Ferner die Frage wie wollen sie bei einem Höchststersatz von 35% verhindern, dass der Eindruck entsteht, sie wollen in erster Linie die hohen und höchsten Einkommen entlasten, während Sie z.b. bei einem Bürgergeld von 662,- für einen Alleinstehenden, ohne Berücksichtung der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten, z.b. Mieten, in unterschiedlichen Regionen, defacto kürzen wollen. Ich selbst zähle mich (noch !), zum sog. Mittelstand, und frage sie, ob sie wirklich denken, dass mir z.b. 50, Euro mehr Netto jedes Monat, wichtiger sind, als der soziale Frieden, und ein funktionierender Staat ? Meinen Sie wirklich, dass es mir wichtiger ist einmal mehr im Jahr, in Urlaub fahren zu können, als dass meine heranwachsenden Töchter, abend relativ gefahrlos U und S- Bahn fahren zu können ? Wie sollen Ihrer Meinung nach Kinder aus den sog. bildungsfernenschichten in Zukunft besser und nicht schlechter ausgebildet werden, damit so tragische Vorfälle, wie vergangen Herbst in München an einer S- Bahnstation wieder die Ausnahme, und nicht mehr und mehr zur Normalität werden?
Warum fragen Sie Ihr die sog. Mittelschicht, wenn sie die sog. Mittelschicht, die sie ja als ihre Wählerschicht sehen nicht einmal danach ?

mfG

Georg Dangl, Erding

Portrait von Daniel Volk
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Dangl,

lassen Sie uns die Debatte bitte weiter sachlich führen. Die geplante Steuerreform der FDP wird weder zu einer Vernachlässigung der Kernaufgaben des Staates (u.a. innere Sicherheit) noch zum Zusammenbruch des sozialen Friedens in Deutschland führen. Vielmehr geht es darum, unsere Gesellschaft wieder auf eine fest Basis zu stellen – und dazu gehören solide Staatsfinanzen und ein einfaches, gerechtes und niedriges Steuersystem. Das entspricht einer Politik, die sich nicht an den Ecken, den sogenannten Hartz Empfänger und Millionären, orientiert, sondern die die Mitte entlasten will. Die letzte Bundesregierung hat die Bürger wie keine andere Regierung belastet und die Steuern wie keine andere Regierung erhöht. Am Ende dieser Regierungszeit stand dann aber kein angeglichener Haushalt, sondern eine Staatsverschuldung in Rekordhöhe.

Ich übersende Ihnen zu dieser aktuellen Debatte auch einen sehr interessanten Artikel von Christian Lindner aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 18.02.2010:

Darum geht es der FDP

Von Christian Lindner

18. Februar 2010 Die Gründerväter der Sozialen Marktwirtschaft hatten davor gewarnt, den Staat „zu einem Tag und Nacht arbeitenden Pumpwerk der Einkommen“ (Wilhelm Röpke) zu machen. Das Sozialstaatsprinzip sollte nicht gegen das Leistungsprinzip ausgespielt werden. Die Warnung ist verhallt. Wahlkämpfe wurden mit der Ausdehnung sozialer Transfers gewonnen - nicht mit der Steigerung ihrer Wirksamkeit. In einem der am besten finanzierten Wohlfahrtssysteme sind viele Menschen dauerhaft von Arbeit und Bildung ausgesperrt. Obwohl soziale Zwecke bald ein Drittel der Wirtschaftsleistung beanspruchen, werden Sozialhilfekarrieren erblich. Der Wohlfahrtsstaat hat Eigenverantwortung entbehrlich gemacht, Aufstiegswillen gebremst und Mitmenschlichkeit durch anonyme Rechtsansprüche ersetzt - und damit Mentalitäten geprägt.

Die alten Antworten sind in der Debatte präsent, wenn heute etwa die Grünen mit 20 Milliarden Euro Hartz IV auf 420 Euro erhöhen wollen. Neue Perspektiven erhält so niemand, aber die faire Balance der Interessen der Leistungsempfänger und der Leistungsgeber wird bedroht. Die Mitte der Gesellschaft ist solidarisch. Aber ihre Solidarität ist eine wertvolle Ressource, die nicht fahrlässig verwendet werden darf. Der Verteilungsstaat darf ihr nicht die finanzielle Freiheit nehmen, die die Mittelschicht für Eigenvorsorge und der innovative Mittelstand für Investitionen benötigen.

Steigende Sozialbudgets belegen nicht Sensibilität, sondern sinkende Erwerbsbeteiligung und mangelhafte Prävention. Soziale Sicherheit kann ohne Überbeanspruchung von Kommunen und Steuerzahlern nur garantiert werden, wenn sich die Aufgaben des Sozialstaats durch die Stärkung der Einzelnen und durch neue Beschäftigungschancen verkleinern. Dadurch vergrößern sich zugleich seine Handlungsmöglichkeiten, damit statt Einschränkung großzügige Hilfe für wirklich Bedürftige möglich wird. Nötig ist ein sozialpolitischer Paradigmenwechsel: Nicht Regelsätze müssen pauschal erhöht werden, sondern die Effizienz des Sozialstaats bei der Eröffnung fairer Lebenschancen.

Neue Knoten des sozialen Netzes

Daraus folgt: Bildungsausgaben sind vorbeugende Sozialinvestitionen - je früher, desto besser. In Brennpunkten brauchen wir etwa neue Knoten des sozialen Netzes wie kostenfreie Kindertagesstätten, die in Anlehnung an die nordrhein-westfälischen Familienzentren intensive Förderprogramme für die Kinder mit der Unterstützung der Eltern verbinden. Grundschulen dürfen nicht schlechter finanziert bleiben als gymnasiale Oberstufen. Kindern ist mit Sachleistungen wie Hausaufgabenhilfe, Programmen wie „Kein Kind ohne Mahlzeit“ oder einem Theaterbesuch oft besser geholfen als mit höheren Geldleistungen, die bei den Eltern das Lohnabstandsgebot berühren.
Zum Thema

Sozialpolitik muss zu Beschäftigung aktivieren. Folge langjähriger Arbeitslosigkeit ist schließlich nicht zuerst materielle Armut, sondern vor allem die Armut an Anerkennung, Selbstbewusstsein und Lebenstüchtigkeit. Der alte Wohlfahrtsstaat selbst ist zur Ursache von Arbeitslosigkeit geworden, weil er Arbeit verteuert, falsche Anreize gesetzt und Hürden für Beschäftigung aufgebaut hat. Wir wollen ihn so erneuern, dass der Wiedereintritt in das Arbeitsleben für alle möglich, notwendig und attraktiv ist. Anders gesagt: "Wer arbeitet, muss mehr haben als der, der nicht arbeitet." Man kann die Realität beklagen: An ihrer Produktivität orientierte Löhne sichern für Geringqualifizierte angesichts der Konkurrenz durch Weltmarkt oder Schwarzarbeit vielfach nicht die Existenz. Ein übergreifender gesetzlicher Mindestlohn als politisches Diktat wiederum ist zu wenig flexibel und überdies anfällig für Wahlkampfmanöver und Wettbewerbsverzerrung - er gefährdet so die Erwerbsbeteiligung vieler. Armut trotz Arbeit darf es jedoch bei uns nicht geben.

Mehr Leistungsanreize sind nötig

Deshalb muss der schrittweise Übergang in den ersten Arbeitsmarkt über Teilzeitarbeit und den Niedriglohnsektor erleichtert und von der Solidargemeinschaft gefördert werden: Niedrige Einkommen sollten wie beim bestehenden Midi-Job stärker von Sozialbeiträgen entlastet werden. Vom Hinzuverdienst zu Sozialleistungen muss mehr verbleiben. Beschäftigungshürden wie fehlende Kinderbetreuung müssen überwunden werden. Und auch die Arbeitsvermittlung selbst verträgt Leistungsanreize. In der Perspektive sollten die kaum noch überschaubaren Sozialtransfers in einer aktivierenden und bürokratiearmen Pauschalleistung fokussiert werden. Weil sie den Staat effizienter macht und den Menschen Freiheit und Würde gibt, nennen wir sie "Bürgergeld".

Darum geht es der FDP.

Christian Lindner ist Mitglied des Bundestages und Generalsekretär der FDP.

Aber lassen Sie mich noch ein Wort zu einer sogenannten „Gegenfinanzierung“ sagen:

Mit den liberalen Sparbüchern hat die FDP-Bundestagsfraktion seit 2004 alljährlich über 400 konkrete Kürzungsanträge im Volumen von jeweils über 10 Milliarden Euro gemacht. Mit diesen Anträgen haben wir in den entsprechenden Jahren das aus unserer Sicht erbringbare Sparpotential in den jeweiligen Haushaltsjahren dokumentiert.

Keine Oppositionsfraktion hat dies zuvor in diesem Umfang als Alternative zur Ausgabenpolitik der Regierung geleistet. Diese parlamentarische Kritik und Alternative war und ist wichtig und richtig, um das Bewusstsein für einen maßvollen Umgang mit Steuergeldern der Bürger anzumahnen.

Auch als Regierungsfraktion im Deutschen Bundestag vollzieht die FDP-Bundestagsfraktion keine Abkehr von den vernünftigen Sparvorstellungen der vergangenen Jahre. Die möglichen Einsparungen dort zu erbringen, wo es vernünftig ist, bleibt weiterhin unser Ziel! Einige Einsparungen die wir früher vorgeschlagen haben, haben wir bereits jetzt, etwa im Haushalt des Bundesjustizministeriums, umgesetzt – weitere Umsetzungen werden folgen. Darüber hinaus finden sich bereits im Haushaltsentwurf von Bundesfinanzminister Schäuble Anpassungen, die unsere Kürzungsanträge aus dem Jahr 2009 nachvollziehen. Auch deshalb war es möglich, die Nettokreditaufnahme im Entwurf trotz etwa der Erhöhung des Kindergeldes oder der steuerlichen Entlastung von Familien und Unternehmen nicht erhöhen zu müssen.

Wenn der FDP vorgehalten wird, dass einzelne Sparvorschläge aus dem Sparbuch 2009 in diesem Jahr nicht umgesetzt würden, geht dieser Vorwurf bereits aus anderen Gründen ins Leere. Das Liberale Sparbuch 2009 kann schon aus zwei evidenten Gründen nicht auch in diesem Jahr 1:1 umgesetzt werden:

Das Liberale Sparbuch 2009 ist exakt auf diesen konkreten Haushalt 2009 der ehemaligen Regierung bezogen und lässt sich daher nicht auf andere Haushalte anderer Regierungen übertragen.

Es liegt in der Natur einer Koalition, dass die Vorstellungen eines Koalitionspartners nicht zu 100 % umgesetzt werden können. Die Sparvorschläge, die wir in den vergangenen Jahren gemacht haben, dienen uns in Regierungszeiten weiterhin als Orientierung. In einzelnen Fällen müssen wir jedoch akzeptieren, dass manche Aufgaben hinzugekommen sind und sich Dinge verändert haben. Diese Koalition wird zur Bewältigung der vielfach komplizierten und umfangreichen Regierungsarbeit ihr Personal optimal dafür einsetzen, dass das beste Ergebnis für unser Land erzielt wird. Nach unserer festen Überzeugung sind zur langfristigen Konsolidierung der öffentlichen Haushalte Wachstum und Sparsamkeit zwei Seiten einer Medaille. So müssen auch die notwendigen Entlastungen der Bürger und des Mittelstandes zur Stärkung von Wachstum und Beschäftigung von der Streichung unnötiger Ausgaben im Bundeshaushalt flankiert werden. Wenn wir so handeln, liegt zwischen der Reform zu einem einfacheren, niedrigeren und gerechterem Steuersystem und einer langfristigen Sanierung der Haushalte kein Widerspruch – im Gegenteil: Mehr Wachstum und Beschäftigung sind Voraussetzung für dauerhaft gesunde Staatsfinanzen.

Aufgrund der Hinterlassenschaft der Vorgängerregierungen werden wir Haushalte ohne Neuverschuldung in den kommenden vier Jahren dennoch kaum erreichen können. SPD Finanzminister haben in den vergangenen 11 Jahren über 300 Milliarden Euro zusätzliche Schulden aufgenommen. Die Aufnahme weiterer 350 Milliarden Euro zusätzlicher Schulden hatte noch der letzte SPD-Finanzminister Steinbrück bis 2013 geplant.

Haushaltsarbeit ist nicht eine solche, die sich an einem Tag erledigt lässt – sie ist, frei nach Max Weber, das lange und beständige Bohren dicker Bretter.

Mit freundlichen Grüßen
i.A.
Gordon Gross
Referent/ wissenschaftlicher Mitarbeiter