Daniel Morteza
DIE LINKE
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Frage von Johannes M. •

Frage an Daniel Morteza von Johannes M. bezüglich Umwelt

Welche Position vertreten Sie innerhalb der Linken bezüglich Fracking in Deutschland und der Wiedereinführung der Atomkraft als Energiequelle ?

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Matt,

Vielen Dank für Ihre Frage. Bitte entschuldigen Sie die sehr späte Antwort, ich war mit dem Medium abgeordnetenwatch bisher noch nicht so vertraut und habe meinen Account selten eingesehen.

Sowohl meine Partei als auch ich lehnen die Fracking-Methode und die Wiedereinführung der Kernenergie auf das entschiedenste ab. Das hat nichts mit einer etwaigen Fortschrittsskepsis oder einer prinzipiellen Anti-Haltung gegenüber moderner Technologie zu tun – im Gegenteil –, sondern ist durch die besonderen Risiken dieser beiden Technologien begründet, die weder Energiesicherheit noch Fortschritt gewährleisten.

Wenn es Sie im Einzelnen interessiert und Sie sich die Zeit nehmen möchten, sich genauer mit den Gefahren und Langzeitfolgen von Fracking auseinanderzusetzen, empfehlen ich Ihnen die Beiträge meiner Genossin Regina Voß MdB, die sich ausführlich mit der Materie beschäftigt hat. Hier der Link zu ihrer Homepage: http://www.johanna-im-bundestag.de/politik/themen/fracking/

Ganz wichtig hierbei ist, sich auf eine Strategie der Risikoprüfung erst gar nicht einzulassen. Die Gefahren von Fracking sind hinreichend bekannt und an vielen traurigen Beispielen in der Realität zu beobachten, es gibt nichts mehr zu prüfen. (Genau dasselbe Argument ist von den frenetischen Befürwortern der Kernenergie immer wieder ins Feld geführt worden; 2010 versuchten Merkel, Bareiß und Co. uns noch weißzumachen, dass die Kernenergie völlig risikofrei sei). Der Gang durch die Instanzen der Gerichte ist langwierig und sowohl für Privatkläger als auch für Gemeinden nicht erschwinglich – für einen Energiekonzern hingegen ein Leichtes.

Unter all diesen Gesichtspunkten ist Fracking weder dazu geeignet, eine bürgernahe und von den Energiekonzernen unabhängige Energieerzeugung zu gewährleisten, noch ist seine Anwendung ökologisch oder, unter Berücksichtigung der Langzeitfolgen, volkswirtschaftlich sinnvoll.

Es besorgt mich sehr, dass angesichts der Schlamperei der Bundesregierung bei der Energiewende die Kernenergie wieder als Alternative ins Feld geführt werden, die letztlich in der Bevölkerung nicht mehr salonfähig war und aufgrund ihres enormen Gefahrenpotentials und den damit einhergehenden gesundheitlichen Risiken völlig zu Recht nicht mehr aufrechterhalten werden konnte. Die Linke hat hierauf immer aufmerksam gemacht, während Merkel und ihre sog. Energieexperten noch verkündet haben, dass die Kernenergie sicher und 100 Prozent risikofrei sei. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und von Offshore-Anlagen stockt, die Strompreise steigen (obwohl sie fallen müssten!), belasten auf diese Weise gleichermaßen Privathaushalte und mittelständische Unternehmen und die Energiewende wird vor allen Dingen nicht sozial verträglich gestaltet. Eine konsequente Umweltpolitik, die diesen Namen auch verdient, muss deshalb eine Zerschlagung der Energiekonzerne und deren Vergesellschaftung, beispielweise in Form der Stadtwerke, beinhalten. Die vier herrschenden Parteien, vor allem CDU/CSU und SPD, die in jedem Wahlkampf regelmäßig und zuverlässig mit Spendengeldern von Großkonzernen und Lobbyverbänden versorgt werden, tun genau das Gegenteil und trauen sich nicht an die Monopolstellung der Energiekonzerne. Das schadet den Menschen und der Wirtschaft. Nur eine Energiebranche, die frei von marktwirtschaftlichem Druck und an den tatsächlichen ökologischen und sozialen Notwendigkeiten orientiert ist, gewährleistet ein Gelingen der Energiewende und die Vereinbarkeit von Ökologie und sozialer Gerechtigkeit.

Die Auseinandersetzung um Fracking hat mich noch über eine viel tiefgreifendere Problematik  aufmerksam gemacht: Insbesondere durch die Bestimmungen der WTO, deren Mitglied auch die BRD ist, besteht die Gefahr, dass die endgültige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit von Fracking oder jeder beliebigen anderen technischen Methode nicht mehr im Parlament oder vor einem ordentlichen Gericht, sondern vor der Schiedsgerichtsbarkeit der WTO fällt – intransparent und ohne die Möglichkeit der Berufung oder Revision. Dies hat mit einer Demokratie und einem Rechtsstaat, wie ich ihn mir vorstelle, nichts zu tun. Egal ob UNO, WTO oder EU: Eine Übertragung von Kompetenzen auf eine höhere Ebene soll nach meinem Willen nur dann stattfinden, wenn diese Ebene zweifelsfrei demokratisch legitimiert und kontrollierbar und deren Entscheidungsfindung nicht nur an Profit, sondern an sozialen Standards orientiert ist.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Morteza