Frage an Daniel Gritz von Kim K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Gritz,
im Moment ist von Dumpinglöhnen bei der Otto-Tochter Hermes zu hören. Vielmehr interessiert mich noch der Fall Asklepios, bei dem die Stadt Miteigner ist und somit die Stundenlöhne von unter 8 Euro mitzuverantworten hat.
Sie haben zwei spannende Beiträge aus dem Oktober vergangenen Jahres hier auf Abgeordnetenwatch nicht beantwortet, das finde ich sehr schade. Auch ich bin an einer Beantwortung interessiert.
Was hat der Senat/ die SPD-Fraktion vor, um es zu unterbinden das Asklepios ganze Abteilungen mit mehr als 50% Leiharbeitern der 100% igen Töchter- und gleichzeitig Leiharbeitsfirmen "Asklepios Personalservices GmbH" und "Asklepios Services GmbH" besetzt?
Viele Grüße
Kim Krüger
Liebe Frau Krüger,
beim Bearbeiten meines Fragen-Kontos auf abgeordnetenwatch.de stieß ich noch mal auf Ihre Frage. In diesem Zusammenhang möchte ich gern ein Missverständnis aufklären: Durch eine vielleicht etwas unglückliche Themenzuordnung erhielt ich als Mitglied des Wirtschaftsausschuss eine Frage zum Bereich ‚Mindestlohn‘ bzw. ‚Leiharbeit‘ und eine Folgefrage zu diesem Bereich. So entstand vielleicht der Eindruck: „Ach, der Herr Gritz ist ein Abgeordneter, der sich intensiv mit dem Thema ‚Mindestlohn‘ und ‚Leiharbeit‘ beschäftigt. Dies ist ein Spezialist auf dem Gebiet. An den kann ich mich wenden.“
Fragende müssen bei abgeordnetenwatch.de ja immer angeben, zu welchem Themenbereich sie eine Frage haben. So verstehe ich das zumindest, denn in den Mails, die ich von abgeordnetenwatch.de erhalte, steht dann so was wie: „Erika Mustermann aus Hamburg hat als Besucher/in der Seite www.abgeordnetenwatch.de (Hamburg) bzgl. des Themas ‚Wirtschaft‘ eine Frage an Sie.“
Alle Fragen, die ich zum Mindestlohn und Leiharbeit erhalten habe, liefen unter dem Label ‚Wirtschaft‘. Vermutlich haben Sie und die anderen Fragenden mich als zum Mindestlohn und zur Leiharbeit zu Befragenden also ausgewählt, weil ich Mitglied des Wirtschaftsausschusses bin. ‚Mindestlohn‘ und ‚Leiharbeit‘ sind bei der derzeitigen inhaltlichen Zuschneidung der Ausschüsse jedoch keine Themen im Bereich Wirtschaft bzw. Themen, von denen wir dort lediglich Kenntnis nehmen.
Für einen zynischen Unternehmer mag beides ein Thema der „Wirtschaftlichkeit“ sein, seine Mitarbeiter auszubeuten indem er ihnen Löhne zahlt, von denen sie trotz 40 Stunden (oder mehr) Arbeit nicht leben können. Und das alles nach dem Motto: „Naja, meine Mitarbeiter können ja mit ergänzenden Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II)aufstocken, wenn ihnen mein Lohn nicht reicht.“ Wer mit diesem Hintergedanken auf diese Weise Gewinnmaximierung auf Kosten der Allgemeinheit betreibt, handelt jedoch schäbig, niederträchtig und unanständig. Ich habe selbst mal für weniger als fünf Euro brutto pro Stunde gearbeitet, habe ein ziemlich genaues Feindbild vor Augen und kann mich daher sehr aufregen, wenn Menschen derart behandelt werden!
Fragen des Mindestlohns und der Leiharbeit sind bürgerschaftlich angesiedelt im Bereich ‚Arbeit und Soziales‘. Kompetente Experten sind hier die Mitglieder des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration. Alles, was mit dem Komplex ‚Asklepios‘ zu tun hat, ist zusätzlich interessant für die Mitglieder des Gesundheitsausschusses. Ich bin weder Mitglied des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration noch Mitglied im Gesundheitsausschuss. Und im Wirtschaftsausschuss kann ich mich nicht erinnern, dass dort Asklepios in diesem Zusammenhang in dieser Legislaturperiode Thema gewesen sei. Otto und Hermes in diesem Zusammenhang übrigens ebenfalls nicht.
Damit, Frau Krüger, will ich mich nicht vor der Beantwortung Ihrer Frage drücken. Auch ich kann Ihnen sagen, dass wir als SPD für die flächendeckende Einführung von Mindestlöhnen (mindestens 8,50 Euro) sind, dass dies aber auf Bundesebene geregelt werden muss und dass solange dies noch nicht geschehen ist, Hamburger SPD-Politiker dafür Sorge tragen wollen, dass in Hamburg Mindestlöhne dort gezahlt werden, wo die Hansestadt ausreichenden Einfluss darauf hat.
Bei Asklepios ist dieser Einfluss offensichtlich NICHT gegeben, wie meine Kollegen Egloff und Dr. Schäfer ausgeführt haben (siehe http://www.abgeordnetenwatch.de/ingo_egloff-575-43565--f314699.html#q314699 ). Demnach sei zwischen Asklepios und dem damals CDU-geführten Senat vertraglich vereinbart worden, dass die Hansestadt sich aus dem operativen Geschäft herauszuhalten habe - trotz einer 25,1-Prozentbeteiligung! Ich darf im Übrigen daran erinnern, dass wir als Hamburger SPD immer GEGEN die Privatisierung des Landesbetriebes Krankenhäuser waren.
Und einem Privatunternehmen, an dem die Hansestadt ÜBERHAUPT nicht beteiligt ist, kann die Politik hingegen erst recht nicht vorschreiben, welche Löhne und Gehälter es seinen Mitarbeitern zu zahlen hat und inwiefern Leiharbeit eine Rolle spielen soll oder nicht. Auch wenn wir uns das vielleicht manchmal wünschten, aber es fehlt die rechtliche Grundlage, derart ins operative Geschäft eines Privatunternehmens einzugreifen.
Zum Abschluss möchte ich Sie darauf hinweisen, dass das Thema ‚Mindestlohn‘ letzten Donnerstag (17.01.2013) auf der Tagesordnung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration stand. Die Bürgerschaft hatte den Senat auf Initiative der SPD-Fraktion ersucht, ein entsprechendes Gesetz vorzulegen, weil die Einführung eines bundesweiten gesetzlichen Mindestlohnes mehrfach gescheitert war.
Das Gesetz trägt die Drucksachennummer 20/5901. Sie können es einsehen, indem Sie auf der Seite https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/ den Punkt ‚Dokumentennummer‘ anklicken, anschließend den Punkt ‚Drucksachennummer‘ angewählt lassen, in der Mitte ‚20. Wahlperiode…‘ angewählt lassen und unten in das freie Feld dann die Nummer 5901 eingeben. Nach Drücken des Buttons ‚Suchen‘ müssen Sie nur noch den Link ‚Gesetz über den Mindestlohn in der Freien und Hansestadt Hamburg und zur Änderung des Hamburgischen Vergabegesetzes‘ anklicken.
Die Oppositionsparteien von CDU, FDP und Linke haben dem Gesetz im Ausschuss jedoch nicht zugestimmt und stattdessen noch vor Einstieg in die Beratung eine Anhörung verlangt. Da es sich beim Instrument einer öffentlichen Anhörung aber um ein Recht der Opposition handelt, das die SPD selbstverständlich respektiert, haben meine Fraktionskolleginnen und -kollegen, die im Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration sitzen, einer solchen Anhörung zugestimmt.
Dadurch jedoch wird das Gesetzgebungsverfahren in die Länge gezogen. Als SPD-Fraktion interpretieren wir das Handeln der Oppositionsparteien von CDU, FDP und Linke als „Verschleppungsaktion auf dem Rücken der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ (Zitat des SPD-Abgeordneten Wolfgang Rose). „Wir wollten, dass das Gesetz möglichst schnell in Kraft tritt und den Menschen zu Gute kommt“, ergänzt meine Fraktionskollegin Ksenija Bekeris. Im Übrigen gehen wir davon aus, dass die Argumente für einen gesetzlichen Mindestlohn nach jahrelanger öffentlicher Diskussion und ausführlicher Debatte in der Bürgerschaft weitestgehend ausgetauscht sind. Außerdem hätten die Oppositionsparteien von CDU, FDP und Linke unserer Ansicht nach auch im Haushaltsausschuss noch Gelegenheit zur Klärung von Fragen gehabt.
Sie sehen, liebe Frau Krüger, an uns liegt es nicht!
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Daniel Gritz