Frage an Daniel Ansorge von Irina R. bezüglich Bildung und Erziehung
Hallo Herr Ansorge,
ich habe eine Tochter (9 Jahre) die jetzt in die 4. Klasse kommt. Die Schulbildung wird derzeit schon ab der 1. Klasse unter großem Druck durchgeführt. Das Gelernte landet mehr oder weniger im Kurzzeitgedächtnis und wird m.E. nicht im Langzeitgedächtnis abgespeichert, was sich für die weiteren Klassen irgendwann mal fatal auswirkt.
Wie sehen Sie die Zukunft der Bildung unserer Kinder und Jugendlichen. Welche Bildungschancen haben die Jüngsten unserer Gesellschaft?
Vielen Dank
Sehr geehrte Frau Ribitza,
das Thema Schule und Bildung ist mir sehr wichtig. Ich kann die Probleme die sie schildern, durchaus sehr gut nachvollziehen. Meine eigene Schulzeit ist ja auch noch nicht so lange her. Ich habe mit ähnlichen Fällen sehr oft bei meiner damaligen Arbeit in der Memminger Schülervertretung zu tun gehabt. Der von ihnen beschriebene Leistungsdruck ist meiner Meinung nach vollkommen inakzeptabel, zumindest in der Grundschule sollten die Kinder auch noch solche sein dürfen, sprich: Freizeit haben und sich nicht jeden Tag Sorgen um den Übertritt ans Gymnasium oder Realschule machen müssen. An dieser Stelle der Vorschlag der ÖDP. Wir setzen uns ein für ein gemeinsames längeres Lernen bis inkl. der 6. Klasse, während der 5. und 6. Klasse soll dann eine Art Orientierung erfolgen, bei der man ohne Zeit- und mit nur geringem Leistungsdruck sorgfältig das Pro und Contra einer höheren Schule abwägen kann.
Der geringe Lerneffekt ist auch mir von meiner Schulzeit in Erinnernung geblieben. Ich finde diese Unterrichtsform mehr als altmodisch, wenn 25 Kinder auf eine Tafel starren müssen. Unser Gehirn ist sowieso nicht dafür gemacht sich irgendwelche Fakten zu merken, sondern es arbeitet viel liebe mit Bildern, mit Verknüpfungen von Ereignissen und vor allem mit Fantasie. Das kommt mir persönlich im jetzigen Schulsystem viel zu kurz. Überflüssiger Mist muss aus den Lehrplänen herausgenommen werden, dafür brauchen wir neue Unterrichtsformen, die vor allem die Fähigkeiten Teamwork und Eigenkreativität an die erste Stelle setzen. Das sind auch genau die Eigenschaften, die wir alle im späteren Leben brauchen werden. Das sture Pauken während meiner Abiturzeit hat mir langfristig gar nichts genützt, ich denke das sehen Sie ähnlich. Auch hier gibt es wieder einen Vorschlag der ÖDP. Wir bringen die Idee ein, in jede Grundschulklasse neben dem Lehrer eine zweite Kraft einzuführen. Das muss nicht zwingend ein Lehrer sein, sondern z.B auch ein/e Lehramtsstudent/in im Rahmen des Studiums (Die Ausbildung der Lehrer müsste man auch etwas mehr von der Uni in die Schule verlagern). Diese zweite Kraft kann sich dann z.B. den etwas schwächeren Schülern annehmen, oder aber auch mit den etwas Leistungsstärkeren schwierigere Aufgaben angehen, ganz individuell von der Situation. Gerade bei einer Unterrichtsform, die auf selbständigem Arbeiten in der Gruppe beruht, wäre das für den eigentlichen Lehrer eine Riesenhilfe.
Um jetzt nach langem Vorwort auf Ihre eigentlich Frage zurückzukommen: Wie sehe ich die Zukunft, bzw. die Chancen der Kinder und Jugendlichen im Bildungsbereich? Das kann man, denke ich, ganz gut zusammenfassen. Fakt ist: Bei der jetzigen Bildungspolitik gerate ich für die Zukunft nicht gerade ins Schwärmen. Geredet wird natürlich viel, der Satz "Kinder sind unsere Zukunft" fällt ja quasi jede Woche von irgendeinem Politiker. Nur denken die meisten dabei voll am Problem vorbei. Im Rahmen des Konjunkturpakets werden tausende Schulen neu gestrichen und Turnhallen saniert. So weit so gut, aber das wir dafür auch genügend Lehrer brauchen, und vor allem gute Lehrer, das wird ganz schnell unter den Teppich gekehrt.
Ein ganz gewaltiges Problem sehe ich auch in der Chancengleichheit der Kinder. In keinem Land in Europa entscheidet die soziale Herkunft in solchem Ausmaß über die Bildungschancen eines Kindes wie ausgerechnet bei uns in Deutschland. Und da ist Bayern trauriger Spitzenreiter. Wir haben nämlich nicht das beste Schulsystem, wie es mehrfach beweihräuchert wurde, sondern wir haben eines, bei dem die meisten sozialen und schulisch schwachen Kinder vorher ausselektiert werden.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich möchte nicht den Teufel an die Wand malen. Natürlich sehe ich auch große Chancen für die Bildung, ABER: Dazu muss sich etwas ändern, und zwar gewaltig. Die ÖDP bringt ausreichend Vorschläge, sie werden nur nicht gehört. Ich möchte aber, dass über eine mögliche Verbesserung immer diskutiert wird. Leider sieht man dazu momentan keinen Anlass.
Wenn sie wollen, dass wir uns Gehör verschaffen können und damit das Thema Bildung endlich diskutiert wird, dann bitte ich Sie um ihre Stimme für mich und die ÖDP.
Sollten Sie noch Fragen zu einem bestimmten Punkt haben, bin ich über abgeordnetenwatch natürlich jederzeit erreichbar.
Mit freundlichen Grüßen,
Daniel Ansorge