Frage an Danial Ilkhanipour von Birgit B. bezüglich Verbraucherschutz
Guten Tag Herr Ilkhanipour!
Die Petition über das bedingungslose Grundeinkommen befindet sich z. ZT. in der Prüfungsphase. Es gibt nicht mehr genug bezahlte Arbeit für alle. Löhne und Gehälter sind in manchen Branchen aufgrund der Konkurrenz von 1€ und 400€ Jobbern und "Praktikanten" dramatisch gesunken.
Werden Sie sich nach ihrer Wahl für ein bedingungsloses Grundeinkommen einsetzen?
Werden Sie sich nach ihrer Wahl für Mindestlöhne einsetzen?
Mit freundlichem Gruß,
Birgit Bossbach
Sehr geehrte Frau Bossbach,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Sowohl die SPD als auch ich stehen dem Thema des Grundeinkommens differenziert gegenüber. Die Debatte darüber halte ich jedoch für notwendig und spannend. Für die SPD sind die Grundwerte der Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität die Grundpfeiler unserer Politik. Unser Ziel ist es, das alle Menschen an der Gesellschaft teilhaben können und der Staat seinen Teil dazu beiträgt, dass dies geschehen kann.
Einige BefürworterInnen erhoffen sich vom Grundeinkommen, dass es die sozialstaatlichen Institutionen überflüssig macht und die Staatstätigkeit reduziert, andere, dass die Menschen vom Zwang zur Arbeit befreit werden. Sie sprechen die prekären Beschäftigungsverhältnisse an. Leider nimmt die Zahl dieser Beschäftigungsverhältnisse ebenso wie die niedrig entlohnte Beschäftigung zu. Ich denke jedoch, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen dieses Problem nicht lösen kann. Für mich ist wichtig, dass die Erwerbsarbeit wieder in einen Ordnungsrahmen eingebettet wird. Zur Ordnung der Erwerbsarbeit gehört unter anderem die Regelung, ab welchem Lohn oder Gehalt entlohnte Arbeit als Erwerbsarbeit anerkannt wird. Dazu zählen nicht nur unmittelbar Mindestlöhne, für die ich mich selbstverständlich einsetze, sondern auch „arbeitsfreie“ Mindesteinkommen wie Hartz IV. Die Mindesteinkommen bestimmen mittelbar das Minimum bei Löhnen und Gehältern, ab dem Vermögenslose bereit bzw. gezwungen sind, ihre Arbeitskraft auf den Arbeitsmärkten zu veräußern. Kritiker beschreiben dies häufig als „Sozialhilfefalle“ und behaupten, dass das sozialstaatlich gewährleistete Mindesteinkommen die zur Erwerbsarbeit angehaltenen Menschen davor schützt, ihre Arbeitskraft »um jeden Preis« anzubieten. Jedoch übersehen die Kritiker dabei, dass dieser Schutz zur Konstitution der Erwerbsarbeit zwingend notwendig ist, weil sich ohne diesen die Erwerbsarbeit gleichsam nach unten hin auflöst. Für die SPD ist dieser Schutz für eine Arbeits- und damit für unsere Gesellschaft konstitutiv. Es gilt, dass es Erwerbsarbeit nur mit einem Mindestniveau der Entlohnung geben kann.
Ich bin der Meinung, dass ein zeitgemäßer Sozialstaat allen BürgerInnen ein eigenverantwortliches Leben und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen muss und sich den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen anzupassen hat. Für die SPD dafür vor allem die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns wichtig, der eine würdevolle Arbeit ebenso ermöglicht, wie dass jede und jeder von ihrem bzw. seinen Einkommen leben kann. Daneben ist es wichtig, gerade Kinder vor Armut zu schützen und ihnen gerechte Bildungschancen zu gewähren. Hierfür bedarf es des Ausbaus der Leistungen der Kindererziehung und Versorgung, also nicht nur eines Ausbaus der Kitas, sondern auch, einer größeren Wertschätzung und einer besseren Entlohnung des Erzieherberufs. Damit allen Kindern unabhängig von ihrer Herkunft der Zugang zu Bildung eröffnet wird, muss Bildung von der Kita bis zur Uni kostenfrei bleiben. Dafür werde ich mich im Bundestag einsetzen.
Ich halte die Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen dennoch für wichtig, da wir dabei die Probleme unseres Sozialstaates besser entdecken können. Ich bezweifle jedoch, dass das Grundeinkommen die Lösung für alle gesellschaftlichen Fragen ist. Selbst die VertreterInnen des Grundeinkommens sind sich über Höhe, Programmatik und Finanzierung noch uneins. Das wichtigste Argument gegen ein Grundeinkommen ist für mich, dass es die Fehlentwicklung in unserem Sozialstaat nicht bekämpft, sondern verschärft, indem es lediglich auf finanzielle Transferleistungen setzt, während denjenigen, die soziale Solidarität und Inklusion nötig haben, allein durch finanziellen Transfer nicht zu helfen ist. Dies ist schon im Bereich der Familienförderung zu erblicken. Allein eine Erhöhung des Kindergeldes nützt weder den betroffenen Kindern noch deren Eltern. Stattdessen sollte der Ausbau der Kinderbetreuung und der Ganztagsschulen vorangetrieben werden, damit alle profitieren. Letztlich kann ich Ihre Frage also dahingehend beantworten, dass das bedingungslose Grundeinkommen für mich nicht die Antwort auf die bestehenden Problem und Fragen der Gesellschaft ist. Stattdessen werde ich mich für eine Neuordnung des Sozialstaates einsetzen. Primäres Ziel für die SPD und für mich ist dabei die Einführung flächendeckender Mindestlöhne.
Mit freundlichen Grüßen
Danial Ilkhanipour