Frage an Danial Ilkhanipour von Catharina W. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Ilkhanipour,
"Menschen mit Behinderung, die für ein selbstbestimmtes Leben auf personelle Unterstützung angewiesen sind, benötigen Persönliche Assistenz. Die sozialrechtlichen Regelungen für Persönliche Assistenz sind nicht umfassend ausgestaltet und abhängig vom Einkommen und Vermögen des behinderten Menschen und seiner Angehörigen. Für viele Lebensbereiche besteht kein oder nur ein unzureichender Anspruch auf Persönliche Assistenz. Menschen mit Behinderung können so nicht gleichberechtigt am Leben der Gemeinschaft teilhaben. Sie können keine Veranstaltungen besuchen, keinen Urlaub verbringen, kein Familienleben leben. Menschen, die Persönliche Assistenz benötigen, müssen von Sozialhilfe leben, obwohl sie auch ein eigenes Arbeitseinkommen haben. Sie müssen dieses zu einem Großteil für ihre Assistenz einsetzen und leben somit in Armut. Familien werden als Bedarfsgemeinschaft in Sippenhaft genommen." (ForSeA)
Genau dieses ist bei mir der Fall. ich habe erfolgreich studiert und arbeite seit einigen Jahren an der Universität seit einigen Monaten sogar auf einer vollen Stelle. Ökonomisch gesehen macht dieses jedoch überhaupt keinen Sinn, denn 70% meines Nettoeinkommens über dem Sozialhilfe Regelsatz muss ich für meine Assistenz verwenden. Das heißt ich zahle meine Sozialversicherungsbeiträge sowie Steuern und muss trotzdem einen erheblichen Teil meines Einkommens für die notwendige Assistenz aufwenden. Wie stehen Sie dazu? Werden Sie sich für die von der Bundesregierung ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention Art. 8 einsetzen?
Über eine Antwort von Ihnen würde ich mich freuen und gleich auch ihre Mitkandidaten fragen.
Catharina Wesemüller
Sehr geehrte Frau Wesemüller,
vielen Dank für Ihre Frage vom 28.07.2009 und Ihr Interesse an meinen politischen Ansichten.
Zunächst einmal freue mich, dass Sie eine gute Stelle an unserer Universität gefunden haben, bei der Sie Vollzeit arbeiten können. Für die SPD und für mich persönlich ist es wichtig, dass Menschen mit Behinderungen ein gesellschaftliches Leben in allen Bereichen ermöglicht wird und sie vollständig in die Gesellschaft einbezogen werden. In den vergangenen Jahren hat sich der Deutsche Bundestag und insbesondere die SPD bereits für Menschen mit Behinderungen eingesetzt, was sich im SGB IX (aus dem Jahr 2001) und dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG - aus dem Jahr 2002) wiederfindet.
Ich persönlich stehe für die Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität, die die SPD verkörpert. Der Solidarität fühle ich mich in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen verpflichtet, so stehe ich zur solidarischen Bürgergesellschaft und damit auch grundsätzlich zur Persönlichen Assistenz, die Menschen mit Behinderung ermöglicht, ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben zu führen. Nur durch die Assistenz ist eine Umverteilung der Macht von Institutionen auf die Betroffenen möglich, hierfür hat auch die SPD viele Jahre gekämpft. Deswegen halte ich grundsätzlich an dem System der Persönlichen Assistenz fest. Ich bin jedoch der Auffassung, dass einige Änderungen unternommen werden sollten.
Gerade der von Ihnen geschilderte Fall macht deutlich, dass die finanziellen Lasten nicht immer fair verteilt werden und dass es bei der Persönlichen Assistenz dazu kommen kann, dass der Selbstbehalt des selbst Erworbenen lediglich auf Sozialhilfeniveau liegt und ein Großteil des eigentlichen Einkommens vom Staat für Aufwendungen abgezogen wird.
Behinderungen stehen häufig für persönliche Schicksale und ein Leben mit Behinderung in unserer Gesellschaft ist vielfach nicht leicht, doch halte ich grundsätzlich an dem Prinzip fest, dass die oder der Betroffene gemeinsam mit dem Staat für die Lebenskosten aufzukommen hat. Eine finanzielle Beteiligung derjenigen, die die Leistungen erhalten, bleibt notwendig. Die Frage ist nur, wie hoch diese Beteiligung ist. Hier gilt für mich der Grundsatz der "Guten Arbeit", für die die SPD steht: Arbeit muss sich lohnen und fair vergütet werden - in allen Bereichen. Dies funktioniert jedoch nur, wenn die Eigenbeteiligung in einem maßvollen Bereich bleibt und nicht unzumutbar wird, wie das bei Ihnen der Fall ist; ich halte die derzeit existierenden Regeln deshalb für ungerecht. Denn es kann nicht sein, dass es sich finanziell nicht auswirkt, ob man arbeitet oder nicht. Ich habe mich dem Ziel der würdevollen Arbeit verpflichtet und dieses beinhaltet unter anderem, dass jede und jeder von ihrem oder seinem Einkommen leben können muss und dass man einen Vorteil davon haben muss, dass man arbeitet, in diesem Fall in finanzieller, aber auch in gesellschaftlicher Hinsicht, denn gerade die Möglichkeit am Arbeitsleben teilnehmen zu können, will die UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich mit der Ratifizierung des "Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" verpflichtet, die Gesetzgebung so auszurichten, dass die in der Konvention enthaltenen Rechte verwirklicht werden können und dadurch eine gesellschaftliche Entwicklung veranlasst wird, die alle Menschen, unabhängig von der Art oder der Schwere der Behinderung, als gleichberechtigte BürgerInnen anerkennt. Der von Ihnen angesprochene Art. 8 der Konventionen besagt ausdrücklich, dass es zu einer Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft kommen muss und Maßnahmen zu ergreifen sind, die Vorurteile abbauen und öffentlichkeitswirksame Kampagnen entwickelt werden sollen, durch die Menschen mit Behinderungen im gesellschaftlichen Leben anerkannt werden.
Meine Antwort auf ihre konkrete Frage ist also "ja". Ich werde mich dafür einsetzten, dass die Bewusstseinförderung in unserer Gesellschaft weiter ausgebaut wird. Das Miteinander, Toleranz und Verständnis ist eines meiner politischen Leitmotive. Ich bin der Auffassung, dass viele Menschen lediglich Angst vor Dingen haben, die sie nicht kennen oder nicht verstehen. Dies wird politisch leider von vielen ausgenutzt, um gesellschaftliche Gruppen gegeneinander auszuspielen. Ich hoffe durch die Umsetzung dieses Artikels wird sich das in Zukunft ändern. Ich setzte mich in allen politischen und gesellschaftlichen Bereichen für ein Miteinander ein und dafür, dass jede und jeder an der Gesellschaft teilhaben und von ihr partizipieren kann.
Die SPD hat in ihrem Regierungsprogramm die Teilhabe und Einbeziehung von Menschen mit Behinderung festgelegt. Mehr dazu finden sie hier: http://www.spd.de/de/politik/regierungsprogramm/index.html
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet habe.
Herzlichst, Ihr
Danial Ilkhanipour