Frage an Dagmar Schmidt von Daniela H. bezüglich Menschenrechte
Werden Sie sich für die Einführung des Nordischen Modells in der Prostitution einsetzen nach dem Vorbild von Schweden, was ein Sexkaufverbot, Freier-Bestrafung, umfassende Ausstiegshilfen für die betroffenen Frauen etc beinhaltet; wozu das EU-Parlament schon 2014 alle europäischen Staaten aufgefordert hat, da Prostitution die Menschenwürde verletzt?
Sehr geehrte Frau Hast,
vielen Dank für Ihre Mail und Ihr Engagement für die Frauen, die unter den unsäglichen Bedingungen in der Prostitution tätig sind.
Im politischen Berlin ist bei dem Thema einiges in Bewegung. So befasst sich die SPD seit Dezember intensiv mit den Erweiterungen der aktuellen Gesetzgebung zur Prostitution. Insbesondere das so genannte Nordische Modell ist Teil der Betrachtungen, wie man Prostitutionsgesetzgebung in Zukunft gestalten sollte. Von einer Arbeitsgruppe wurden zwanzig Expertinnen und Experten gebeten, ihre Einschätzungen abzugeben. Mit einem Teil dieser Fachleute (Polizei, Traumatherapeutinnen und -therapeuten, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Hurenverbänden, etc.) wird im August ein Gespräch mit Expertinnen und Experten geführt.
Außerdem gibt es im Bundestag seit gut einem Jahr einen so genannten Parlamentskreis, der sich mit den Zuständen, den Abhängigkeiten, der Gewalt und den Profiteuren der Prostitution befasst. Hier wird für den Herbst eine Empfehlung erwartet. Sobald diese Empfehlungen vorliegen, wird sich die SPD-Bundestagsfraktion sich noch im Herbst intensiv mit dieser Empfehlung befassen. Ich weiß, dass auch der Koalitionspartner das Thema derzeit diskutiert.
Die Situation der Frauen in der jetzigen Pandemie führt zu einer unfreiwilligen Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes. Diese Evaluation war eigentlich für das Jahr 2025 vorgesehen. Sehr geehrte Frau Jüngling, das ist mir zu spät. Wir haben Erkenntnisse, dass von der viel beschworenen selbstbestimmten Sexarbeiterin bei näherer Betrachtung wenig übrig ist.
Ich persönlich glaube, das Nordische Modell kann ein Weg sein, das Leid der Frauen zu verringern und eine gesellschaftliche Änderung der Haltung zur Prostitution zu erreichen. Vielleicht gibt es auch ein neues deutsches Modell. Das jetzige betrachte ich jedenfalls als gescheitert.
Solche Briefe wie Ihrer bestärken mich in meiner Einschätzung. Solche Briefe sind auch wichtig für die öffentliche Debatte. Die Gegner des Nordischen Modells sind sehr laut und bestimmen das öffentliche Bild der Prostitution wesentlich. Darum ist Ihre Stimme wertvoll und wichtig.
Mit freundlichen Grüßen
Dagmar Schmidt, MdB