Cornelia Reinauer
DIE LINKE
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Frage von Martin H. •

Frage an Cornelia Reinauer von Martin H. bezüglich Recht

Hallo Fr. Reinau,

als Mitglied einer selbsternannten Friedenspartei ist es Ihnen sicherlich egal, wer Verbrechen begeht oder begangen hat - selbst dann, wenn es Kommunisten oder Sozialisten sind, nicht wahr? Diesbezüglich habe ich noch eine Frage: werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Opfer des DDR-Regimes, welches von Ihrer Partei unter dem Namen SED, mit Terror und Unterdrückung geführt wurde, mehr Aufmerksamkeit erhalten und diesbezüglich eine besser Aufarbeitung vollzogen wird? Und warum haben Sie oder Ihre Partei es in Berlin zugelassen, dass die 800 Kreuze, von dem jedes einzelne Kreuz das Schicksal eines Menschen erzählt, der an der Mauer auf dem Weg in die Freiheit ermordet wurde, auf Befehl einer Partei, deren Nachfolgepartei Sie jetzt angehören, abgerissen wurden? Was wird nun aus dem Platz am Checkpoint-Charlie? Und wo werden die Kreue in Zukunft stehen?

MfG,
Martin Hoffmann

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

Sie haben völlig recht: als Mitglied einer Partei, die sich gegen Krieg und Unrecht wendet, bin ich gegen jede Form von Verbrechen - egal, wer sie begangen hat. Auch wenn es nicht explizit Bestandteil Ihrer Frage ist, möchte ich doch darauf hinweisen, dass Die Linke.PDS kritisch zu ihrer Vergangenheit steht und sich natürlich mitverantwortlich fühlt für Fehler und Verbrechen, die im Namen des Sozialismus begangen wurden. Die Delegierten des letzten Parteitages der SED haben sich beim Volk der DDR für das begangene Unrecht entschuldigt. Die PDS bzw. jetzt Die Linke.PDS wendet sich konsequent gegen die totalitäre und diktatorische Form des Sozialismus, wie er in der DDR bestand.

Dazu können Sie auch in unserem Parteiprogramm lesen: "Wir geben uns dieses Programm in der Tradition der Kämpfe gegen kapitalistische Ausbeutung, ökologische Zerstörung, politische Unterdrückung und verbrecherische Kriege. Wir tun dies aber auch in rückhaltloser Auseinandersetzung mit den Verbrechen, die im Namen des Sozialismus und Kommunismus begangen wurden, und in Ablehnung jedes Versuchs, mit Mitteln der Diktatur Fortschritt zu erreichen. Uns eint der unumkehrbare Bruch mit der Missachtung von Demokratie und politischen Freiheitsrechten, wie sie in und von nicht wenigen linken Parteien, darunter der SED, praktiziert worden ist."

Die Linke.PDS ist aus der SED hervorgegangen. Der einfachere Weg wäre Auflösung und Neugründung gewesen, auf diese Weise aber hätte die PDS versucht, der schweren, oft schmerzlichen, selbstkritischen Auseinandersetzung mit der SED-Politik auszuweichen. Die PDS geht mit ihrer Geschichte kritisch um, aber sie wird ihre globale Verunglimpfung nicht zulassen.
Vor diesem Hintergrund tritt Die Linke.PDS auch weiterhin für die Aufklärung von Unrecht in der DDR ein. Wir erwarten jedoch einen differenzierten Umgang mit den Menschen, die in der DDR gelebt haben, und auch mit denen, die für die Staatssicherheit gearbeitet haben. Wir lehnen jede Art vor Vorverurteilung ab und sind der Überzeugung, dass auch für diese Menschen die Unschuldsvermutung gilt - solange ihre Schuld nicht bewiesen ist. Als gebürtige "West-Deutsche" bin ich darüber hinaus der Auffassung, dass auch das Unrecht, das in der Zeit der Teilung Deutschlands durch westliche Geheimdienste verübt wurde, verstärkt aufgeklärt werden muss.

Ich hoffe sehr, dass Sie unabhängig von Ihrer allgemeinen politischen Überzeugung, uns zugestehen, aus der Geschichte gelernt zu haben.

Zu den so genannten "Mauerkreuzen" am Checkpoint Charlie:

Hierbei handelt es sich um eine eigentumsrechtliche - und erst in zweiter Linie um eine politische Auseinandersetzung.
Das Gelände, auf dem die Kreuze standen, gehört einem Investor (also nicht der öffentlichen Hand), und dieser duldete die Inanspruchnahme seines Geländes durch die Initiatorin der Mauerkreuze nicht. Hintergrund des Gerichtsstreits ist, dass die Bank der Museumschefin das am Checkpoint Charlie gelegene Grundstück nur bis Ende 2004 verpachtet hatte. Als die sich Anfang 2005 weigerte, ihr privates Mauermahnmal abzubauen und das Gelände zu räumen, reichte die "Bundesarbeitsgemeinschaft 13. August" Klage gegen sie ein. Eine gütliche Einigung war Mitte März gescheitert. Somit wurde die Initiatorin durch das Landgericht Berlin aufgefordert, das Gelände zu räumen. Der Senat wurde in diese Debatte einbezogen aufgrund der Bedeutung des Platzes und der absehbaren Konflikte.
Thomas Flierl, Berlins Kultursenator, legte inzwischen ein Gesamtkonzept zum Mauergedenken vor. Darin enthalten ist auch der Vorschlag, die Kreuze an einer anderen Stelle aufzustellen. Der Checkpoint Charlie selbst wird in dieses Gedenkkonzept einbezogen.

Mit freundlichen Grüßen
Cornelia Reinauer