Frage an Cornelia Reinauer von Stefan S. bezüglich Bundestag
Sehr gehrte Frau Reinauer,
Sie gehen davon aus, daß die Linkspartei sowieso nicht in Regierungsverantwortung stehen wird.
Mich interessiert Ihre Motivation aus einer Rolle als Bezirksbürgermeisterin in der Sie aktiv Politik gestalten können in die Rolle einer Oppositionsabgeordneten wechseln zu wollen.
Die wichtige Rolle, die eine Opposition in der Demokratie zu spielen hat, ist völlig unbestritten. Allerdings erwarte ich von meinem Abgeordneten auch, dass er und die Partei der er angehört auch bereit sind die propagierten Konzepte umzusetzen. Den Herren Gysi und Lafontaine wird der Vorwurf gemacht, sich jeweils aus der Verantwortung gestohlen zu haben. Dieser Vorwurf könnte auch Ihnen gemacht werden. Handelt es sich bei Ihrer Kandidatur vielleicht um eine Flucht vor der Verantwortung in der realen Politik in die bequemere Rolle des gut dotierten Utopisten? Sind Sie ehrlich überzeugt, daß die Konzepte des Wahlprogramms der Linkspartei auf Bundesebene real umsetzbar sind? Und wie motivieren Sie mich und andere Wähler Ihnen meine Stimme zu geben, wenn Sie schon auf kommunaler Ebene "das Handtuch werfen"?
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Sack
Sehr geehrter Herr Sack,
vielen Dank für Ihre Fragen an mich.
Ich bin seit 1995 Kommunalpolitikerin, zunächst bis 2000 als Stadträtin für Gesundheit, Soziales und Wohnen in Berlin-Marzahn. Zwischen 2000 und 2002 war ich in Friedrichshain-Kreuzberg Bezirksstadträtin für Jugend und Familie bzw. für Gesundheit und Soziales. Seit Februar 2002 bin ich im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, der seit 1978 mein Wohn- und Lebensort ist, in der politischen Verantwortung als Bürgermeisterin. Vor diesem Hintergrund glaube ich sagen zu können, dass ich keineswegs jemand bin, der sich aus der Verantwortung stiehlt.
Die Kommunalpolitik bereitet mir täglich Freude - aber natürlich auch Ärger und Enttäuschungen. Und eine Vielzahl der Enttäuschungen resultieren aus der mangelnden Entscheidungskompetenz, die man auf kommunalpolitischer Ebene hat. Die entscheidenden Gesetze, die die Rahmenbedingungen für das gesellschaftliche Handeln und Zusammenleben prägen, werden in unserer Demokratie auf der Bundesebene erlassen. Ich möchte auch in den Bundestag, um solche Gesetze mitzugestalten und mit ihnen größere Handlungsspielräume für alle Kommunen zu schaffen und um meine Erfahrungen in der Kommunalpolitik in die Auseinandersetzung einzubringen.
Ich werfe nicht das Handtuch, sondern meinen Hut in den Ring, weil ich überzeugt bin, dass ich mit meiner konkreten Erfahrung aus 10 Jahren Kommunalpolitik für alle Kommunen einsetzen kann und für die Menschen, die in ihnen leben. Davon abgesehen weiß ich, dass die Linke.PDS mehr als nur eine gute Frau mit dem "Zeug" zur Bürgermeisterin hat.
Oskar Lafontaine war übrigens länger in politischen Ämtern als Schmidt, Kohl und Schröder zusammen...
Gregor Gysi ist ein einziges Mal zurück getreten, als Wirtschaftssenator von Berlin, weil er einen Fehler gemacht hat (Bonusmeilenaffäre). Bei vielen anderen PolitikerInnen würde ich mir wünschen, dass sie ihre Fehler nicht nur zugeben, sondern auch Konsequenzen ziehen - auch wenn sie schmerzvolle Verluste darstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Cornelia Reinauer.