Cornelia Ernst
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Frage von Jerome C. •

Frage an Cornelia Ernst von Jerome C. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Ernst,

die Frauenrechtsorganisation TERRE DES FEMMES fordert in ihrer neuen Kampagne ratedbywomen.eu gleiche Repräsentation von Frauen in den Parlamenten, den Kampf gegen Prostitution mit einem Sexkaufverbot und Schulprogramme gegen Gewalt gegen Mädchen und Frauen. Was tun Sie und Ihre Partei, um dem nachzukommen? Wie ist ihre Position konkret zu den drei Themen?

Herzliche Grüße

Cornelia Ernst
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr C.,

Repräsentation von Frauen in Parlamenten
In den Machtpositionen der Politik sind zwar viele Frauen* vertreten, gleichberechtigte Mitbestimmung sieht aber anders aus. Denn trotz dessen dominieren in den meisten Parlamenten, Parteien, Gremien und Vorständen weiterhin die männlichen Kollegen. Der Anteil weiblicher Mitglieder und Entscheidungsträger*innen ist nach wie vor gering(er). Das ist ein Problem, denn alle genannten Bereiche sind machtvolle Instrumente öffentlicher Wahrnehmung, Orte wichtiger Entscheidungen und Debatten. Für uns ist das nicht hinnehmbar. Gleichheit in der Partizipation ist ein wesentliches Kriterium für Demokratie. Wir wollen eine paritätische Repräsentation von Frauen in allen Parlamenten und politisches Engagement von Frauen unterstützen und stärken. Deswegen fordern wir eine gesetzliche Frauenquote von mindestens 50 % für Aufsichtsräte und Vorstände börsennotierter Unternehmen sowie die quotierte Besetzung aller Gremien und politischer Mandate. U.a. wurde unter Beteiligung der LINKEN. Fraktion in Brandenburg, mit dem Parité Gesetz im Januar 2019 eine verbindliche Frauenquote für die Landeslisten der Parteien bei Landtagswahlen eingeführt. DIE LINKE. im sächsischen Landtag hat im März 2019 zudem einen Entwurf für ein sächsisches Parité Gesetz eingebracht.

Kampf gegen Prostitution und Sexkaufverbot
In der LINKEN werden unterschiedliche Wege diskutiert, mit Prostitution politisch umzugehen. Für uns gilt: Zwangsprostitution und Menschenhandel sind entschieden zu bekämpfen und als schwere Straftaten und Verletzungen der Grundrechte zu ahnden und gesamtgesellschaftlich zu ächten. DIE LINKE will allen Unterstützungsformen für alle Formen des Menschenhandels ausreichend personelle als auch finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellen und eine ausreichende Entschädigung für Betroffene von Menschenhandel. Damit Betroffene besser von ihren Rechten Gebrauch machen können, fordern wir EU-weit die vollständige Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer. Die Identifizierung von Opfern von Menschenhandel findet noch immer nicht flächendeckend in der EU statt, somit ist auch der Zugang zu Unterstützungsleistungen nicht flächendeckend gesichert. In diesem Zusammenhang will DIE LINKE einen Aktionsplan mit einer unabhängigen Berichterstatter- und Koordinierungsstelle, die alle Maßnahmen koordiniert. Solange die Betroffenen keinen sicheren und eigenständigen Aufenthaltstitel erhalten, sind die Täter durch die Angst der Opfergeschützt. Aufenthaltstitel, Schutz und Entschädigung müssen unabhängig von der Bereitschaft der Opfer, als Zeugin oder Zeugin einem Strafverfahren auszusagen, gewährt werden. Die Straffreiheit von Betroffenen von Menschenhandel wollen wir dabei garantieren.

Von der Prostitution, zu der sich Prostituierte selbstbestimmt entscheiden, sind Menschenhandel und Zwangsprostitution zur sexuellen Ausbeutung grundsätzlich zu unterscheiden. Die in der Prostitution Tätigen müssen geschützt und gestärkt werden. Die ausreichende und dauerhafte Finanzierung der Einrichtungen aufsuchender Beratung ist Teil dessen. Wir unterstützen wissenschaftliche Forschungen im Bereich der Prostitution und ihre stärkere Einbeziehung in die öffentliche und politische Debatte. Deswegen fordern wir, die Rücknahme des Prostituiertenschutzgesetzes auf Bundesebene. Bezahlbare Wege in die Zweige der Sozialversicherungssysteme- wie für alle Selbstständigen. Gesetzlich verankerte Mindeststandards für unters. Arten von Prostitutionsstätten. (z.B. Sicherheit, Hygiene, Miethöhe) Dazu gehören ebenso der Ausbau und die Finanzierung von aufsuchenden Beratungs- und Informationsangeboten in verschiedenen Sprachen für Prostituierte sowie auf freiwillige anonyme Inanspruchnahme gerichtete Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten bei sexuell übertragbaren Krankheiten (STI).

Gewalt gegen Frauen* und Mädchen / Schulprogramme
Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist eine schwere Verletzung der Grundrechte. In der EU hat jede dritte Frau körperliche und/oder sexualisierte Gewalt erlitten. Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter: Häusliche Gewalt, Menschenhandel, Vergewaltigung, sexuelle Belästigung im Alltag und/ oder am Arbeitsplatz, Demütigung, Gewalt als Kriegswaffe. Die EU hat zwar 2017 das Istanbul-Übereinkommen gegen Gewalt gegen Frauen unterzeichnet, bis heute allerdings nicht ratifiziert. Das wollen wir ändern. Wir kämpfen für einen verbindlichen Rechtsrahmen und mehr Mittel für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Wir wollen Beratungs- und Opferschutzstrukturen ausbauen und finanzielle Mittel zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen und Mädchen nachhaltig sicherstellen. Dazu gehören die Einhaltung und Umsetzung der Opferschutzrichtlinie, verpflichtende Aktionspläne und tiefgreifende Schutzmaßnahmen genauso wie verbindliche Aufklärungs- und Bildungsprogramme in den Bereichen Behörden und Justiz. Dazu gehören insbesondere Bereiche der Kinder- und Jugendarbeit und Beschäftigte im Bildungsbereich. Gerade geschlechtersensible Bildungsarbeit und Pädagogik, zum Abbau von Geschlechterhierarchien, stereotypen Rollenbildern und umfassende Maßnahmen zur Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit sind ein wesentlicher Baustein zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen und Mädchen. Körperliche und sexualisierte Gewalt an Frauen und Mädchen ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und Entschieden zu bekämpfen.

DIE LINKE kämpft entschlossen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen und dafür, Frauenrechte und Gleichstellung ganz oben auf
die Agenda europäischer Politik zu setzen.

Mit freundlichen Grüßen
Conny Ernst