Frage an Cornelia Ernst von Niels S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Ernst,
meine Frage betrifft eigentlich die Förderung Sachsens aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF). Die Sächsische Staatsregierung hat im Sept. 2011 eine Umwidmung von zusätzlichen 40 Mio Euro zur Kofinanzierung von Nachwuchsforscherguppen aus ESF-Mitteln beschlossen. Die Vergabe der Mittel wurde Sachsenweit an Hochschulen aufgenommen, woraufhin Zahlreiche Projektanträge für Nachwuchsforschergruppen und Stipendien an das SMWK gingen und eine positive Begutachtung erhielten. Geplanter Beginn der Projekte sollte der 1.1.2012 sein. Der Termin wurde dann jedoch durch das SMWK auf den 1.4.2012 verschoben. Ende März erging ein Newsletter des SMWK, dass die oben genannte Koofinanzierung des Freistaats (25%) durch das Sächsische Finanzministerium noch nich umgewidmet wurde und die Projekte folglich im "Sommer 2012" beginnen können.
Als ein Betroffener weiß ich von einigen Projektinitiatoren, dass bereits Fachkräfte für die Besetzung der Stellen gewonnen werden konnten. Laut Angaben der Sächsischen Aufbaubank, welche die Projektabwicklung koordiniert, betrifft das landesweit mehrere hundert Fachkräfte, insbesondere aus den MINT-Fächern. Aufgrund der Verzögerung bei der Mittelumwidmung kann man im Hochschulbereich nur äußerst selten eine Zwischenfinanzierung für das angeworbene Personal finden. In der Regel müssen sich die Betroffenen arbeitslos melden, was aufgrund der Restriktion nur neue Absolventen einstellen zu dürfen, auf den Bezug von ALG II hinausläuft. Es ist nachvollziehbar, dass dies für hochqualifizierte Absolventen eine Demütigung darstellt, wo sie doch deutschlandweit als begehrte Experten gefragt sind. Auch das Land Sachsen ringt derzeit um Fachkräft. Aus dem selben Grund wurden auch die ESF-Förderungen in Sachsen initiiert, nämlich um Fachkräfte in der Region zu halten und sie für die Bedarfe der hiesigen Wirtschaft weiter zu qualifizieren.
Welche Handhabe haben EU-Instanzen um diesen Widersinn anzumahen bzw. zu unterbinden?
Sehr geehrter Herr Seidel,
vielen Dank für Ihre Anfrage und die Schilderung des Sachverhalts.
Ich gebe Ihnen Recht, dass die Anwerbung von Fachkräften für Sachsen besonders wichtig ist, besonders in wirtschaftspolitischer Hinsicht.
Zur Zeit behandelt der Ausschuss für Regionale Entwicklung im Europäischen Parlament die Verordnungen für die Reform der Regional- und Strukturpolitik und in diesem Zusammenhang geht es auch um mögliche Vereinfachungen, um auf der regionalen Ebene sicherzustellen, dass die EU-Mittel auch wirklich abgerufen werden können.
Die europäische Ebene kann zu Vereinfachungen beitragen, indem sie sich verstärkt dafür einsetzt, dass die Strukturfonds einer breiteren Gruppe von Antragstellern zugänglich gemacht werden. Dazu gehört natürlich auch die Bereitstellung einer ausreichenden und zeitnahen Kofinanzierung (einschließlich steigender Kofinanzierungsraten und einer Lockerung des Realkostenprinzips.) Wir setzen uns im Europäischen Parlament sehr für die Anwendung der Vereinfachungsmechanismen ein, ganz besonders in den aktuell laufenden Verhandlungen.
2009 sind beispielsweise zusätzliche Vorfinanzierungsraten für die Strukturfonds eingeführt worden (und ließen so eine vorübergehende Erhöhung der Kofinanzierungsraten zu, wobei dei Kofinanzierungs-Gesamtrate über den Programmplanungszeitraum hinweg konstant blieb). Die Erstattung der Ausgaben konnte nunmehr auf Vorlage der Ausgabenerklärungen auch bei Großprojekten erfolgen, die von der Kommission noch nicht genehmigt worden waren.
In vielen Fällen empfinden die Antragsteller den Zugang zur nationalen Kofinanzierung als schwierig. Wir bemühen uns, den Zugang zu Vorschusszahlungen zu verbessern und lange Zahlungsverzögerungen und komplizierte Verfahren zu vermeiden und diese Punkte in den Verhandlungen der neuen Verordnungen zur Kohäsionspolitik zu verbessern.
Bitte zögern Sie nicht, mir zu schreiben, wenn Sie weitere Fragen haben.
Mit freundlichen Grüßen
Cornelia Ernst