Frage an Cornelia Ernst von Carla K. bezüglich Wirtschaft
Liebe Cornelia Ernst,
ein besonderes Problem in Europa wie in Sachsen ist ja der Lobbyismus (man hört, die CDU hätte da bei Euch einen Sumpf angerichtet und das u.a. hätte auch dazu beigetragen, dass der braune Rand hochgekommen ist). Im Augenblick sollen zwar die Lobbyisten in Brüssel ihre Aktivitäten offen legen, sind aber zu nichts gezwungen. Es gibt Antilobbybewegungen, aber diese haben weit weniger Einfluss als die Lobbyisten selbst. Hast Du schon Ideen, wie Ihr in Brüssel die Transparenz auf allen Ebenen weiterbringen würdet?
Mit freundlichen Soligrüßen
Carla Krüger aus Berlin
Liebe Carla Krüger,
ich stimme Deiner Einschätzung vollkommen zu, dass der Lobbyismus ein Problem ist, das die Tätigkeit von Parlamenten berührt. Es bewegt sich im Spannungsfeld zwischen obskurer Einflussnahme auf Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung und dem legitimen Anliegen, dass verschiedenste Gruppen der Gesellschaft ihre ureigenen Interessen engagiert vertreten und sie dort an den Mann oder die Frau bringen, wo Entscheidungen vorbereitet und getroffen werden. Letzteres gehört zu einer lebendigen Demokratie.
Klar ist aber auch - schon angesichts der großen Anzahl von Lobbyisten in Brüssel -: Faire Interessenvertretung setzt Transparenz voraus. Dies hat für die Glaubwürdigkeit des Parlaments sowie insgesamt der EU eine zentrale Bedeutung.
Schließlich ist Interessenvertretung durch die Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und Verbände Teil einer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Ich lehne einen unkontrollierten Lobbyismus, bei dem politische Entscheidungen in Hinterzimmern und zugunsten von Industrie und Wirtschaft gefällt werden, entschieden ab.
Bekanntlich hat sich das europäische Parlament vor einem Jahr für ein gemeinsames, Institutionen übergreifendes und verbindliches EU-Lobbyisten-Register ausgesprochen, das öffentlich zugänglich ist und u.a. einen Verhaltenskodex sowie die Möglichkeit der Streichung aus dem Register umfasst. Zudem plädierten die Abgeordneten für eine "umfassende finanzielle Offenlegung".
Auf dieser Grundlage muss nun weiter gearbeitet werden. Ich sehe hier zunächst die Notwendigkeit, auch tatsächlich die Verbindlichkeit dieses Register durchzusetzen. Die finanziellen Zuwendungen für Lobbyisten sollen, nach dem Vorbild der USA, alle sechs Monate veröffentlicht werden.
Dies muss sowohl im Parlament selbst als auch aber in enger Zusammenarbeit mit solchen Organisationen wie "Transparency International", "ALTER-EU", "LobbyControl" oder dem "Corporate Europe Observatory" erreicht werden. Dabei müssen ihr Forderungen nach mehr Transparenz und klaren Regeln für das Handeln und den institutionellen Zugang von Lobbyisten in Brüssel unsere besondere Unterstützung finden. Deshalb zähle zu den Forderungen, die als nächste durchgesetzt werden müssen, auch die nach einer erweiterten "Abkühlungsphase" von mehreren Jahren, bevor hochrangige Politiker die Seiten wechseln, um selbst als Berater für Lobbygruppen tätig zu werden.
Mit freundlichen Grüßen
Cornelia Ernst