Frage an Cornelia Behm von Frank H. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Behm,
in Zeiten steigender Preise von Energie und Lebensmitteln stellt sich mir folgende Frage: Warum wird in Deutschland zu wenig in die Schaffung von energiesparenden Technologien investiert?
Australien verbietet z.B die normale Glühbirne, andere Ländern bauen ihr Nahverkehrsnetz aus, Frankreich, Japan und andere entwickeln energiesparende Autos.
Ich könnte mir vorstellen, dass die alte Infrastruktur im öffentlichen Personennahverkehr auf DDR-Niveau gebracht wird, also die Busse und Züge fahren dahin wo, die Menschen arbeiten und zu den Zeiten, in denen sie benötigt werden. Stattdessen privatisieren wir die Bahn und den ÖPNV, dünnen Netze und Strecken aus und beschweren uns über steigenden Fahrzeugverkehr. Wir kämpfen gegen Kohle und Atomstrom und bieten keine ausreichenden Alternativen. Ich bin der Meinung, wir brauchen nicht mehr Energie, aber neue, energiesparende Techniken und Technologien. So könnten wir sogar noch Energie sparen oder verkaufen.
Vielen Dank für Ihre Antwort .
Sehr geehrter Herr Handrek,
vielen Dank für Ihr Interesse an der Klimapolitk. Die von Ihnen aufgezeigten Fragen beschäftigen auch uns. Wir haben sie deshalb zu Teilen bündnisgrüner Klimapolitik gemacht.
Die Klimaagenda der Bundesregierung ist ein Ankündigungspaket ohne konkrete Maßnahmen. Die Regierungserklärung von Umweltminister Gabriel enthält viel schöne Klimaschutzlyrik und zumindest einige vernünftige Zielsetzungen. Leider verwechselt Gabriel Ziele mit Maßnahmen, denn konkrete Lösungsvorschläge hat er nur sehr wenige zu bieten. Hier bleibt er vage und unpräzise, viele Maßnahmen sollen nur geprüft oder auf europäischer Ebene durchgesetzt werden. So wird Gabriel zum Ankündigungsminister und Deutschland verliert seine Vorreiterrolle im Klimaschutz. Es gibt keinen Vorschlag, wie der Anteil der erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung auf mindestens 27 Prozent ausgebaut werden soll oder wie die Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung verdoppelt werden kann. Ein Wärmegesetz wird zwar angekündigt, aber nicht gesagt, wie es aussehen soll. Nur einen Tag vorher wurde in den Bundestagsausschüssen der grüne Antrag auf ein Wärmegesetz auch von der SPD abgelehnt. Dienstwagenprivilegien und Ticketabgabe im Flugverkehr sollen lediglich geprüft werden. Zur Reform der Kfz-Steuer wird zum wiederholten Mal ein Gesetzentwurf für dieses Jahr angekündigt, ebenso für die Verbrauchskennzeichnung von Pkw. Besonders abstrus wird es beim Emissionshandel.
Auch in seiner Haltung zur Kohle bleibt Gabriel diffus und widersprüchlich. Er muss sich entscheiden: Ist seiner Meinung nach die Nutzung der Kohle auf lange Sicht unverzichtbar oder will er ihrer Nutzung durch die Ausgestaltung des Emissionshandels angeblich klare Grenzen setzen? Beides zugleich geht nicht. Unsere Haltung ist klar: Die bisher bekannten Neubaupläne für Kohlekraftwerke sind mit den langfristigen Klimazielen unvereinbar. Wir wollen daher ein Kohlemoratorium - bis geklärt ist, ob die Technologie der CO2-Abscheidung und Endlagerung ökologisch sicher und wirtschaftlich zur Verfügung stehen kann. Es ist zweifelhaft, ob dies jemals der Fall sein wird, ganz sicher aber nicht vor 2020. Wird vorher massiv in Kohlekraftwerke investiert, ist dies klimapolitisch und volkswirtschaftlich unverantwortlich.
Fazit: Die Klimaagenda der Bundesregierung ist ein Sammelsurium schöner Worte und wohlmeinender Ideen. Aber leider sind alles nur vage Ankündigungen ohne konkrete Maßnahmen. Das zeigt auch in der Klimapolitik die Zerstrittenheit der großen Koalition. Der großen Herausforderung des Klimawandels werden SPD und Union so nicht gerecht.
Eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz nimmt das intelligente Sparen beim Energieverbrauch ein. Alle Parteien reden mittlerweile von Energieeinsparung, aber der Durchbruch ist bislang ausgeblieben. Das muss sich ändern, denn noch immer wird zuviel Energie verschwendet. Je schneller der Energieverbrauch zurückgeht, desto kürzer ist der Weg ins Solarzeitalter. Ziel muss es sein, Deutschland zur effizientesten Volkswirtschaft der Welt zu machen. Neben umfangreichen Vorschlägen für Einsparmaßnahmen im Wärmebereich, insbesondere durch das von uns initiierte und mittlerweile sehr erfolgreiche Altbausanierungsprogramm haben wir ein umfassendes Konzept zur Stromeinsparung in den Deutschen Bundestag eingebracht.
Wir setzen auf Vorfahrt für Energieeffizienz. Bis Mitte des Jahrhunderts kann mit unserem Konzept der Stromverbrauch halbiert werden, der heute noch für rund 40 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich ist. Das darin formulierte Maßnahmenpaket ist eine Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche. Die drei zentralen Elemente für mehr Stromeinsparung sind:
1. Mindeststandards für den Stromverbrauch von Elektrogeräten ab 2008:
Appelle an die HerstellerInnen reichen nicht aus. Für den Stromverbrauch elektrischer Geräte müssen europaweite Mindeststandards verbindlich vorgeschrieben werden. Die Standards sollen im Drei-Jahres-Rhythmus aktualisiert werden, so dass eine schnelle Marktdurchdringung der jeweils modernsten Geräte gewährleistet ist und "Stromfresser" vom Markt gedrängt werden. Dies wird unter anderem zur Folge haben, dass ineffiziente Standby-Schaltungen der Vergangenheit angehören und herkömmliche Glühbirnen nicht länger verkauft werden. Der so genannte Top-Runner-Ansatz, bei dem das beste Produkt von heute den Standard von morgen setzt, soll soweit wie möglich zum Einsatz kommen.
2. Klare Kennzeichnung des Stromverbrauchs von Elektrogeräten ab 2008:
Die Kennzeichnung von Kühlgeräten und Waschmaschinen nach Effizienzklassen ist völlig veraltet und kaum noch aussagekräftig. Eine europaweite dynamische Verbrauchskennzeichnung für die gängigsten Elektrogeräte ist längst überfällig. Dabei sollen die Effizienzklassen spätestens alle drei Jahre aktualisiert werden. Die Klasse "A" soll für die besten zehn bis 20 Prozent der Geräte reserviert sein. Für eine übersichtliche Klassifizierung reicht eine Einteilung in vier Effizienzklassen A, B, C und D aus.
3. Stromsparfonds auflegen:
Noch immer liegt ein großes Potenzial zur Stromeinsparung brach. Wir schlagen vor, einen Stromsparfonds von jährlich 500 Millionen Euro aufzulegen, mit dem zusätzliche Maßnahmen zur Stromeinsparung finanziert werden. Dies würde zwei Milliarden Euro weitere Investitionen auslösen. Der Fonds soll aus den Erlösen künftiger Auktionen beim Emissionshandel finanziert werden.
Die Bundesregierung muss aufpassen, dass sie das Thema nicht verschläft. Sie muss endlich aus ihrem Dornröschenschlaf in Sachen Energiesparen aufwachen. Zwar hat sie sich das Ziel gesetzt, die Energieproduktivität bis 2020 gegenüber 1990 zu verdoppeln. Doch von ernsthaften Anstrengungen, dieses Ziel zu erreichen, ist nichts zu spüren. Zuletzt ist die Steigerung der Energieproduktivität in Deutschland auf unter ein Prozent pro Jahr abgesackt. Um das Ziel der Verdopplung zu erreichen, ist aber eine jährliche Steigerung von drei Prozent erforderlich. Dazu bedarf es erheblicher Anstrengungen. Wir haben die Bundesregierung wiederholt dazu aufgefordert, bis spätestens 30. Juni 2007 einen nationalen Energie-Effizienz-Aktionsplan (EEAP) vorzulegen, der ehrgeizige Ziele und konkrete Maßnahmen formuliert.
Ich hoffe Ihnen hiermit einen Einblick die Klimapoltik unserer Fraktion im Bundestag gegeben zu haben. Weitere Informationen finden Sie unter www.gruene-bundestag.de
Mit freundlichen Grüßen
Cornelia Behm