Warum haben Sie meine Frage an Sie vom 27.6.24 bis heute nicht beantwortet?
Es geht hier immerhin um ein Recht der Bürger nach Art.20 Abs.2 des Grundgesetzes, dass Sie und Ihre Partei den Bürgern in diesem Land verweigern, denn Sie und die Mitglieder der Regierungsparteien haben im Mai 2023 gegen Volksabstimmungen gestimmt!
Ist Ihnen eigentlich bewußt, dass Sie damit den Bürgern ein nach dem Grundgesetz eindeutiges Recht auf Volksabstimmungen verweigern?
Begründen Sie bitte Ihre Ablehnung von Volksabstimmungen, obwohl diese im Grundgesetz Art.20 Abs.2 eindeutig vorgesehen sind!
Vielen Dank für Ihre Anfrage auf Abgeordnetenwatch zum Thema Volksabstimmungen. Ihr Anliegen, mehr politische Beteiligungsmöglichkeiten zu schaffen, teile ich grundsätzlich – insbesondere, um das Vertrauen in die Demokratie zu stärken. Gleichzeitig halte ich klassische Volksabstimmungen nicht für den besten Weg, um dieses Ziel zu erreichen.
Ein zentrales Problem von Volksabstimmungen ist die Gefahr, dass populistische Akteure oder große, finanzstarke Unternehmen die öffentliche Agenda dominieren und Themen vorantreiben, die oberflächlich einfache Lösungen versprechen, aber tiefgreifende negative Konsequenzen haben können. Der Brexit ist ein bekanntes Beispiel dafür, wie eine Volksabstimmung zu schwerwiegenden und langfristigen Problemen für ein Land führen kann. Auch bei der Abstimmung zum Flughafen Tegel in Berlin haben finanzstarke Unternehmen versucht, durch teure Kampagnen Einfluss zu nehmen.
Demokratie darf nicht zur „Diktatur der Mehrheit“ werden. Sie muss auch den Schutz von Minderheiten sicherstellen. In Volksabstimmungen besteht jedoch das Risiko, dass kurzfristige Mehrheitsentscheidungen die Rechte und Interessen von Minderheiten missachten. Dies ist eine der zentralen Herausforderungen bei direktdemokratischen Verfahren. Ein weiteres Problem ist, dass Volksabstimmungen oft bestehende soziale Ungleichheiten in der politischen Beteiligung verstärken. Studien zeigen, dass wohlhabendere und besser ausgebildete Bürgerinnen und Bürger sich überproportional beteiligen, während ärmere oder weniger gebildete Menschen eher außen vor bleiben. Dadurch entsteht kein wirklich repräsentatives Abbild der Gesellschaft, was zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen kann.
Es gibt jedoch bereits heute vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten jenseits der klassischen Wahlen. Auf kommunaler und Landesebene können Bürgerinnen und Bürger durch Volks- und Bürgerbegehren oder Bürgerentscheide aktiv in politische Entscheidungen eingreifen. Ein gutes Beispiel ist mein Wahlkreis Trier, wo ein Bürgerbegehren erfolgreich dazu geführt hat, dass eine Jugendarbeit- und Jugendkultureinrichtung erhalten bleibt. Diese bestehenden Formate sollten wir weiter ausbauen und stärken, um mehr Bürgerinnen und Bürger in demokratische Prozesse einzubinden.
Ein besonders wichtiges Instrument, um politische Anliegen direkt an den Bundestag heranzutragen, sind Petitionen. Mit der im Juli verabschiedeten Petitionsreform haben wir es den Bürgerinnen und Bürgern noch einfacher gemacht, Petitionen in öffentlichen Ausschusssitzungen mit dem zuständigen Ministerium zu diskutieren. Außerdem wollen wir erreichen, dass Petitionen, die in kurzer Zeit über 100.000 Unterschriften sammeln, im Plenum des Bundestages debattiert werden, um die Sichtbarkeit von Bürgeranliegen weiter zu erhöhen. Auch Bürgerräte halte ich für eine wertvolle Ergänzung unserer Demokratie. Sie ermöglichen es, den Volkswillen in einem Prozess deliberativer Demokratie einzubinden, bei dem die Bürgerinnen und Bürger gut informiert und intensiv beraten werden.
Ich setze mich dafür ein, mehr Bürgerräte durchzuführen und darüber nachzudenken, wie wir verschiedene Beteiligungsformate wie Petitionen, Bürgerräte und das Parlament sinnvoll miteinander verknüpfen können, um so die Entscheidungsfindung zu verbessern und die Bürgerbeteiligung auf allen Ebenen zu stärken. Demokratie lebt vom Dialog und von der Beteiligung aller gesellschaftlichen Gruppen. Deshalb setze ich mich für eine starke Beteiligungskultur ein, die auf vielfältigen Formaten basiert und die Bürgerinnen und Bürger in die Gestaltung politischer Prozesse einbindet.
Viele Grüße
Corinna Rüffer