Frage an Constanze Krehl von Hans H. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Krehl,
Sie haben im Europäischen Parlament für das Verbot von Einweggeschirr aus Kunststoff gestimmt. Das Ziel der Initiative ist die ja weitere Zunahme des Plastemülls in der Umwelt und im Meer zu verhindern. Sicher haben Sie vorher die Zweck- und Verhältnismäßigkeit geprüft.
Können Sie mir sagen, wieviel aus Einweggeschirr entstehender Plastemüll tatsächlich in der Umwelt entsorgt wird? Welchen Anteil an der Gesamtmüllmenge, die in der Umwelt entsorgt wird, macht der Einweggeschirrmüll aus? Was wären die nächsthäufigen Müllarten, die in der Umwelt entsorgt werden?
Ist Ihrer Meinung nach das Verbot das mildeste Mittel, um dieses Ziel zu erreichen? Wäre eine besondere Steuer nicht vielleicht weniger einschneidend für den Bürger, mit der das Ziel in ähnlichem Umfang erreicht werden könnte?
Nach meiner Alltagsempirie ist nicht das Einweggeschirr das, was in der Umwelt herumfliegt. Es sind Obsttüten, Kekspackungen, Getränkteverpackungen usw. Wäre es nicht zielführender, im Lebensmitteleinzelhandel Packungen zu verbieten, die unnötig groß sind? Ich denke da an die üblichen Mogelpackungen oder Wurstpackungen, in denen die Scheiben einzeln aufgefächert sind. Hier wäre vielen auf einmal geholfen: dem Verbraucher, weil er am Volumen erkennt, wieviel er bekommt; dem Einzelhandel, weil er weniger Regalfläche benötigt; dem Hersteller, weil er weniger Verpackungen benötigt; dem Großhandel, weil das Transport- und Lagervolumen sinkt, und der Umwelt, weil weniger Plaste verbraucht wird. Was halten Sie davon, nicht kompostierbare Obst-/Gemüsetüten zu verbieten wie in Italien? Wieviel würde ein solches Verbot im Vergleich zum Einweggeschirrverbot bringen? Was wären die Auswirkungen, wenn man Abdeckfolie aus Kunststoff, wie sie in der Bauindustrie oder in der Landwirtschaft verwendet wird, verböte?
Ich danke Ihnen für die Beantwortung meiner Frage!
Mit freundlichen Grüßen
H. H.
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse am Thema Plastikvermeidung. Mit Ihrer Alltagserfahrung liegen Sie richtig: Einwegplastikgeschirr ist nicht das Hauptproblem der Umwelt- und Meeresverschmutzung. Es liegt im Verhältnis zu den Spitzenreitern der Getränkeflaschen und Zigarettenfilter im abgeschlagenen Mittelfeld der Statistik. Daher betrifft die Richtlinie auch weitere Produkte und Maßnahmen. Denn der Müll aus Einwegplastikprodukten macht heute bereits 49% des Müllaufkommens in den Meeren aus. Hinzu kommen weitere Nicht-Einwegprodukte sowie Plastik aus der Fischerei. Mehr als Dreiviertel der Meeresverschmutzung geht auf Kunststoff zurück. Das ist ein untragbarer Zustand.
Ein Verbot soll zunächst aber nur dort vorgeschlagen werden, wo es bereits erschwingliche Alternativen gibt. Damit ist diese Maßnahme aus unserer Sicht zweckmäßig und die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen nicht allzu große Einschnitte hinnehmen. So wird nicht Einweggeschirr völlig verboten, sondern Einweggeschirr aus Plastik.
Auch die Reduktion von Verpackungen ist Teil der Richtlinie. Geht es nach den Vorstellungen des Europäischen Parlaments, soll der Verbrauch von Plastikbechern und Lebensmittelverpackungen um mindestens 25% bis 2025 reduziert werden.
In Zukunft sollen sich auch die Hersteller und Supermärkte starker an den Kosten für Müllsammlung und Recycling, als auch für Reinigungsaktionen und Öffentlichkeitskampagnen beteiligen. Somit nimmt die Richtlinie auch die Unternehmen in die Verantwortung.
Auf EU-Ebene wird derzeit noch über die Einführung einer Steuer diskutiert. Jedoch würde diese nicht unter diese Richtlinie fallen, sondern in die Finanzgesetzgebung und kann deswegen nicht Teil der Richtlinie sein. Das Verbot dünner Plastiktüten und Maßnahmen gegen Abdeckfolien hat unsere Partei im Parlament unterstützt. Der Entwurf scheiterte jedoch am Widerstand der konservativen Fraktion. Die Effektivität solcher Initiativen wollen wir aber nicht gegeneinander aufwiegen, sondern sehen sie als ergänzend zueinander an. Wie gesagt, ist es unser Anliegen alle Einwegplastikprodukte zu vermeiden, für die es bereits bezahlbare Alternativen gibt.
Mit freundlichen Grüßen
Constanze Krehl