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Frage von Klaus H. •

Frage an Constanze Krehl von Klaus H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Krehl,
ich möchte gerne wissen ob sie die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit der USA unterstützen? Sind sie dafür das Konzernrecht über Staatsrecht steht?
Die Antwort beinflusst meine Wahl massiv..
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Hoffmann

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Hoffmann,

Vielen Dank für Ihre Anfrage.

Aus meiner Sicht ist der bisherige Stand der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP ernüchternd und es gibt auf amerikanischer Seite wenig Bewegung - vor den Zwischenwahlen in den USA im November wird sich dies vermutlich auch nicht ändern. Daher unterstütze ich es sehr, dass die Verhandlungen derzeit ruhen. Die mangelnde Transparenz und der fehlende Wille der USA, Dokumente öffentlich zugänglich zu machen, bestärken mich in dieser Auffassung.

In den Verhandlungen zu TTIP geht es um drei Bereiche: erstens, den Marktzugang für den Handel mit Gütern, Dienstleistungen, Investitionen und die öffentliche Auftragsvergabe; zweitens, Regulierungsvorschriften und nichttarifäre Handelshemmnisse; sowie drittens, ergänzende Vorschriften. In diesen Bereichen liegen Chancen für Europa und seine Unternehmen. Eine Abschaffung der Zölle, ein besserer Zugang zu öffentlichen Aufträgen oder die gegenseitige Anerkennung von technischen Standards hätte deshalb deutliche Effekte. Das Abkommen soll zudem auch gemeinsame Maßnahmen zur Regulierung der Finanzmärkte enthalten. Auch dies sehe ich positiv.

Doch das Abkommen birgt auch Risiken, denn meiner Meinung nach darf der Besitzstand der europäischen Gesetzgebung durch das Freihandelsabkommen nicht angetastet werden. Eine Marktöffnung darf nicht zu Lasten der Verbrauchersicherheit und der Arbeitsbedingungen gehen. Die gegenseitige Anerkennung von Standards unter TTIP darf deshalb nicht zu einer Herabsetzung der Standards in der EU führen. Das gilt für Sicherheitsanforderungen bspw. im Maschinenbau oder in der Automobilfertigung, aber auch für Standards im Lebensmittelbereich und im Verbraucherschutz. Ich bin gegen die Einführung von hormonbehandeltem Fleisch, gechlorten Hühnchen oder genveränderten Produkten. Des Weiteren bestehen grundlegende Unterschiede im Hinblick auf Datenschutz-Standards; so darf das Grundrecht europäischer Bürgerinnen und Bürger auf das individuelle Eigentum an personenbezogenen Daten durch das TTIP nicht konterkariert werden. Deshalb muss auch die neue Datenschutzverordnung der EU zügig vorangebracht werden.

Außerdem sind für mich drei entscheidende Punkte nicht verhandelbar: Zum einen hat der NSA-Skandal das Vertrauen in die transatlantischen Beziehungen nachhaltig beeinträchtigt. Ohne einen rechtlichen Schutz europäischer Bürgerinnen und Bürger vor Datenspionage kann ich dem TTIP nicht zustimmen.
Des Weiteren sehe ich, genau wie Sie, die Frage des Investitionsschutzes besonders kritisch. Meiner Ansicht nach, sollte es Investoren nicht ermöglicht werden, die EU oder Mitgliedsstaaten wegen möglicherweise ausgebliebener Gewinne jenseits vom normalen juristischen Verfahren vor internationalen Schiedsgerichten zu verklagen. Dies ist nicht meine Vorstellung von sozialer Marktwirtschaft und geht gegen eine von souveränen Staaten erlassene Gesetzgebung. Dieses Verfahren ist daher aus meiner Sicht abzulehnen. Die Kommission hat inzwischen diesen Teil der Verhandlungen ausgesetzt, um eine öffentliche Konsultation durchzuführen - wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Parlament werden diese Konsultation ebenfalls nutzen, um diese Klausel aus dem Abkommen zu entfernen.
Der dritte, aus meiner Sicht ebenfalls nicht verhandelbare Punkt betrifft den enormen zeitlichen Druck, unter dem das Abkommen zu Stande kommen soll. Ich wehre mich gegen einen zu schnellen Vertragsabschluss, denn für ein gutes Abkommen brauchen wir Zeit. Ich möchte nicht, dass ein Abkommen unterschrieben wird, welches den europäischen Unternehmen, Bürgerinnen und Bürgern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern keine greifbaren Vorzüge bietet.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass es sich lohnt, die Chancen eines solchen Handelsabkommens auszuloten und mitzugestalten. Doch es gibt einige Risiken und Probleme. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben uns früh in den Verhandlungen positioniert, die EU-Kommission weiß also, worauf es uns ankommt. Sie muss in den Verhandlungen nun beweisen, dass sie auch Willens ist, diese Forderungen umzusetzen. Denn ansonsten werde ich dem Abkommen nicht zustimmen können und auch die sozialdemokratische Fraktion im Parlament wird sich einem solchen Votum nicht anschließen können. Und ohne das Parlament gibt es keine Zustimmung. Das wir unser Vetorecht sehr ernstnehmen, haben wir mit ACTA gezeigt.

Das Europäische Parlament wird erst in der nächsten Legislatur über seine Zustimmung zu dem Abkommen entscheiden. Insofern sind die Wahlen zum nächsten EU-Parlament am 25. Mai 2014 auch in dieser Frage von großer Bedeutung. Das Handelsabkommen soll nicht zum Selbstzweck geraten, sondern die Situation der Bürgerinnen und Bürger verbessern sowie grundlegende Umwelt-, Verbraucher- und Sozialstandards einhalten. Dafür stehen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament.

Mit freundlichen Grüßen
Constanze Krehl