Frage an Constanze Krehl von Oksana R. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Guten Tag!
Mich beschäftigt zur Zeit ziemlich das Thema Saatgut. Mit Besorgnis verfolge ich die Entwicklung in Richtung Hybrid-Saatgut, das nur von einigen wenigen Unternehmen weltweit verkauft werden soll. Nun soll demnächst die Europäische Kommission die Monopolisten weiter stärken und es sogar den Kleingärtnern erschweren, selbst Saatgut herzustellen und anzubauen. Nirgends kann ich finden, wodurch solche drastischen Eingriffe in die Freiheit eines jeden Menschen gerechtfertigt oder gar gesetzlich erlaubt wären. Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es? Nach welchen Gesichtspunkten entscheidet die Europäische Kommission das? Wie ist zu erklären, dass das Europäische Patentamt, bei dem ziemlich abstruse Patentanträge sogar für die Züchtung von normalen Nutztieren an die \´Großen\´ erteilt werden, völlig politisch unkontrolliert agieren kann?
Schöne Grüße
Oksana Rucker
Sehr geehrte Frau Rucker,
vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der Reform der europäischen Saatgutverordnung. Ich kann Ihnen versichern, dass die Neuregelung des EU-Saatgutrechtes auch von unserer Fraktion wachsam verfolgt wird. Im Folgenden möchte ich Ihnen kurz die wichtigsten Punkte dazu erläutern.
Anfang Mai hat der EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz, Tonio Borg, den Vorschlag für eine neue EU-Saatgutverordnung vorgestellt. Schon in den letzten Wochen ist deutlich geworden, dass auf Seiten der Öffentlichkeit ein großer Informationsbedarf besteht, aber eben auch große Verwirrung herrscht.
Richtig ist, dass die neue Saatgutverordnung die vereinfachte Registrierung der verschiedenen Saatgutarten regeln soll. Falsch ist hingegen, dass die neue Saatgutverordnung die Patentierung und Monopolisierung von Saatgut durch die großen internationalen Saatgutproduzenten bedeutet. Dies wird in der neuen Saatgutverordnung gar nicht geregelt. Vielmehr ist dies Bestandteil der Verordnung über den gemeinschaftlichen Sortenschutz. Doch auch diese Verordnung enthält zahlreiche Ausnahmeregelungen die nicht per se eine Monopolisierung der Saatgutrechte bedeuten. Nichtsdestotrotz werden wir die zukünftigen Entwicklungen auch in diesem Bereich aufmerksam verfolgen. Es darf aus unserer Sicht keine negativen Folgen für den Verbraucher und die Landwirte geben.
Von den neuen EU-Vorschriften ausgenommen ist der Einsatz von Saatgut zu privaten Zwecken. Für private Klein- und Hobbygärtner ändert sich durch die Überarbeitung der Gesetzgebung nichts. Kleingärtner, wie Sie es sind, können weiterhin die Samen pflanzen, die sie pflanzen möchten. Auch werden sie nicht von einer Zugangsbeschränkung zu Saatgut betroffen sein. Sie können das Saatgut nach wie vor in kleinen Mengen auf dem Markt bereitstellen und austauschen.
Auch alte und seltene Saatgutarten sollen durch die neue Verordnung nicht verboten werden. Für diese gelten nach dem Kommissionsvorschlag lediglich abgeschwächte Registrierungsvorschriften. Entgegen vieler Medienberichte sind diese von Tests und rechtlichen Auflagen ausgenommen.
Sicher ist jedoch, dass wir Sozialdemokraten uns im Rahmen unserer Möglichkeiten für eine möglichst große Sortenvielfalt einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Constanze Krehl