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Constanze Krehl
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Frage von Janna H. •

Frage an Constanze Krehl von Janna H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Krehl,

Ich möchte Sie gern fragen, wie sie sich zu der Frage bezüglich Provisionen auf Finanzprodukte positionieren, über welche morgen abgestimmt wird?
Weiterhin würde mich interessieren, ob Sie mit Lobbyisten diesbezüglich Kontakt hatten?
Ich beobachte mit Sorge diese Abstimmung und bin gespannt auf Ihre Antwort...

mit freundlichen Grüßen,
Janna Hondl

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Hondl,

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an meiner Arbeit als Abgeordnete des Europäischen Parlaments. Gerne möchte ich Ihre Fragen beantworten.

In seiner Sitzung vom 26. Oktober 2012 in Straßburg hat das Europäische Parlament mit überwältigender Mehrheit die Revision der MiFID-Richtlinie (Markets in Financial Services Directive) beschlossen. Die Fraktion der Sozialdemokraten hat dabei einen zwischen den Berichterstattern verhandelten Kompromiss unterstützt, der auf dem einstimmigen Abstimmungsergebnis des Ausschusses für Wirtschaft und Finanzen vom 26. September 2012 basiert. Dieser wurde im Vorfeld der Plenarabstimmung aber aus sozialdemokratischer Sicht an entscheidenden Stellen verbessert. Dies möchte ich Ihnen im Folgenden noch genauer erläutern.

Das Parlament hat einen Gesetzestext verabschiedet, der die Zahlung von Provisionen nur noch in drei bestimmten Fällen ermöglicht: Provisionen werden entweder in Gänze an den Kunden weitergereicht; oder Provisionen dienen allein zur Deckung der bei Beratung und Anlage entstandenen Kosten und Gebühren; oder Provisionen werden bei Geschäftsabschluss an den verkaufenden Berater oder das verkaufende Institut entrichtet. In letzterem Falle wird der Kunde aber umfassend über Art und Höhe der Provisionen informiert. Der Gesetzestext muss in den kommenden Monaten jedoch noch in Verhandlungen mit dem Rat der Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission finalisiert werden.

Zudem wurde eine bindende Klausel aufgenommen, die die Europäische Kommission dazu verpflichtet, sowohl die Funktionsweise und die Verbraucherfreundlichkeit der Provisionsberatung als auch der Honorarberatung nach dreieinhalb Jahren zu prüfen.
Eine wichtige Neuerung ist außerdem, dass diejenigen, die beim Verkauf von Finanzprodukten Provisionen kassieren, sich künftig europaweit nicht mehr "unabhängig" nennen dürfen und Kunden darüber informieren müssen. "Unabhängige Beratung" wird dadurch zu einem starken Gütesiegel, das Anlegern eine Entscheidungshilfe bietet und auf das Verbraucherzentralen gezielt hinweisen können. Damit verschärft die MiFID II-Gesetzgebung jenes MiFID I-Paket, das sich in der Vergangenheit als unzureichend erwiesen hat. Gleichzeitig bleibt jeder Anlegerin und jedem Anleger die Wahlfreiheit zwischen kostenfreier Provisionsberatung und kostenpflichtiger Honorarberatung erhalten. MiFID II stellt außerdem jedem Mitgliedstaat frei, ein umfassendes Verbot von Provisionszahlungen durch nationale Gesetzgebung zu beschließen. Gerade dieser Punkt ist jedoch in der medialen Berichterstattung der letzten Tage und Wochen nur unzureichend berücksichtigt worden.

Aus meiner Sicht ist mit dem verabschiedeten Kompromiss ein guter Mittelweg gefunden worden. Dieser Mittelweg ist gekennzeichnet durch die sinnvolle Abwägung zwischen der Verschärfung der Regulierung des Anlagemarktes für Finanzprodukte und der Verbesserung des Verbraucherschutzes auf der einen Seite und der Erhaltung der Wahlfreiheit für den Kunden sowie der Verfügbarkeit professioneller Anlageberatung für alle auf der anderen. Diese Abwägungsentscheidung haben wir uns als SPD-Gruppe im Europäischen Parlament nicht einfach gemacht. Dabei haben wir alle Argumente, die von verschiedenen Seiten an uns herangetragen wurden, kritisch geprüft. Es gehört aus meiner Sicht zur demokratischen Verpflichtung eines Abgeordneten, mit einem breiten Kreis von Vertretern des öffentlichen Lebens über anstehende Gesetzgebungsverfahren zu sprechen, um sich einen möglichst umfassenden Überblick über mögliche Auswirkungen unterschiedlicher legislativer Maßnahmen zu verschaffen. Für Einwirkungsversuche von Lobbyisten zu Lasten der Interessen von mir vertretener Bürgerinnen und Bürger ist dabei jedoch kein Platz.

Um auch auf Ihre zweite Frage einzugehen: Ich habe in meiner Arbeit als Abgeordnete im Europäischen Parlament mit einer großen Zahl von Interessenvertreterinnen und -vertretern Kontakt. Insbesondere in meinem Hauptarbeitsgebiet, der Regionalpolitik, pflege ich dementsprechend immer wieder einen regen Meinungsaustausch mit Sozialverbänden, Gewerkschaften, Regierungsvertretern, Vertretern der verschiedenen deutschen und europäischen Gebietskörperschaften, Umweltverbänden und nicht zuletzt mit den von mir vertretenen Bürgerinnen und Bürgern. Dieser Austausch ist wichtig, um begründete und ausgewogene Entscheidungen treffen zu können.

Ich danke Ihnen nochmals für Ihr Interesse an meiner Arbeit und hoffe, Ihre Fragen mit den skizzierten Informationen hinreichend beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen,

Constanze Krehl