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Frage von Randy M. •

Frage an Clemens Rostock von Randy M. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Herr Rostock,

was wird eigentlich konkret mit der immer weiter ansteigenden Ökosteuer für die Umwelt bzw. ökologisch getan?

Ich als Student bin von der Ökosteuer garnicht begeistert, da sie mich in absehbarer Zeit stark in meiner Mobilität einschränken wird. Ich habe mal gehört das 70% des Geldes, was ich für einen Liter Benzin zahle, Steuern sind, wieviel davon macht eigentlich die Ökosteuer aus?

Ist es überhaupt vertretbar/gerechtfertigt diese, angesichts der immer weiter steigenden Ölpreise, auch noch zu erhöhen?

mfg Randy Millatz

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Millatz,

Die letzte Erhöhung der sogenannten Ökosteuer war am 01. Januar 2003. Seitdem wurde sie nicht mehr erhöht und beträgt ~15,3 cent. Dazu kommt noch die auch auf diesen Betrag zu zahlende Mehrwertsteuer. Ohne die Ökosteuer wäre der Liter also um etwa 18 cent billiger.
Der Anteil der Steuern an dem Benzinpreis ist übrigens seit 1998 stark gesunken! Dies ist ganz einfach damit zu erklären, dass die Benzinpreise weitaus stärker gestiegen sind als die Steuern erhöht wurden.
Die jetzigen Steigerungen des Benzinpreises sind auf den steigenden Ölpreis zurückzuführen. Um das mit Zahlen zu unterlegen: Der durchschnittliche Ölpreis lag 2003 bei 28$ pro Barrel, 2004 bei 36$ und vor kurzem wurde die 70$-Marke durchbrochen!!! Die weltweite Ölförderung kommt der weltweiten Nachfrage nicht mehr hinterher. Vor genau dieser Entwicklung haben wir immer gewarnt. Es zeigt wie abhängig wir vom Öl sind und wie wir den Preiststeigerungen ausgesetzt sind. Deshalb unsere grüne Strategie "Weg vom Öl".

Die Ökosteuer hat mehrere Ziele. Sie hat nicht nur das Ziel "etwas für die Umwelt zu tun" - da wurde vielleicht der Name der Steuer etwas schlecht gewählt. Der Vorwurf, dass die Einnahmen gar nicht für die Umwelt eingesetzt werden kommt ja oft. Aber wie gesagt, die Steuer hat mehrere Ziele:

1. Natürlich beeinflusst die Ökosteuer das Konsumverhalten. Etwas teueres wird sparsamer konsumiert als etwas verhältnismäßig billiges. Jeder von uns wird motiviert entweder sparsamere Autos zu benutzen, sich eine sparsamere Fahrweise anzueignen, Fahrgemeinschaften zu gründen und/oder bei kürzeren Wegen auch mal auf das Auto zu verzichten. Das heißt mal zu Fuß zu gehen, das Fahrrad oder Buns&Bahn zu benutzen. Ein Problem an dieser Sache ist, das die öffentlichen Verkehrsmittel oft sehr teuer und in ländlichen Regionen nur spärlich vorhanden sind, besonders in den Abendstunden. Aber auch da hat die rotgrüne Bundesregierung ihre Hilfen aufgestockt.
Und es funktioniert ja auch! Der Benzinverbrauch ist seit Jahren rückläufig. Der ökologische Nutzen ist also der niedrigere Verbrauch und die niedrigeren Emmissionen. Das hemmt übrigens auch den Preisanstieg, denn die Ölknappheit wird verzögert. Je mehr Nachfrage desto höher der Preis! Hätten wir immer noch den Verbrauch von 1998 wäre die jetzige Ölknappheit noch stärker und die Preise noch höher!

2. Die Einnahmen der Ökosteuer fließen fast einschließlich in die Rentenkasse. Dafür konnten die Beiträge zur Rentenversicherung gesenkt werden (auf im Moment 19,5%). Die Lohnnebenkosten, der Jobkiller Nr.1, werden gesenkt.. Das macht Arbeit billiger, denn die Differenz zwischen Brutto- & Nettolöhnen wird kleiner. Das heißt die Ökosteuer entlastet arbeitsintensive Branchen und belastet energieintensive Branchen. Das heißt die Firmen bei denen viele Menschen ihren Arbeitsplatz haben und die Lohnnebenkosten einen großen Anteil an den Gesamtkosten für das Unternehmen ausmachen werden belohnt. Die die wenig Arbeitsplätze haben, aber viel Energie verbrauchen werden belastet. Für die ganz energieintensiven Branchen gibt es da noch einige Ausnahmen, damit diese nicht in ihrer existenz bedroht sind. Das schafft bzw. sichert Arbeitsplätze. Frau Merkel will ja etwas ganz ähnliches machen. Sie will die Mehrwertsteuer ehöhen und mit den Mehreinnahmen die Arbeitslosenversicherungsbeiträge, also auch die Lohnnebenkosten, senken. Die Ökosteuer hat also auch eine wirtschaftspolitische Seite!
Und in der jetzigen Situation der hohen Ölpreise können wir vielleicht sogar nochmal extra davon profitieren. Durch unsere relativ hohen Energiepreise wurde die Forschung, Entwicklung und Innovation von neuen energiesparsameren Technologien in Deutschland vorangetrieben. Diese neuen Technologien werden jetzt weltweit nachgefragt.

Sie als Student haben davon natürlich erstmal wenig. Ich kann Ihnen nur empfehlen über Alternativen nachzudenken. Neben den Punkten die ich oben schon erwähnt habe, gibt es natürlich auch noch den Weg eines anderen Antriebs. Haben sie schon einmal über die Umrüstung ihres Fahrzeugs auf Erdgas nachgedacht? Sie ist im ersten Moment ziemlich teuer, aber wird in Eisenhüttenstadt zum Beispiel vom Erdgasversorger finanziell unterstützt. Solch eine Umstellung lohnt sich vor allem für Vielfahrer. Langfristig wird der Erdgaspreis aber die gleiche Entwicklung nehmen wie jetzt der Ölpreis.
Falls sie ein Dieselfahrzeug besitzen, können sie Ihr Auto auf ganz normales Pflanzenöl umstellen. Diese Umstellung kostet nur ~300€. Das lohnt sich auch bei Wenigfahrern, denn Pflanzenöl ist natürlich um einiges billiger. Das einzige "Problem" wäre dann das Tanken bei Aldi ;).
Und fragen Sie doch mal bei der Studentenvertretung nach, ob die sich nicht für ein Semestertickt stark machen will! An der Universität Potsdam gibt es ein 6-monatiges Semesterticket für 124€ mit dem man in ganz Brandenburg und Berlin Zug, S-&U-Bahn und Bus fahren kann.

mit freundlichen Grüßen
Clemens Rostock