Frage an Clemens Rostock von Luna G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Warum werben Sie immer explizit um die Zweitstimmen?
Sehr geehrte Frau Gnilka,
Vielen Dank für Ihre Frage!
In der Tat werben wir explizit um die Zweitstimmen, denn nur diese
entscheiden am Ende darüber, wieviele Sitze wir im Bundestag erhalten.
Die Erststimme hat dagegen keinen Einfluss auf die Anzahl unserer Sitze.
Gerne erläutere ich noch einmal ausführlich das deutsche Wahlverfahren:
Der Bundestag hat 598 Sitze. Es gibt deutschlandweit 299 Wahlkreise.
Mit der Erststimme wird in allen diesen Wahlkreisen jeweils eine Person
gewählt. Der- oder diejenige mit den meisten Erststimmen in einem
Wahlkreis zieht in den Bundestag ein.
Die Zweitstimmen werden dagegen bundesweit zusammengezählt. Das sind
dann auch die Prozentzahlen, die am Wahlabend gezeigt werden. Nach der
Anzahl der Zweitstimmen (und nur danach) wird festgelegt, wieviele der
598 Sitze jeder Partei insgesamt zustehen. Zu den in den Wahlkreisen
gewählten, kommen also weitere Abgeordnete über die Landeslisten hinzu,
bis das Größenverhältnis der Parteien genau dem Verhältnis der
Zweitstimmen entspricht.
Die Erststimme hat also keinen Einfluss darauf, wieviele Sitze eine
Partei insgesamt im Bundestag erhält. Eine Erststimme für mich würde
damit nur Sinn ergeben, wenn ich eine Chance hätte, den Wahlkreis zu
gewinnen. Dies ist aber sehr unwahrscheinlich. Eine Chance den Wahlkreis
zu gewinnen haben wir Bündnisgrüne nur in einigen Hochburgen in Berlin,
Stuttgart oder Köln. In unserem Wahlkreis haben folgende vier Kandidaten
eine Chance den Wahlkreis zu gewinnen: Frank Berger von der SPD, Thomas
Nord von der Linkspartei, Martin Patzelt von der CDU und Alexander
Gauland von der AfD. Da ich nicht möchte, dass Herr Gauland gewinnt,
empfehle ich den Wählerinnen und Wählern in unserem Wahlkreis mit der
Erststimme zwischen den Kandidaten von SPD, Linkspartei und CDU zu
entscheiden und mit der ZWEITSTIMME GRÜN zu wählen. Natürlich kann man
mir auch die Erststimme geben. Dies wird dann allerdings keinen Einfluss
drauf nehmen, wer den Wahlkreis am Ende gewinnt.
Das Wahlsystem ist auch noch einmal in anderen Worten in dem
Wikipedia-Artikel zur Bundestagswahl erläutert:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bundestagswahl#Wahlgegenstand
Bei repräsentativen Wahlstatistiken zeigt sich im Übrigen, dass es nicht
ungewöhnlich ist, mit der Erst- und der Zweitstimme unterschiedliche
Parteien unterstützen. Von denen, die bei der Bundestagswahl 2013 mit
der Zweitstimme grün gewählt haben, haben dies nur etwa die Hälfte auch
mit der Erststimme getan. Ein Drittel der Erststimmen der
Grünen-Wähler*innen ging an die SPD-Kandidat*innen, knapp 8 Prozent an
die der CDU/CSU und gut drei Prozent an die der Linkspartei.
Weitere Infos zur repräsentativen Wahlstatistik:
https://www.bundeswahlleiter.de/bundestagswahlen/2013/ergebnisse/repraesentative-wahlstatistik.html
Ich hoffe ich konnte deutlich machen, dass eine Erststimme für mich
nicht viel bringt, aber eine Zweitstimme grün dafür sorgt, dass
möglichst viele grüne Abgeordnete
- für eine ökosoziale Energiewende,
- gegen Massentierhaltung
- für gut ausgebauten Öffentlichen Nahverkehr
- gegen Kinderarmut
- für eine Rente, die vor Armut sichert,
- für eine Fortentwicklung der EU,
- für das Nutzen der Chancen durch die Digitalisierung,
- für mehr Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger
und vieles mehr kämpfen. #DarumGrün
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Rostock