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Clemens Binninger
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Frage von Michael D. •

Frage an Clemens Binninger von Michael D. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Binninger,

ich bin doch ziemlich überrascht, welche Schwerpunkte nun einmal wieder nach dem traurigen Amoklauf in Winnenden gesetzt werden.

Warum wird erneut am Waffengesetz herumgebastelt, anstatt die Ursachen zu bekämpfen?

Aus welchen Gründen setzen sich die Innenminister bzw. deren Staatssekretäre eiligst zusammen und von den Familien- und Kultusministern hört man nichts? Können diese sich nicht auch eiligst zusammensetzen und bis Anfang Juni etwas konkretes beschließen?

Aus welchen Gründen wird nicht sofort gegen die Presse und die Fernsehsender vorgegangen, die eine ganz erhebliche Mitschuld an solchen Taten tragen. Das dies so ist, hat bereits im März 2007 die Kriminalistisch-Kriminologische Forschungsstelle im LKA Nordrhein-Westfalen festgestellt und in einem 17 seitigen Dokument veröffentlicht. Er gestern wurde anscheinend wieder in RTL ein Film aus einer Überwachungskamera in den USA gezeigt, in welchem zu sehen war, wie eine Mutter ihr Kind und sich selbst tötet. Artikel 5 GG garantiert zwar die Pressefreiheit, dort steht jedoch nicht, dass die Presse das Recht hat, Fotos und Namen der Täter und Opfer zu veröffentlichen. Hier besteht sicherlich ein dringlicherer Handlungsbedarf, als beim Waffenrecht.

Danke für Ihre Stellungnahme

Mit freundlichen Grüßen

Michael Danner

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Danner,

der schreckliche Amoklauf in Winnenden hat uns alle entsetzt. Wie sprachlos man vor einem solchen Verbrechen steht, wurde mir bei der Trauerfeier für die Opfer des Amoklaufs bewusst. Jeder Versuch, dieses schreckliche Verbrechen monokausal erklären zu wollen, greift meiner Ansicht nach zu kurz. Es gibt daher keine einfachen Antworten auf die Frage, wie man ein solches Verbrechen verhindern kann. Das bestätigt ja auch das von Ihnen angesprochene Papier des LKA Nordrhein-Westfalen.

Ich stimme aber nicht mit Ihnen überein, wenn Sie pauschal den Medien eine "erhebliche Mitschuld" an Amoktaten zuweisen wollen. Eine solche Interpretation lässt das Papier der Kiminalistisch-Kriminologischen Forschungsstelle des LKA Nordrhein-Westfalen eben nicht zu. Der Konsum von gewaltverherrlichenden Medien ist ein Faktor neben vielen anderen. Dass solche Inhalte nicht Bestandteil von Presse- und Fernsehbeiträgen sein sollten, versteht sich von selbst. Das sieht unter anderem auch der Kodex des Deutschen Presserats vor, der Verstöße im Bereich der Printmedien regelmäßig rügt.

Sehr kritikwürdig war meiner Einschätzung nach auch die Art und Weise, wie ein Teil der Medien über dieses Verbrechen berichtet hat. Der Presserat befasst sich aktuell mit über 60 Beschwerden, die zur Winnenden-Berichterstattung eingereicht wurden.

Die Politik muss sich dennoch fragen, wie sie noch mehr dazu beitragen kann, derartige Katastrophen in Zukunft nach Möglichkeit zu verhindern. Mancher rasche Ruf nach schärferen Gesetzen ist verständlich, kann aber eine sorgfältige Analyse von Ursache und Verbesserungsmöglichkeiten nicht ersetzen. Hier sollte man sich Zeit für eine ausführliche Debatte sinnvoller Vorschläge nehmen und Entscheidungen nicht überstürzen. Dass die Diskussionen nach dem Amoklauf weitestgehend in diesem Klima stattgefunden haben, ist zu begrüßen.

Wir wissen aber auch: Absolute Sicherheit kann es nie geben. Die Möglichkeiten des Gesetzgebers sind begrenzt - gerade wenn wir über mögliche Ursachen für Amokläufe sprechen. Wir müssen verantwortungsvoll nach echten Verbesserungen suchen, statt Symbolpolitik zu betreiben. Dazu gehört auch eine Debatte über die viel angesprochene Frage, ob im Waffengesetz, das 2008 zuletzt verschärft wurde, noch strengere Vorschriften vorzusehen sind. Bei genauem Hinsehen wird man erkennen, dass das bestehende Waffengesetz bereits strenge Auflagen enthält, bei deren Einhaltung der Amokläufer keinen Zugang zur Tatwaffe gehabt hätte. Deshalb halte ich es für notwendig, die Einhaltung des Waffengesetzes mehr als bisher durch einheitliche und wirkungsvolle Kontrollen sicherzustellen. Weitere Felder, auf denen wir handeln müssen, sind der Aufbau eines zentralen Waffenregisters, biometrische Sperrvorrichtungen für Waffen sowie geeignete Maßnahmen zur Reduzierung des Waffenbestandes.

Allerdings wird nicht nur das Waffengesetz zu diskutieren sein - auch wenn in der Öffentlichkeit manchmal dieser Eindruck entsteht. Im Bereich des Jugendschutzes stellt sich etwa die Frage, wie wir mit sog. Killerspielen umgehen. Dazu müssen unter anderem die Kriterien, an welche die USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) die Altersfreigabe bindet, überprüft werden und der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien muss größerer Einfluss eingeräumt werden. Ich habe den Eindruck, dass hier nicht immer streng genug geprüft wird. Auch ein Verbot von Killerspielen sollte dabei zur Debatte stehen. Ich stimme dem Bundespräsidenten zu, wenn er in Winnenden betont hat, dass es für so etwas keinen Markt geben kann.

So wenig sich das Verhalten des Amokläufers mit einer Ursache erklären lässt, so wenig können gesetzgeberische Maßnahmen alleine solche Verbrechen verhindern. In diesem Sinne kann ich die Worte unseres Bundespräsidenten bei der Trauerfeier in Winnenden nur unterstreichen: "Nicht nur der Staat ist da gefordert. Es ist auch eine Frage der Selbstachtung, welche Filme ich mir anschaue, welche Spiele ich spiele, welches Vorbild ich meinen Freunden meinen Kindern und Mitmenschen gebe."

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Binninger