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Clemens Binninger
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Frage von Jürgen K. •

Frage an Clemens Binninger von Jürgen K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Binninger,

unser Innenminister H. Wolfgang Schäuble hat eine "Zukunftsgruppe" der EU-Innenminister einberufen, welche unter anderem ein Konzept für die künftige Nutzung von elektronischen Daten ausarbeitet ("Stockholmer Programm").
Sicherheitsbehörden soll künftig die Befugnis gegeben werden, auf ALLE elektronischen Transaktionsdaten, welche im täglichen Leben anfallen (Bank, Internet, Kartenzahlungen, Telefonate...), zuzugreifen, und diese Auszuwerten. Umfassende Persönlichkeitsprofile sollen hier über jeden Bürger/Bürgerin erstellt werden können.
Zur umfassenderen Information bitte ich Sie, folgenden Artikel bei Heise zu lesen (bitte unbedingt auch den weiterführenden Link in dem Artikel).

http://www.heise.de/newsticker/EU-Innenpolitiker-wollen-saemtliche-digitalen-Nutzerspuren-ueberwachen--/meldung/115770

Wie stehen Sie als Demokrat und Bundestagsabgeordneter zu den Bestrebungen des Herrn Schäuble, hier einen Überwachungsstaat aufzubauen?

Viele Grüße
Jürgen Klausnitzer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Klausnitzer,

gerne beantworte ich Ihre Frage.

Die von Ihnen angesprochene Zukunftsgruppe wurde unter der deutschen EU-Ratspräsidenschaft auf Vorschlag von Innenminister Dr. Wolfgang Schäuble und dem damaligen für Inneres und Justiz zuständigen Vize-Präsidenten der EU-Kommission, Franco Frattini, eingesetzt. Ziel der Gruppe war es, Vorschläge für das nächste Mehrjahresprogramm der Europäischen Union für den Bereich Inneres und Justiz zu erarbeiten.

Die Zukunftsgruppe hat Überlegungen für eine Weiterentwicklung einer europäischen Innenpolitik und einer Verbesserung der Kooperation der Mitgliedsstaaten ausgearbeitet. Dabei ging es um alle Bereiche der Innenpolitik, wie die Bekämpfung des Terrorismus, eine europäische Migrations- und Asylpolitik oder den Bevölkerungsschutz. Eine Rolle spielte dabei auch die Verbesserung des Datenaustausches zwischen den Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Verbrechen und zur Verfolgung von Straftaten.

Und hier sind zwei ganz zentrale Entwicklungen zu verzeichnen:

(1) Mit dem Schengen-Abkommen sind die Grenzkontrollen zwischen der meisten EU-Staaten weggefallen. Das ermöglicht einen uneingeschränkten Personen- und Warenverkehr innerhalb der Schengenstaaten. Genauso sind die Grenzkontrollen aber auch für Kriminelle weggefallen, für den organisierten Menschenhandel oder Drogenschmuggel.

(2) Innerhalb der letzten Jahre hat eine rasante Entwicklung der Telekommunikations- und Informationstechnologien stattgefunden. Die Beschaffung von Informationen und das Versenden von Nachrichten ist über Internet und Mobiltelefonie innerhalb kürzester Zeit von nahezu jedem Ort aus möglich. Genauso werden aber auch Personen von Extremisten über das Internet angeworben und fanatisiert, werden Bombenbauanleitungen elektronisch verschickt und Anschläge vorbereitet.

Daraus ergeben sich neue Fragen an Sicherheit und Datenschutz. Dem versucht das Papier, das die europäischen Innenminister entwickelt haben, Rechnung zu tragen.

Ich begrüße eine Verbesserung des Datenaustausches innerhalb der Europäischen Union, die ja auch Teil einer enger zusammenwachsenden EU-Politik im Bereich Justiz und Polizei ist. Dabei geht es nicht darum, auf alle verfügbaren Daten zurückzugreifen und schon gar nicht darum, Persönlichkeitsprofile zu erstellen. Den nationalen Sicherheitsbehörden soll eine verbesserte Möglichkeit gegeben werden, im Rahmen der Strafverfolgung auf Daten anderer Behörden zugreifen zu können. Und für diesen Rückgriff wird es - wie auch im nationalen Rahmen - strenge rechtsstaatliche Grenzen geben.

In diesem Zusammenhang kommt dem Datenschutz eine zentrale Rolle zu und ich nehme dieses Thema sehr ernst. Die Frage nach der Balance zwischen Freiheit und Sicherheit muss mit der notwendigen Seriosität behandelt werden. Vorschläge des Innenministers pauschal als "Überwachungsstaat" abzuqualifizieren, ist dabei nicht hilfreich und nicht akzeptabel. Auf solcher Grundlage führe ich auch keine Diskussion.

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Binninger