Frage an Clemens Binninger von Raffael M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Binninger,
meine Familie und ich sind heute in den Genuss der Identifikationsnummer nach $139b AO gekommen.
Ich möchte an dieser Stelle keine Diskussion über den Sinn oder Unsinn bzw. der Verfassungsmässigkeit dieser neuen ID starten, aber mindestens eine Sache ist mir übel aufgestossen:
Beim Vergleich der Nummern stellte ich fest, daß meine Identfikationsnummer und diejenige meiner Frau an 8 (acht!) von 11 Stellen exakt übereinstimmen. Ebenso verhält es bei meinen Kindern. 8 (acht!) von 11 Stellen sind völlig identisch.
Darüberhinaus sind bei uns allen sind Ziffern an Stelle 4,5 und 6 (von Rechts) ebenfalls exakt gleich.
Ich habe mir bisher nicht die Mühe gemacht die statistische Wahrscheinlichkeit für diese Verteilung zu berechnen, sofern diese Nummern tatsächlich zufällig sein sollten, aber sie dürfte sich in der Größenordnung eines hohen Lottogewinns bewegen.
In den Hinweisen zur Identifikationsnummer heisst es lapidar "... Sie enthält keine Information über sie oder das zuständige Finanzamt ...".
Leider kann ich dem keinen Glauben schenken, da die Nummern äußerlich mehr als nur den Anschein einer Systematik erwecken.
Daher würde mich interessieren:
1. Wie und durch wen wird sichergestellt, daß die Nummern tatsächlich "zufällig" erstellt und zugewiesen werden, sofern es denn so wäre?
2. Wenn eine Systematik hinter den Nummern steht, würde ich gerne wissen wie sich diese aufbaut, wenn angeblich keine Informationen über die Person und deren zuständiges Finanzamt aus der Nummer abgeleitet werden können.
3. Was werden Sie und Ihre Partei unternehmen, sollte 2. zutreffen?
Ich kann natürlich nicht ausschließen, daß die Nummern tatsächlich nur zufällig so verteilt sind. Aber sechs Richtige im Lotto hatten wir bisher noch nicht und ich kann mir schwerlich vorstellen, dass unserer Familie ausgerechtet bei der Identifikationsnummer, statistisch gesehen, ähnliches Glück widerfährt.
Danke im voraus für ihre Antworten
Raffael Marcovacky
Sehr geehrter Herr Marcovacky,
vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der Steuer-Identifikationsnummer nach § 139b AO, die ich hiermit gerne beantworte.
Die von Ihnen beschriebenen Übereinstimmungen zwischen Ihrer Steuer-Identifikationsnummer und der Ihrer Frau sowie zwischen den Nummern Ihrer Kinder sind in der Tat auffällig. Daher habe ich Ihre Anfrage zum Anlass genommen, mich beim zuständigen Bundeszentralamt für Steuern danach zu erkundigen, wie die Steuer-Identifikationsnummern erstellt wurden. Nach Angaben des Bundeszentralamts sind die Nummern nach einem Permutationsverfahren zufällig generiert worden.
Im Detail stellt sich das Verfahren folgendermaßen dar: Zuerst wurde eine Zahlenfolge nach dem Schema 123456789X mit allen Ziffern von 1 bis 9 sowie einer weiteren Ziffer X zwischen 1 und 9 erstellt. Die Abfolge der einzelnen Ziffern wurde anschließend nach dem Zufallsprinzip vertauscht, wodurch mehr als 100 Millionen Zahlenkombinationen entstanden sind, beispielsweise für X=3 die Kombination 5839123476.
Dieser zehnstelligen Zahlenfolge wurde dann an elfter Stelle eine Prüfziffer angehängt. Die nun elf-stelligen Zahlen wurden anschließend nach der ersten Ziffer gruppiert und in neun Pakete gefasst. Für die Zuordnung der Steuer-Identifikationsnummern wurden dabei lediglich die Pakete mit den Anfangsziffern 4-9 verwendet. Schlussendlich wurden die Datensätze der einzelnen Meldebehörden über die Steuerpflichtigen abwechselnd einer Zahlenkombination aus den Paketen zugeordnet.
Auf Nachfrage teilte mir das Bundeszentralamt weiterhin mit, dass die von Ihnen geschilderten Übereinstimmungen zwar äußerst unwahrscheinlich seien, aber in Einzelfällen nicht ausgeschlossen werden könnten. Es bestünde keinerlei Systematik, die zufällig entstandene Übereinstimmungen verhindere.
Um diese Aussage zumindest grob abzusichern, habe ich mich bei vier Familien aus meinem persönlichen Umfeld über auffällige Übereinstimmungen zwischen den Steuer-Identifikationsnummern informiert. Bereits diese kleine Stichprobe brachte allerdings zum Vorschein, dass es bei zwei der vier Familien ebenfalls signifikante Übereinstimmungen gibt. Diese Übereinstimmungen waren zum Teil sogar noch auffälliger als bei Ihnen - bis zu acht aufeinanderfolgende Ziffern waren identisch!
Übereinstimmungen bedeuten sicherlich nicht, dass die jeweilige Steuer-Identifikationsnummer systematisch aus Daten über den Steuerpflichtigen generiert worden ist oder aus der Nummer Rückschlüsse auf ihn möglich sind. Dies stünde auch im eklatanten Widerspruch zu § 139a AO. Allerdings sind Übereinstimmungen, wie ich sie festgestellt habe, bei dem oben beschriebenen Verfahren der Nummernvergabe mit Zufall allein auch nicht zufriedenstellend zu erklären.
Um Klarheit in der Sache zu schaffen, habe ich Ihren Fall und die anderen beiden zum Anlass genommen, Finanzminister Steinbrück die Angelegenheit in einem persönlichen Schreiben zu schildern und ihn eindringlich darum gebeten, dem Sachverhalt nachzugehen. Sobald seine Antwort vorliegt, werde ich Sie darüber informieren.
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Binninger MdB