Frage an Clemens Binninger von Fabian S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Binninger,
warum werden Erhöhungen der Diäten nicht an die Reallohnentwicklung gekoppelt?
Kein Mensch in diesem Lande hätte etwas gegen die Erhöhung der Bezüge von Abgeordneten, wenn die Menschen die Sie vertreten sollen, auch zu Abwechslung mal mehr in der Tasche hätten.
Da aber das Gegenteil der Fall ist, kann kaum jemand nachvollziehen warum Sie derartige Ansprüche haben.
Mit freundlichen Grüßen
Fabian Sandforth
Sehr geehrter Herr Sandforth,
vielen Dank für Ihren Beitrag vom 29. November.
Was die Diskussion um die Angemessenheit der Abgeordnetendiäten angeht, möchte ich grundsätzlich auf meine Antwort an Herrn Dr. Hering vom 26. November 2007 verweisen.
Darüber hinaus möchte ich zwei Anmerkungen machen:
1) Warum findet keine Koppelung an die Reallohnentwicklung statt?
Es wurde in der Vergangenheit mehrmals darüber diskutiert, hier einen Automatismus einzuführen, der die Diätenerhöhung an die Lohnentwicklung bindet. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings unter anderem mit seinem Diätenurteil von 1975 untersagt, dass eine automatische Erhöhung stattfinden darf. Vielmehr muss jede Erhöhung im Deutschen Bundestag diskutiert werden. Ziel ist es, dadurch eine öffentliche Debatte zu erreichen.
Wie Sie vielleicht wissen, sieht das heute gültige Diätensystem vor, dass sich die Abgeordnetenentschädigung an der Besoldung von Richtern an Bundesgerichten und von hauptamtlichen Bürgermeistern bzw. Oberbürgermeistern von größeren Städten zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern orientieren soll. Der aktuelle Beschluss, die Abgeordnetenentschädigung in zwei Stufen bis 2009 auf 7668 zu erhöhen, hebt die Diäten ungefähr auf dieses Vergleichsniveau. Für die Zukunft ist vorgesehen, Diätenerhöhungen an der Entwicklung der Vergleichsgruppen zu orientieren. Insofern werden wir es in Zukunft mit einer indirekten Koppelung an die Einkommensentwicklung dieser Gruppen, die erfahrungsgemäß unterhalb der allgemeinen Entwicklung liegt, zu tun haben.
2) Sie sprechen auch die allgemeine Lohnentwicklung an. Wenn Sie die allgemeine Lohnentwicklung betrachten, werden Sie feststellen, dass sowohl langfristig als auch kurzfristig die Diäten deutlich hinter der Lohnentwicklung zurück geblieben sind.
Seit der Einführung des Diätensystems im Jahre 1977 sind die Tarifverdienste in der Gesamtwirtschaft um 157% gestiegen, die Abgeordnetenentschädigung hingegen um 83%. 2000 bis 2006 Jahre sind die Löhne und Gehälter durchschnittlich um 14,4 % gestiegen. Die Diäten haben sich in den letzten acht Jahren um 6,3 % erhöht, wie sie der unten stehenden Tabelle entnehmen können. Seit 2004 wurde genau mit dem von Ihnen angeführten Argument – nämlich einer schlechten gesamtwirtschaftlichen Lage und damit geringen allgemeinen Lohnsteigerungen in Deutschland – auf eine Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung verzichtet.
Jahr Diäten Bundestag ..... Löhne und Gehälter
2000 .............. +0,6 % ..............+2,4 %
2001 .............. +1,9 % ..............+2,1 %
2002 .............. +1,9 % ..............+2,6 %
2003 .............. +1,9 % ..............+ 2,4 %
2004 ................... 0 % ...............+2,0 %
2005 ................... 0 % ........ ..... +1,6 %
2006 ................... 0 % .............. + 1,3%
2007 ................... 0 % .................... ./.
(Quellen: Diäten: Deutscher Bundestag; Lohne und Gehälter: Hans-Böckler-Stiftung (alte Bundesländer))
Diese Überlegungen gehören zur Diskussion – auch wenn Sie oft nicht wahrgenommen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Binninger