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Frage von Tilman W. •

Frage an Clemens Binninger von Tilman W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Binninger,

ab dem Jahr 2008 sollen alle E-Mails gespeichert und alle Telefongespräche (sowohl über Festnetz als auch Handy) durch die Vorratsdatenspeicherung gespeichert werden.
Mich interessiert, wie Sie zu diesem Gesetz stehen und welchen Nutzen sie hier sehen.
Ich persönlich empfinde diese Überwachung als extremen Eingriff in die Privatssphäre der deutschen Bürger.
Da man, wenn ein gewisses technisches Verständnis vorhanden ist, diese Überwachung umgehen kann (wie etwa durch Verschlüsselte E-Mails), kommt natürlich bei vielen Menschen in Deutschland die Vermutung auf, diese Vorratsdatenspeicherung richte sich gegen "Normal-Bürger" und nicht gegen "richtige" Kriminelle, wie z.B. Terroristen.
Durch die Ankündigung, auch der Musik- und Filmindustrie diese Daten zugänglich zu machen, hat die Bundesregierung diesen Verdacht natürlich verstärkt.
Denken Sie nicht auch, dass man eine solche Überwachung, wenn sie denn schon vorhanden ist, wirklich nur gegen Terroristen (die wahrscheinlich nicht so dumm sein werden, ihre "brisanten" E-Mail unverschlüsselt und über deutsche Server zu senden) anwenden sollte und nicht gegen Bürger, die mit Filesharing oder ähnlichem, nicht gerade eine Bedrohung für unsere Demokratie darstellen?
Über eine Antwort Ihrerseits würde ich mich sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen Tilman Wörz

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Wörz,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich hiermit gerne beantworte. Derzeit gibt es in Deutschland keine Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung. Unternehmen dürfen Verkehrsdaten allerdings nach den Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes für geschäftliche Zwecke längstens für sechs Monate speichern. In der Praxis bedeutet dies, dass der überwiegende Teil der Daten, die gemäß den neuen Regelungen gespeichert werden müssen, bereits heute von den Betreibern gespeichert wird. Auch zukünftig sollen diese Daten ausschließlich von den Betreibern, aber nicht von staatlichen Stellen gespeichert werden. Neu ist die Verpflichtung zur Speicherung.

Ein Zugriff von Seiten des Staates auf diese Daten wird nur bei begründetem Verdacht möglich sein und genauen Bestimmungen unterliegen. Durch klare rechtstaatliche Regelungen wird dem Schreckbild des gläsernen Bürgers widersprochen: Daten werden nur für sechs Monate, nicht länger gespeichert, außerdem werden beispielsweise nicht Gesprächsinhalte sondern lediglich die Verbindungsdaten von Telefongesprächen aufgezeichnet.

Bei der Vorratsdatenspeicherung geht es in erster Linie um die Verfolgung schwerwiegender Verbrechen, wie Kinderpornographie oder Terrorismus. Gerade in diesen beiden Bereichen spielen Mobiltelefone, das Internet und andere Kommunikationsmittel eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Tatvorbereitung. Bei schweren und schwersten Straftaten ermitteln zu können, wer mit wem regelmäßig telefoniert und vielleicht Teil eines Netzwerks ist, halte ich für außerordentlich wichtig. Alles andere hieße Strafverfolgungsbehörden künstlich unwissend zu halten, was aber ernsthaft niemand wollen kann.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie aber auch auf einen Beschluss des Amtsgerichts Offenburg hinweisen (Az. 4 Gs 442/07), das der ansässigen Staatsanwaltschaft untersagt hat, mittels Provider-Anfrage die Identität eines MP3-Tauschbörsennutzers festzustellen, da es sich im vorliegenden Fall um Bagatellkriminalität gehandelt habe. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss meines Erachtens auch für die Nutzung der vorrätig gespeicherten Daten gelten.

Möglicherweise wird es einzelne Straftäter geben, wie Sie vermuten, die über entsprechende Kenntnisse verfügen, um sich der Verfolgung durch die Behörden zu entziehen. Das kann aber ernsthaft kein Argument gegen dieses Instrument der Verbrechensbekämpfung sein. Kriminelle versuchen z.B. zu allen Zeiten am Tatort keine Fingerabdrücke zu hinterlassen, trotzdem sind die Erfolge der Daktyloskopie mehr als beachtlich und niemand würde auf die Idee kommen, auf dieses Instrument zu verzichten. Daher halte ich auch die Vorratsdatenspeicherung für ein geeignetes und zeitgemäßes Instrument der Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung!

Gestatten Sie mir abschließend noch den Hinweis, dass Sie mich auch direkt per Mail unter clemens.binninger@bundestag.de erreichen können. Informationen über meine Arbeit finden Sie auf meiner Homepage ( www.clemens-binninger.de ). Dort finden Sie auch meine übrigen Kontaktdaten.

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Binninger MdB