Frage an Clemens Binninger von Gerhard W. bezüglich Wirtschaft
Guten Tag, Herr Binninger,
wohl wahr, dass Politik kein leichtes Geschäft ist. Was mich stört, sind vollblumige Ankündigungen, Wahlversprechen etc. etc.
Was halten Sie davon, z.B. mal die Steuervereinfachung mit anzupacken. Ich rege mich jedes Jahr aufs neue auf, dass ständig neue unübersichtlichere und kompliziertere Formulare an mich versandt werden.
Hier gilt es, mal auszumisten und gründlich auf wenige Einkommensarten sich zu konzentrieren. Grossindustrie, Mittelstand und einfacher Bürger müssen gleichmässiger und gerechter behandelt werden.
Ich bin gespannt, welche Überlegungen Sie in dieser Richtung planen.
Eine Steuerreform muss nicht weniger sondern wird eher mehr Steuern generieren.
Freundliche Grüße
Gerhard Weil
PS: Ein bescheidenes Anliegen zum Anfang. Vom Wildwuchs der Bürokratie in unserem Land wollen wir im Moment mal absehen.
Sehr geehrter Herr Weil,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Gestatten Sie mir den Hinweis, dass Sie mich auch direkt per Mail unter clemens.binninger@bundestag.de erreichen können. Informationen über meine Arbeit finden Sie auf meiner Homepage ( www.clemens-binninger.de ), dort finden Sie auch meine übrigen Kontaktdaten.
Ich stimme Ihnen in der Einschätzung, dass das deutsche Steuerrecht zu kompliziert ist, zu und halte daher viel davon, Steuerreformen mit Vereinfachungen in diesem Bereich anzugehen. Wie Sie sicher verfolgt haben, bewegt sich hier auch etwas. Das belegen nicht zuletzt die Unternehmenssteuerreform und die aktuelle Debatte um die Neugestaltung der Erbschaftssteuer.
Wenn Sie mir ein Beispiel für die von Ihnen erwähnten komplizierten Formulare zukommen lassen, werde ich mich im konkreten Fall gerne der Sache annehmen.
Eine große Steuerreform, die das Steuerrecht radikal vereinfacht und auf wenige Steuerarten begrenzt, wie sie die Union um Bundestagwahlkampf mit Paul Kirchhof vertreten hat, war damals und ist heute eine Zielvorgabe für einen Zustand im Steuerrecht, den wir erreichen wollen, jedoch kein Projekt, das innerhalb einer Legislaturperiode umsetzbar wäre. Wie in vielen Bereichen, sind Lösungen auch hier theoretisch klar darstellbar und finden auch Zustimmung, wenn sie abstrakt diskutiert werden. Sobald sie konkret umgesetzt werden, regt sich aber an vielen Stellen Widerstand – schließlich geht es bei Steuerreformen darum, wie viel Geld Bürger und Unternehmen an den Staat abzuführen haben. Manche der Einwände haben ihre Berechtigung, andere dienen allein der Besitzstandswahrung. Gemeinsam haben sie jedoch, dass sie Reformen erschweren. Letztlich zeichnet das aber auch eine Demokratie aus, für einen Interessenausgleich zu sorgen.
Es sind also auch hier die kleine Schritte, die zum Ziel führen. Wie so oft werden kleine Schritte – auch aufgrund der medialen Vermittlung – nicht wahrgenommen, sondern nur große Würfe. Das gilt auch für den zweiten Aspekt, den Sie ansprechen: Bürokratieabbau. Hier ist jedes Ministerium dabei, Vorschriften abzubauen.
Entgegen Ihrer Wahrnehmung hat die Regierung Merkel einen ganzen Maßnahmenkatalog zum Bürokratieabbau beschlossen und umgesetzt: Am 29. Juni 2006 hat der Deutsche Bundestag das 1. Mittelstands-Entlastungs-Gesetz (MEG) verabschiedet. Als Sofortmaßnahme wurden 16 konkrete Maßnahmen auf den Weg gebracht. In einem 37 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog zur Entlastung des Mittelstands, der noch in der laufenden Legislaturperiode in größere fachpolitikbezogene Reformvorhaben integriert werden soll, sind weitere Bürokratieabbaumaßnahmen zusammengefasst, die eine spürbare Entlastung für Unternehmen mit sich bringen werden. Einige Beispiele bereits umgesetzter Bürokratieabbaumaßnahmen möchte ich Ihnen nachfolgend geben:
1. Zur Entlastung und besseren Liquidität kleinerer und mittlerer Unternehmen ist zum 1. Juli 2006 die Grenze bei der Umsatzbesteuerung (Ist-Besteuerung) von 125.000 Euro auf 250.000 Euro angehoben worden. Das bedeutet, die Unternehmen müssen bei einem Gesamtumsatz bis zu 250.000 Euro künftig die Umsatzsteuer erst abführen, wenn ihre Kunden die Rechnungen bezahlt haben.
2. Buchführungspflichten wurden eingeschränkt auf Unternehmen mit einer Umsatzhöhe von mindestens 500.000 € (früher 350.000 €).
3. 8.300 Unternehmen wurden von der vierteljährlichen Handwerksberichterstattung befreit.
4. 12.500 Unternehmen wurden teilweise und 3.300 Unternehmen vollständig von Meldungen zur EU-Handelsstatistik befreit.
5. Von 2007 an werden 20.000 Unternehmen von den monatlichen Meldungen zur Statistik im produzierenden Gewerbe befreit sein.
Mit dem Entwurf des "Zweiten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft", setzt die Bundesregierung ihre vielfältigen Entbürokratisierungs- und Deregulierungsbemühungen konsequent fort. Der Gesetzentwurf beinhaltet weitere 17 Maßnahmen, mit denen im Kern vor allem klein- und mittelständische Unternehmen sowie Existenzgründer in den Bereichen Statistik, Buchführung, Sozialversicherungs-, Gewerbe-, Preis- sowie Straßenverkehrsrecht entlastet werden. Den Gesetzentwurf können Sie im Internet einsehen: www.cducsu.de/section__1/subsection__1/id__12174/BTAktuell.aspx
Ich finde, das ist eine gute und erfolgreiche vorläufige Bilanz, weitere Maßnahmen werden folgen. Die eingeleiteten Bürokratieabbaumaßnahmen sind zu einem überwiegenden Teil die Umsetzung der Ergebnisse, wie sie die "Arbeitsgruppe Bürokratieabbau" der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der letzten Legislaturperiode erarbeitet hat.
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Binninger MdB