Frage an Clemens Binninger von Katja Della C. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Binninger,
warum haben Sie im Deutschen Bundestag für die Entsendung von Tornados nach Afghanistan gestimmt, obwohl unter dem völkerrechtswidrigen Hinweis auf das "Selbstverteidigungsrecht" seit über fünf Jahren in Afghanistan ein schrecklicher Krieg geführt wird? Dieser Krieg hat bereits Tausenden von Zivilisten und Soldaten das Leben gekostet. Glauben Sie wirklich Krieg kann die Probleme in Afghanistan lösen? Sollte man das Geld nich lieber dafür ausgeben, dass Afghanistan durch Ausbau von Infrastrukturmaßnahmen u.a. im Bereich von Gesundheit und Bildung eine echte Chance bekommt?
Mit freundlichen Grüßen
Katja della Camera
Sehr geehrte Frau Della Camera,
vielen Dank für Ihre Frage. Gestatten Sie mir den Hinweis, dass Sie mich auch direkt per Mail unter clemens.binninger@bundestag.de erreichen können. Informationen über meine Arbeit finden Sie auf meiner Homepage (www.clemens-binninger.de), dort finden Sie auch meine übrigen Kontaktdaten.
Deutschland als Mitglied der NATO ist von Briten und Amerikanern um Hilfe gebeten worden. Diesem Gesuch will die Bundesregierung nachkommen. Das Bundeskabinett hat einvernehmlich entschieden, für die Entsendung von Tornados nach Afghanistan die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen. Die Entsendung der "Tornados" wurde daher in einem eigenständigen Mandat festgelegt. Dieses baut auf dem derzeitigen und unverändert gültigen ISAF-Mandat auf und ergänzt es. Es ist gut, dass es weder der Bundesregierung noch dem Deutschen Bundestag leicht fällt, der Bitte unserer Verbündeten nachzukommen.
Ich begrüße die Ausweitung des deutschen Engagements in Afghanistan. Mit den Tornados wird es möglich sein, Gefahren rechtzeitig zu erkennen. Somit erhöhen die Aufklärungsflug-zeuge die Sicherheit unserer Soldaten und die unserer Verbündeten. Freiheit und Demokratie werden in Zeiten des global agierenden Terrorismus und einer neuen, asymetrischen Bedrohung auch am Hindukusch verteidigt. Wer diesen Zusammenhang leugnet, handelt verantwortungslos gegenüber unseren ureigenen Sicherheitsinteressen.
Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ist über UN-Mandat und Mandat des Deutschen Bundestages abgesichert, insofern ist Ihr Hinweis auf einen völkerrechtswidrigen Krieg in Afghanistan falsch.
Das militärische Engagement von über 70 Staaten dieser Erde im Rahmen von "Operation Enduring Freedom" schafft die Voraussetzungen für eine friedliche Entwicklung der Bürgergesellschaft in Afghanistan. Die Verschlechterung der Sicherheitssituation darf nicht zu einem Rückgang der Unterstützung, sowohl militärischer als auch ziviler Art führen. Damit würde nur den wieder erstarkenden Taliban in die Hände gespielt. Deutschland wird auch in diesem Jahr den Wiederaufbau Afghanistans mit 80 Mio. € unterstützen. Der deutsche Schwerpunkt soll auf den raschen Ausbau der Energieversorgung gelegt werden. Um dem Drogenanbau eine Alternative entgegen zu setzen, sollen zukünftig die regionalen Wirtschaftskreisläufe gestärkt werden und eine Exportförderagentur aufgebaut werden. Insgesamt sind internationale Aufbauhilfen in Höhe von 8,2 Milliarden Dollar für die Jahre 2004 bis 2007 sowie die Entsendung von fünf Wiederaufbauteams aus Soldaten und zivilen Helfern für die verschiedenen Regionen des nach wie vor gefährdeten Landes vereinbart.
Lassen Sie mich noch eine ganz persönliche Erfahrung schildern: Im vergangenen Jahr hatte ich Frauen und Männer aus verschiedenen afghanischen Parlamenten für einen Tag in meinem Wahlkreis zu Gast. Diese Begegnungen und Gespräche haben mich tief beeindruckt: "Lassen Sie sich durch die derzeitige Lage nicht entmutigen, die Bevölkerung hat viel Sympathien für die Deutschen im Land und wir brauchen Ihre Unterstützung", so ein Teilnehmer der Delegation. Diese Männer und Frauen kämpfen - teilweise unter Einsatz ihres Lebens - für den Aufbau der Demokratie in ihrem Land. Sie haben unsere Unterstützung verdient. Eine Unterstützung, die aktuell auch einer Präsenz der Bundeswehr bedarf. Ich wünsche mir, dass dies bald nicht mehr notwendig sein wird. Zur Zeit und in naher Zukunft ist es aber leider notwendig.
In der Tageszeitung "Die Welt" war am 8. Februar folgender Kommentar zu lesen:
"Viele Zeitgenossen mögen [die Allianz gegen den Terror] für gering erachten. Ihnen gilt folgendes Gedankenspiel: Der Westen scheitert in Afghanistan, Amerikaner und Briten verlieren im Irak, der Libanon fällt in die Hände der Hisbollah, und Teheran verschafft sich die Atombombe. In dieser Lage lernt man die NATO schätzen. Auch um sie für diesen Fall stark zu halten, werden deutsche Flugzeuge nach Afghanistan gesandt."
Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass wir in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gemeinsam mit unserem Koalitionspartner einen Entschließungsantrag zum Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte in Afghanistan vorbereitet haben, in dem die Nachhaltigkeit des Wiederaufbaus in Afghanistan besonders im zivilen Bereich angemahnt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Binninger MdB