Frage an Clemens Binninger von Markus B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Binninger,
in Ihrer Funktion als Referent für Innen- und Sicherheitspolitik im Deutschen Bundestag möchte ich Ihnen gerne eine Frage stellen: Der Bundesinnenminister (CDU) bringt wiederholt, und obwohl das Bundesverfassungsgericht dies bereits ablehnte, den Abschuss von entführten Flugzeugen zur Verhinderung terroristischer Anschläge ins politische Tagesgeschehen. Meiner Meinung nach verbietet bereits das Grundgesetz das Töten unschuldiger Passagiere und eine Abwägung ´Leben gegen Leben´ ist meiner Meinung nach unvollstellbar. Auch der Verhältnismaessigkeitsgrundsatz, der angeführt wurde, um durch das Töten von Passagieren bei einem Abschuss einen grösseren Schaden zu verhindern, ist mehr als fragwürdig. Weiterhin scheint mir ein Abschuss über Bundesgebiet schon daher kaum angebracht, weil die dichte Bebauung von Wohnsiedlungen und sonstigen Gebieten sicher einen sehr großen Schaden bei Personen auf dem Boden anstellen würde. Ich habe den Flugzeugabsturz von Überlingen erlebt und kann Ihnen versichern, dass die Erwägung des Bundesministers, ein Flugzeug abzuschießen, eine Katastrophe bedeuten würde. Wie sehen Sie diese Angelegenheit als Fraktionsvorsitzender der CDU und wie würdigt die CDU Fraktion das Anliegen des Bundesministers? Ist denn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht hier bindend?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Markus Bressler
Sehr geehrter Herr Bressler,
vielen Dank für Ihre Mail. Bevor ich auf Ihre Frage eingehe, erlauben Sie mir zwei Hinweise:
1. Sie können mich jederzeit direkt unter meiner Email Clemens.Binninger@bundestag.de oder meine Homepage www.Clemens-Binninger.de erreichen. Auf meiner Homepage finden Sie einerseits meine weiteren Kontaktdaten, andererseits auch einige Beiträge zu dem von Ihnen angesprochenen Thema.
2. Es ehrt mich zwar, dass Sie mich als Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion bezeichnen, ich bin es aber nicht.
Nun aber zu Ihrer eigentlichen Frage:
Hinsichtlich der Anforderungen an absolute Ausnahmefälle, die den Einsatz der Streitkräfte im Innern ermöglichen, ist m. E. eine Grundgesetzänderung dringend notwendig.
Das Bundesverfassungsgericht hat das von Rot-Grün vorgelegte Luftsicherheitsgesetz zu Recht verworfen. Damit ist der Gesetzgeber allerdings nicht aus der Verpflichtung entlassen, diesen Bereich der Bedrohung abschließend zu regeln. Die vom 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts angedeuteten Zweifel an der Regelbarkeit der Tötung von Passagieren eines entführten Luftfahrzeuges, haben den Gesetzgeber in ein kaum lösbares Dilemma gestürzt: Die Schutzpflicht des Staates gegenüber den Menschen, die auf der Erde als Anschlagsziel durch das entführte Luftfahrzeug bedroht sind, steht dem Schutz der Menschenwürde für die sich in der entführten Maschine befindlichen Passagiere gegenüber. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil die Regelung des Abschusses im Bereich der Gefahrenabwehr als nicht möglich beurteilt.
Allerdings entbindet uns das nicht von der Pflicht zu prüfen, ob es auch andere Wege gibt, um hier Rechtssicherheit zu erreichen.
Der Bundesinnenminister hat hierzu einen Vorschlag gemacht, den wir in den nächsten Wochen gemeinsam mit den Verteidigungs- und Rechtspolitikern unserer Fraktion intensiv diskutieren werden.
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Binninger, MdB