Frage an Clemens Binninger von Roland W. bezüglich Gesundheit
Warum hat die Gesundheitsreform auch Auswirkungen auf die Privatversicherten? Was können die Privatversicherten dafür, wenn die gesetzlichen Krankenkassen bankrott sind. Wieso kann von Privatversicherten Solidaritätsopfer gefordert werden? Ich habe als Rentner selbst mit meiner finanziellen Situation zu kämpfen und habe kein Geld für sozialistische Experimente!
Sehr geehrter Herr Wörner,
vielen Dank für Ihre Mail. Vorab gestatten Sie mir den Hinweis, dass Sie mich auch direkt per Mail clemens.binninger@bundestag.de erreichen können; ebenso können Sie mich über meine Homepage (www.clemens-binninger.de) erreichen, dort finden Sie auch meine übrigen Kontaktdaten.
Nun aber zu Ihrer Kritik an der Einbeziehung der Privaten Krankenversicherungen (PKV) in die Gesundheitsreform. Die PKV funktioniert als eines der wenigen marktwirtschaftlich ausgerichteten Teilsysteme in unserem Gesundheitswesen insgesamt gut. Die Union hat daher auf den Erhalt der PKV auch gegen erhebliche Widerstände bei der SPD bestanden und eine Zerschlagung des privaten Krankenversicherungssystems verhindert. Dennoch existiert an verschiedenen Punkten auch bei der PKV Reformbedarf. Die Gesundheitsreform geht auch im Bereich der privaten Krankenversicherung die Probleme an. Nehmen wir beispielsweise den Aspekt der Portabilität der Altersrückstellungen: Wer im Alter seine Versicherung wechseln möchte, kann dies nur mit erheblichen finanziellen Einbußen tun. Das ist alles andere als wettbewerbs- und verbraucherorientiert, sondern ein Quasi-Zwangssystem. Die Gesundheitsreform schafft hier die Möglichkeit, Altersrückstellungen bei einem Versicherungswechsel mitzunehmen, was im elementaren Interesse des Versicherten liegt.
Ein weiterer Aspekt ist der Basistarif. Mit dem Basistarif soll allen freiwillig gesetzlich Versicherten ein Einstieg in die private Krankenversicherung erleichtert werden. Außerdem soll er Menschen, die vormals privat versichert waren, aber aufgrund finanzieller Problemen etwa in Folge von Arbeitslosigkeit ihren Versicherungsschutz verlieren, eine angemessene Gesundheitsversorgung ermöglichen. Das private Krankenversicherungssystem wird gestärkt, indem es für eine breitere Zahl von Menschen attraktiver gemacht wird.
Der Basistarif orientiert sich an dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung und wird je nach Alter und Geschlecht unterschiedlich hoch sein, die Höchstgrenze von 500 € im Monat aber nicht überschreiten. Ein Risikozuschlag ist nicht vorgesehen. Damit wird ein Element des solidarischen Ausgleichs unter den privat Versicherten eingeführt – in einer Zeit in der auch für viele privat Versicherte, das Risiko von Arbeitslosigkeit groß ist. Auch in Zukunft hat dabei jeder die Möglichkeit, jenseits des Basistarifs den Leistungskatalog seiner privaten Krankenversicherung frei zu bestimmen. Von einer Einheitsversicherung oder der Abschaffung der privaten Krankenversicherung kann also keine Rede sein – auch wenn die Versicherungskonzerne gerne davon sprechen.
Bei aller – zum Teil berechtigten – Kritik vermisse ich in der Debatte u. a. von Seiten der Versicherungen eigene, praktikable Vorschläge zur Lösung der Probleme, vor denen wir in der Gesundheitspolitik stehen.
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Binninger MdB