Frage an Clemens Binninger von wolfgang h. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Binninger,
im Moment ist es nicht ganz klar wohin die Reise geht.
Ich spreche von der geplanten GG-Änderung im Zusammenhang mit dem Länderfinanzausgleich und der Zuständigkeit für die Bundesautobahnen.
Ich befürchte, dass durch trickreiche juristische Formulierungen privates Kapital sich an der Infrastruktur in Zukunft bereichern können soll.
Im Moment ist für dieses Kapital die Lage am Finanzmarkt schwierig u.a. wegen der Europäischen Zinspolitik.
Für den Benefit der "Privaten Investoren" sollte aber nach Meinung Vieler nicht die Infrastruktur der Bundesrepublik herhalten.
Wie werden Sie sich bei einer Abstimmung entscheiden?
Bleibt die Infastruktur der BRD unter staatlicher Kontrolle und Verantwortung?
Was halten Sie von einer Finanztransaktionssteuer?
Was halten Sie von einer Erbschaftssteuer?
Was halten sie von einer Vermögenssteuer?
Diese Steuern würden den Staat wieder handlungsfähig machen!
Vernünfitge Politik wäre wieder möglich.
Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Harr
Sehr geehrter Herr Harr,
haben Sie Dank für Ihre Anfrage. Ich habe der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen und damit auch der Reform der Verwaltung der Bundesautobahnen bei der Abstimmung am 01.06.2017 zugestimmt. Gerne erläutere ich Ihnen meine Gründe:
Man muss zunächst wissen, dass der Handlungsdruck für eine Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern groß war. Zum einen endet 2019 der Solidarpakt II, aus dem die ostdeutschen Länder und Berlin Geld für teilungsbedinge Sonderlasten erhalten. Zum anderen dürfen die Bundesländer nach der verfassungsrechtlichen Schuldenregel ab 2020 keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Deshalb wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, die Bund-Länder-Finanzbeziehungen in dieser Legislaturperiode neu zu ordnen und damit frühzeitig für Planungs- und Rechtssicherheit zu sorgen. Es ist gut, dass wir dieses wichtige Projekt der Großen Koalition nun im Bundestag abschließen können.
Kern der Reform ist, dass der Länderfinanzausgleich in seiner jetzigen Form abgeschafft wird. Zukünftig wird der Finanzkraftausgleich zwischen den Ländern vor allem nach Maßgabe der Einwohnerzahl mit zusätzlichem Ausgleich der Finanzkraftunterschiede über die Umsatzsteuer geregelt. Neu eingeführt werden Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen zum Ausgleich der unterproportionalen kommunalen Finanzkraft und zum Ausgleich unterschiedlich hoher Forschungsförderung. Alles in allem zahlt der Bund ab 2020 jährlich knapp 10 Mrd. Euro in das Ausgleichssystem. Dieser Betrag nimmt in den Folgejahren zu. Im Gegenzug für die finanziellen Zugeständnisse hat der Bund zusätzliche Kompetenzen sowie Steuerungs- und Kontrollrechte gegenüber den Ländern erreichen können, zum Beispiel im Bereich Kontrollrechte des Bundesrechnungshofes, bei der Verwaltung der Bundesautobahnen oder im Bereich der bundesstaatlichen Steuerverwaltung.
Bei den Regelungen zur Infrastrukturgesellschaft ist es so: Mit der Einführung einer Infrastrukturgesellschaft werden die Bundesautobahnen in unmittelbare Bundesverwaltung übernommen. Es wird weder eine Privatisierung unserer Autobahnen, noch der neuen Infrastrukturgesellschaft geben. Der Bund bleibt grundgesetzlich abgesichert Eigentümer. Projekte mit öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP-Projekte) auf einzelnen Streckenabschnitten bleiben weiterhin möglich. Im Rahmen der Kompromissfindung mit der SPD haben wir uns darauf verständigt, einen Ausschluss von sog. "Netz-ÖPP" im Grundgesetz festzuschreiben. Zudem gehen wir die dringend erforderliche Modernisierung der Auftragsverwaltung an. Bestehende Reibungsverluste zwischen Bundes- und Länderzuständigkeiten werden abgebaut, um bundesweit ein einheitlich hohes Qualitätsniveau unseres Autobahnnetzes sicherzustellen. Dem trägt die angestrebte GmbH-Lösung mit maximal zehn Tochtergesellschaften Rechnung. Ich hoffe, ich konnte Ihre Sorgen in diesem Punkt nehmen.
Zu Ihren weiteren Fragen:
Die Überlegung, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen, wurde bereits in der Europäischen Union lange diskutiert. Grundsätzlich würde ich mich der Einführung einer Finanztransaktionssteuer nicht verschließen, solange sichergestellt wird, dass eine solche Kapitalverkehrssteuer keine negativen Folgen für Kleinanleger und deren Altersvorsorge verursacht und eine Spaltung des europäischen Binnenmarktes vermieden wird. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer darf zudem nicht zu einer Abwanderung von Finanzunternehmen in Länder, die eine solche Steuer nicht erheben, führen. Daher halte ich hier ein gemeinsames Vorgehen aller europäischen Staaten für notwendig.
Eine Erbschaftssteuer gibt es in Deutschland bereits seit langem. Die hierfür geltenden Rechtsgrundlagen sind im Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) geregelt und wurden im vergangenen Jahr reformiert. Firmenerben können teilweise von der Erbschaftsteuer befreit werden, wenn sie das Unternehmen fortführen, Arbeitsplätze erhalten und somit einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit in unserem Land leisten.
Grundsätzlich existiert in Deutschland auch eine Vermögenssteuer. Diese wird jedoch seit 1997 nicht mehr erhoben. Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage halte ich eine Wiedereinführung auch nicht für zielführend. Die großen Leidtragenden einer Vermögenssteuer wären mittelständische deutsche Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe. Diese Unternehmen wären aufgrund ihres hohen Firmenvermögens, welches für die Aufrechterhaltung teurer Produktionsstätten notwendig ist, von einer Vermögenssteuer besonders betroffen. Sie könnten weniger Arbeitsplätze schaffen und müssten Investitionen zurückstellen. Dies schadet unserer Wettbewerbsfähigkeit und vernichtet langfristig Arbeitsplätze. Deshalb lehnt es die CDU entschieden ab, die Vermögenssteuer wieder zu erheben.
Ihre Darstellung, dass der Staat nur handlungsfähig sei, wenn alle diese Steuern eingeführt werden, teile ich ausdrücklich nicht. Die Steuereinnahmen haben sich in den letzten Jahren positiv entwickelt. Im Haushaltsjahr 2016 konnten Bund, Länder und Gemeinden insgesamt rund 648 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verbuchen. Aufgrund des hohen Steueraufkommens gelingt es, wichtige Investitionen zu tätigen, ohne dabei neue Schulden machen zu müssen und damit die künftigen Generationen zu belasten.
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Binninger