Frage an Clemens Binninger von Thomas S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Binninger,
Die Menschen im Südsudan leiden unter dem dortigen Bürgerkrieg und einer daraus resultierenden Hungersnot, Zitat Tagesschau vom 27.02.2017:
"Bürgerkrieg und Hunger treiben immer mehr Menschen aus Südsudan zur Flucht ins Ausland(...).Viele der Ankommenden sind den Angaben zufolge fünf bis sieben Tage zu Fuß unterwegs gewesen, 90 Prozent von ihnen seien Frauen und Kinder. "Viele treffen erschöpft und in schlechter Gesundheit ein, oftmals sind sie kritisch unterernährt", erklärte das UNHCR weiter. Das Hilfswerk bat um Finanzhilfen von 158 Millionen Euro für die Geflohenen. Von dieser Summe hätten bislang nur fünf Prozent aufgebracht werden können."
https://www.tagesschau.de/ausland/suedsudan-hunger-105.html
Zitat Hadelsblatt:
"Rund 100.000 Menschen seien akut vom Hungertod bedroht, weitere Millionen stünden dicht vor einer Hungersnot, teilten Unicef, das Welternährungsprogramm (WFP) und die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) am Montag mit. Über eine Million Kinder leide an Mangelernährung, fügte Jeremy Hopkins, Unicef-Leiter im Südsudan, hinzu. „Wenn wir sie nicht rechtzeitig erreichen, werden viele von ihnen sterben.“"
1. Ist Ihnen diese Problematik bekannt?
2. Was unternahm bzw. unternimmt die Bundesregierung,
um den notleidenden Menschen im Südsudan zu helfen?
3. Ist die Bundesregierung im Gespräch mit den Akteuren der südsudanesichen Politik?
4. Setzt die Bundesregierung sich bzw. wird sie sich für eine Problemlösung einsetzen, die den notleidenden Bevölkerungsteilen die dringende Soforthilfe ermöglicht?
5. Das benannte Tageschau-Zitat weist auf fehlende Finanzmittel in der Bekämpfung der Not im Südsudan und ihrer Folgen (z.B. Flucht). Ist die Bundesregierung willens entsprechende Hilfemaßnahmen zu finanzieren, wenn ja in welcher Höhe?
Viele Grüße, Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben zur aktuellen Lage im Südsudan, das ich gerne beantworte.
Nach über 30 Jahren der gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Region hat sich die Lage nicht stabilisiert. Immer wieder kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, daher ist der Bedarf an internationaler Hilfe für die Bevölkerung weiterhin enorm. Seit 2013 erleben wir im Südsudan einen Bürgerkrieg, der zu weiterer Vertreibung und neuen Fluchtbewegungen führt. Zudem ist die Situation mit dem Nachbarland Sudan aufgrund der bis heute unklaren Grenze, infolge des Unabhängigkeitsreferendums 2011 und anhaltenden Differenzen über die Ölvorräte weiter angespannt. Nach Schätzungen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) kann die Anzahl der von Nahrungsmittelhilfe abhängigen Personen von 2,6 Millionen (Ende 2016) auf bis zu 4,6 Millionen im Mai 2017 ansteigen.
Bereits in der Vergangenheit hat sich die Bundesregierung aktiv an der humanitären Hilfe für die Zivilbevölkerung beteiligt und wird dies auch zukünftig tun. Der Südsudan ist zudem ein Kooperationsland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Im vergangenen Jahr stellte die Bundesregierung dem Südsudan über 50 Millionen Euro für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit, sowie annährend 60 Millionen Euro für humanitäre Hilfe im Südsudan und den betroffenen Nachbarländern zur Verfügung. Zudem hat die Europäische Union im vergangenen November 78 Millionen Euro als Soforthilfe für die südsudanesische Bevölkerung aufgewandt.
Damit unterstützen wir die notleidende Bevölkerung dieser Regionen mit Nahrungsmitteln, Trinkwasser und investieren in die landwirtschaftliche Produktion. Weiterhin beteiligt sich die Bundeswehr an der Mission der Vereinten Nationen im Südsudan (UNMISS) zum Schutz der Zivilbevölkerung und der Sicherstellung von Zugängen für humanitäre Hilfe, damit die dringend benötigte Hilfe die Menschen vor Ort überhaupt erreichen kann. Dieses Mandat der Bundeswehr hat der Deutsche Bundestag im vergangenen Dezember mit großer Mehrheit bis Ende 2017 verlängert.
Mittel- und langfristig muss das Ziel eine diplomatische Lösung zur dauerhaften Beilegung des Konfliktes sein. Gemeinsam mit den Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union ist es auf internationalen Druck im Jahr 2015 gelungen, ein neues Friedensabkommen abzuschließen. Dieses Abkommen ist allerdings mehr als brüchig. Daher müssen wir weiter intensiv daran arbeiten, den Konflikt beizulegen und die internationalen Bemühungen hierzu unterstützen. Aufgrund der gefährlichen Situation vor Ort gestalten sich diplomatische Lösungsansätze jedoch teilweise schwierig.
Im Juli 2016 mussten auf Beschluss des Krisenstabes der Bundesregierung alle Mitarbeiter der Deutschen Botschaft in Juba und weitere deutsche Staatsangehörige durch die Bundeswehr evakuiert werden. Die Deutsche Botschaft ist mittlerweile wieder eingeschränkt tätig, aber die Zusammenarbeit Deutschlands mit der südsudanesischen Regierung bleibt bis auf weiteres ausgesetzt.
Neben der Beilegung der gewaltsamen Auseinandersetzungen steht der Südsudan auch vor großen staatlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen wie der Entwicklung des Rechtsstaats, Verwaltungsreformen und der Bekämpfung der massiv vorhandenen Korruption.
Auch in Zukunft wird sich Deutschland eindringlich für eine Verbesserung der Situation vor Ort einsetzen. Aufgrund der aktuellen Notsituation der Bevölkerung hat Bundesaußenminister Sigmar Gabriel dem Südsudan kürzlich weitere humanitäre Hilfen in Höhe von 40 Millionen Euro zugesagt, um die Hungersnot effektiv zu bekämpfen.
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Binninger