Frage an Clemens Binninger von Jörg A. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Binninger,
seit über 20 Jahren bin ich als freiberuflicher Informatiker in großen Kundenprojekten tätig. In dieser Zeit unternahm der Gesetzgeber ständig Versuche mit der Definition der „Scheinselbständigkeit“ Fürsorgepflicht gegenüber Schutzbedürftigen aufzubauen und deren Auftraggeber damit abzumahnen. Leider wurde mit diesen Versuchen auch unser Berufszweig erwischt, der mit seinen Honoraren genügend Rücklagen bilden kann. Die neuen Kriterien des §611 BGB entziehen uns erst recht jede Grundlage zur weiteren Ausübung des freien Berufes. Warum nehmen Sie nicht endlich den nicht mehr jungen Beruf „Informatiker“ in die Katalogberufe EStG auf und grenzen dagegen ab? Viele Sparten dieser Einteilung können die aberwitzigen Kriterien des Referentenentwurfs des BMAS auch nicht mehr erfüllen. Wird der Gesetzvorschlag so verabschiedet, stehen ca. 100.000 freiberufliche Informatiker vor dem Aus! Das bedeutet, für meinen Beruf ist eine selbständige Tätigkeit per Gesetz untersagt?! Meine Grundrechte Artikel 2 (1) und 12 sehe ich dadurch nicht mehr gegeben. Ich habe mich für die Selbständigkeit entschieden um flexibler auf die Bedürfnisse des Marktes reagieren zu können. In oft erlebten Rezessionen ist es freiberuflich einfacher einen Auftrag zubekommen. Der Angestellte erhält einen befristeten Vertrag und lebt nach Ablauf vom Arbeitslosengeld. Die Unternehmen benötigen unsere Ressourcen nur für die Projektdauer, danach bewältigen ihre internen Mitarbeiter das Tagesgeschäft. Eine Festanstellung ist daher seitens des Endkunden nicht erwünscht. Der Rahmen dieser Seite ist begrenzt, sodaß ich Ihnen nicht mehr Details erläutern kann. Ich bitte Sie, für die Nachbesserung des Gesetzesentwurfes einzutreten. Der Grundgedanke des Gesetzes ist zweifellos gut. Der Gesetzgeber muss seiner Fürsorgepflicht gegenüber Schutzbedürftigen nachkommen. Nur darf es nicht sein, dass dies zu Lasten der nicht Schutzbedürftigen geschieht.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Asch
Sehr geehrter Herr Asch,
wir haben mit der SPD im Koalitionsvertrag verabredet, wirksame Regelungen gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen zu treffen. Es ist unser gemeinsames Ziel gute Arbeit für alle zu schaffen - das heißt sicher und gut bezahlt.
Für mich gehören Werkverträge zu einem selbstverständlichen Teil der Wirtschaft. Handwerker, Rechtsanwälte, Ärzte und andere betreiben seit Jahrhunderten ihre Tätigkeiten rechtlich als Werk- oder Dienstvertrag. Die Arbeitnehmer, die in einem Werkvertragsunternehmen arbeiten, befinden sich in einem ganz normalen Arbeitsverhältnis mit allen Schutzmechanismen. Was wir in Unternehmen vereinzelt als Missbrauch beobachten, fußt in der Regel nicht auf mangelnde gesetzliche Regelungen, sondern auf Verstöße gegen vorhandene Gesetze und das muss geahndet werden.
Im November 2015 wurde ein Diskussionsentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze bekannt. Dieser Diskussionsentwurf enthielt sowohl Regelungen zur Überarbeitung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes als auch Vorschlägen zur Verhinderung des Missbrauchs von Werkverträgen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion kann diesen Vorschlägen nicht zustimmen, da sie nicht (!) den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages entsprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Binninger