Frage an Clemens Binninger von Marko N. bezüglich Wirtschaft
Im Wahlprogramm der Union kann man nachlesen, dass Ihre Partei die Lohnnebenkosten senken und den Arbeitsmarkt von Regulierungen befreien und damit flexibler machen möchte. Außerdem möchte Ihre Partei Arbeitsplätze durch längere Arbeitszeiten schaffen. Seit 20 Jahren fährt Deutschland nun schon einen stetig härter werdenden neoliberalen Kurs, ohne dass sich die Situation in irgendeiner Hinsicht verbessert hat. Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, betriebliche Bündnisse für Arbeit, befristete Arbeitsverträge und Zeitarbeit haben den Arbeitsmarkt in den letzten Jahren bereits deutlich flexibler gemacht. Gleichzeitig ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse deutlich gesunken, obwohl Konzern- und Kapitalgewinne Jahr für Jahr um zweistellige Prozentraten angestiegen sind. Der Reichtum der Reichen ist erheblich angestiegen. Die Zahl der in Armut lebenden Bürger ebenfalls. Deutschland ist Jahr für Jahr Exportweltmeister, allein die Situation auf dem Binnenmarkt wird immer schlimmer! Bitte korrigieren Sie mich, sollten meine Informationen fehlerhaft sein! Glaubt die Union etwa, dass sich an der geschilderten Situation etwas ändern wird, wenn der kleine Mann – und damit die Masse des Volkes – am Ende des neoliberalen Weges noch weniger Geld in den Taschen haben wird, als es heute schon der Fall ist? Glaubt die Union etwa, dass der kleine Mann, der auf Grund des deregulierten, flexiblen Arbeitsmarktes regelmäßig mit Arbeitslosigkeit rechnen muss, zur Stärkung des Binnenmarktes beitragen wird?
Sehr geehrter Herr Neuwirth,
da es bei „Kandidatenwatch“ nicht möglich ist, Ihre am 3.8. gestellte Frage und meine Antwort auf Ihre erneute Frage vom 17.8. zu verbinden, und deshalb Ihre Frage vom 3.8. immer noch als „nicht beantwortet“ erscheint, gebe ich Ihnen nach Rücksprache mit „Kandidatenwatch“ auf Ihre Frage vom 3.8. noch einmal die gleiche Antwort. Ich empfinde dieses Vorgehen selbst als nicht sonderlich hilfreich, ist aber von „Kandidatenwatch“ so gewünscht.
Zukünftig bitte ich Sie daher dringend, Rückfragen oder weitere Fragen direkt an mich, entweder telefonisch unter 030/227 77255 oder per Email clemens.binninger@bundestag.de zu stellen.
1998 wollte sich Gerhard Schröder an der Senkung der Arbeitslosigkeit messen lassen. Damals waren 3,9 Millionen Menschen ohne Arbeit. Heute sind über 5 Millionen Menschen arbeitslos. Über 1.000 Arbeitsplätze gehen täglich verloren! Und was macht Schröder? Er gibt auf: "Wir haben jedenfalls mit der Arbeitsmarktreform unser Möglichstes zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit getan." (Stern, 29.12.2004). Die von Schröder eingeleiteten Reformen, die Sie als „neoliberal“ geißeln, haben allerdings eine entscheidende Schwäche: Sie ändern kaum etwas an den immer noch viel zu hohen Kosten für den Faktor Arbeit in unserem Land.
Das ist fatal. Deshalb ist unser wichtigstes Ziel: Arbeit schaffen. Denn: Sozial ist, was Arbeit schafft. Wenn wir jetzt die notwendigen Veränderungen am Arbeitsmarkt anpacken, können wir die Wende schaffen. Nur wenn der Arbeitsmarkt wieder in Schwung kommt, kann es gelingen, die Staatsfinanzen zu konsolidieren und die sozialen Sicherungssysteme zu stabilisieren.
Eine entscheidende Voraussetzung für mehr Arbeit ist, dass die Arbeit in Deutschland wieder kostengünstiger wird. Unsere im internationalen Vergleich hohen Lohnzusatzkosten vertreiben die Arbeitsplätze ins Ausland und verhindern, dass bei uns neue Arbeitsplätze entstehen. In den 60er Jahren lagen die Lohnzusatzkosten bei 25 Prozent, heute betragen sie 42 Prozent des Bruttolohnes. Kostengünstigere Arbeit bedeutet, geringere Lohnnebenkosten, deshalb wollen wir die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung senken.
Seit mehr als 20 Jahren sind in Deutschland die tariflich vereinbarten Arbeitszeiten ständig kürzer geworden: Die 35-Stunden-Woche hat definitiv keine Arbeitsplätze geschaffen. Im Gegenteil. Deshalb fordern wir eine längere Wochen- aber auch eine längere Lebensarbeitszeit.
Das von uns geforderte Ziel, Arbeit in Deutschland preiswerter zu machen und gleichzeitig ein Hochlohnland zu bleiben, kann nur über den o. g. Weg gelingen. Nachbarn wie Österreich haben uns das längst vorgemacht. Ich bin fest davon überzeugt, dass längere Arbeitszeiten und geringere Lohnnebenkosten zu Investitionen in die Wirtschaft unseres Landes führen. Investitionen, die Arbeitsplätze schaffen, die in den vergangenen Jahren aus eben diesen Gründen im Ausland geschaffen wurden, oder noch schlimmer, dorthin verlagert wurden. Mehr Arbeitplätze in Deutschland bedeutet weniger Arbeitslose, das bedeutet Stärkung des Binnenmarktes.
Clemens Binninger MdB