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Frage von Bernd R. •

Frage an Clemens Binninger von Bernd R. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Binninger,

wie ich lese, sind Sie Kriminalbeamter und als solcher auch mit den Rechts-Grundlagen von Vernehmungen (und auch mit Geheimdienstmethoden des Bespitzelns bzw. des Aushorchens ahnungsloser bzw. nicht aufgeklärter Informanten) vertraut.

Auf Antworten des früheren Abgeordneten und vormaligen BGH- Richters Wolfgang Nešković hatte ich am 17.09.2013 auf dieser Plattform folgende Nachfragen gestellt (1):

1.) Wie stellen Sie sich die Aufklärung eines Kindes über sein Zeugnisverweigerungsrecht vor in familiengerichtlichen Angelegenheiten, in denen es um die Zuschreibung (oder Aberkennung) von Kompetenzen seiner engsten Familienangehörigen - und um sein Schicksal - geht?

2.) Können Sie mir mitteilen, von wem genau die Initiative für die "neue Gesetzeslage" ausging, die eine Befragung der Kinder durch Richter und "mitwirkende" Sozialpädagogen von Jugendämtern vorsieht?

3.) Meinen Sie, die Befragung von - sozusagen ahnungslosen - Kindern sei i.d.R. in deren wohlverstandenem Interesse und Ausdruck des Willens des insoweit - auch über die denkbaren Folgen gemäß familiärer Beistandspflicht - § 1618a BGB - umfassend aufgeklärten Volkes?

Da Herr Richter a.D. Nešković nicht wieder in den Bundestag gewählt wurde und auch der Jurist und Bundesminister a.D. Friedrich (CSU) auf entsprechende Nachfragen (vom 25.12.2014, Link 2) hin schweigt, bitte ich nun Sie höflichst darum, mir die drei genannten Fragen vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Rieder
Verein Anti-Korruption . Reformation 2014 e.V.
(2. Vorsitzender)
1) http://www.abgeordnetenwatch.de/wolfgang_ne_kovic-1031-71309--f405459.html#q405459
2) http://www.abgeordnetenwatch.de/hans_peter_friedrich-778-78111--f429292.html#q429292

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Rieder,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Mein früherer Kollege Wolfgang Neskovic hat Ihnen bereits ausführlich geantwortet. Seinen Ausführungen kann ich nur wenig hinzufügen, aber ich möchte versuchen, Ihre ergänzenden Fragen zu beantworten.

Das Familienrecht wurde zuletzt im Jahr 2009 umfassend reformiert. Ich gehe davon aus, dass Sie darauf abheben, wenn Sie von einer „neuen Gesetzeslage“ schreiben. Bei der Reform 2009 wurden auch die Regelungen für die Anhörung des Kindes vor dem Familiengericht überarbeitet. Ausgangspunkt für die Neuregelung war das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes. Darin sicherte Deutschland in Artikel 12 den jeweiligen Kindern zu, in allen sie berührenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren gehört zu werden sowie ihre Meinung angemessen und entsprechend ihrem Alter und ihrer Reife zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang wurde auch die Möglichkeit zur Bestellung von Personen als Verfahrensbeistand neu geregelt. Der Verfahrensbeistand soll als sogenannter „Anwalt des Kindes“ dessen Interessen vor dem Familiengericht vertreten. Neben speziell ausgebildeten Juristen üben auch Sozialpädagogen und Psychologen diese Tätigkeit aus. Die Jugendämter werden unabhängig davon ebenfalls an den Verfahren beteiligt.

Vor dem Familiengericht werden die betroffenen Kinder normalerweise nicht als Zeugen vernommen, sondern als Beteiligte angehört. In solchen Verfahren (Umgangsrecht, Sorgerecht) geht es anders als im Strafprozess eben nicht darum, Schuld oder Unschuld eines Angeklagten durch die Befragung von Zeugen festzustellen. Vielmehr geht es darum, eine Lösung zu finden, die dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Dazu ist es grundsätzlich sinnvoll, wenn die Richterin oder der Richter das Kind befragt und sich so ein persönliches Bild von der Situation und den Interessen des Kindes machen kann. Dabei muss das Kind laut Gesetz über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in einer geeigneten und seinem Alter entsprechenden Weise aufgeklärt werden. Eine Befragung von - wie Sie es nennen - „ahnungslosen“ Kindern schließt das Gesetz schlichtweg aus. Sofern ein Verfahrensbeistand bestellt wurde, nimmt dieser als „Anwalt des Kindes“ auch an der Anhörung teil und vertritt dessen Interessen.

Ich unterstützte diese Regelungen, die den betroffenen Kindern Gehör bei Gericht einräumen. Mir erscheint es auch sinnvoll, dass die Kinder durch Verfahrensbeistände im Verfahren vor dem Familiengericht unterstützt werden. Letzten Endes geht es darum, sinnvolle Lösungen für die Kinder zu finden. Das sollte nicht über deren Köpfe hinweg geschehen.

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Binninger