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Frage von Leif H. •

Frage an Clemens Binninger von Leif H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Binninger!

Halten Sie es für sinnvoll, daß wir Bürger durch eine eigene Initiative selbstständig durch einen Volksentscheid unser Grundgesetz ändern können?

Herzliche Grüße,
Leif Hansen

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Hansen,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte.

Nachdem ich mich lange mit diesem Thema auseinandergesetzt habe, lehne ich Volksentscheide auf Bundesebene ab. Ich bin davon überzeugt, dass sich unsere repräsentative Demokratie auf Bundesebene bewährt hat. Gerne begründe ich meine Haltung:

Schauen Sie sich die Volksentscheide auf Ebene der Bundesländer an oder in der Schweiz und schauen Sie sich Kommunalwahlen an, bei denen über Themen oder die Kandidaten für die Politik vor Ort direkt abgestimmt werden kann. An fast allen diesen Abstimmungen ist die Wahlbeteiligung deutlich geringer als bei Landtags- und Bundestagswahlen. Am Ende ist dann die Wahrscheinlichkeit groß, dass lediglich eine Minderheit für alle entscheidet. Und damit besteht die Gefahr, dass gut organisierte Gruppen ihre Interessen durchsetzen, ohne dass es ein Korrektiv gibt.

Genau deshalb haben wir in unserer bewährten repräsentativen Demokratie auf Bundesebene ein ausgedehntes Gesetzgebungsverfahren mit mehreren Lesungen, Expertenanhörungen und Beteiligung von Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag. Damit ist gewährleistet, dass Entscheidungen gut vorbereitet und abgewogen sind und am Ende auch alle Betroffenen einbezogen oder berücksichtigt werden. Das gilt ganz besonders für Verfassungsänderungen, für die sogar eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist, was einen breiten Konsens voraussetzt.

Auf kommunaler Ebene beispielsweise gibt es eine ganze Reihe von Entscheidungen, die auf einfach Ja-oder-Nein-Alternativen in einem Volksentscheid reduziert werden können (z. B. ob eine bestimmte Straße gebaut werden soll oder nicht). Genau das ist bei den allermeisten Entscheidungen im Bund aber nicht der Fall, weil die Folgen komplexer und weitreichender sind. Das gilt ganz besonders für Verfassungsänderungen, die sehr weitreichende Folgen haben können.

Ich bin als Abgeordneter direkt gewählt und habe mich in meinem Wahlkreis direkt für meine Entscheidungen zu verantworten. Bei Volksentscheiden auf Bundesebene besteht dagegen die Gefahr, dass die Politik sich bei unangenehmen Fragen ihrer Verantwortung entledigt. Und wenn dann anonym in einem Volksentscheid entschieden wird, trägt am Ende keiner mehr die Verantwortung für eine politische Entscheidung.

Aus diesen Gründen halte ich an unserer bewährten und erfolgreichen repräsentativen Demokratie fest, die unserem Land in mehr als 60 Jahren Stabilität gegeben hat.

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Binninger