Frage an Clemens Binninger von Gerhard R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Binninger,
es geht um Pegida, die Niederlage der Demokratie und Abgeordnetenwatch. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 20.1.15 gab es zum Artikel "Pegida-Ableger in Leipzig: Legida meldet 60.000 Teilnehmer für Demo an" einen Kommentar von Jasper von Altenbockum. Seine Feststellung:
"Die Niederlage der Demokratie setzte schon früher ein".
Meine Fragen:
Haben Abgeordnete - Sie sind nicht gemeint! - in Abgeordnetenwatch die Niederlage mitverursacht?
Wie oft gab es hier Standardantworten, ausweichende Antworten und Antworten, mit Täuschungsabsicht?
Warum haben immer mehr Menschen den Eindruck, dass ihre Interessen und Meinungen ignoriert werden?
Beispiel: Der Afghanistankrieg wurde und wird von der großen Mehrheit des Volkes abgelehnt. Wann werden die Bundestagsabgeordneten bestätigen, dass heute die Terrorgefahr in Europa nicht kleiner sondern größer geworden ist?
Jetzt wollen einige Abgeordnete ein Gespräch mit Pegida führen. Muss man befürchten, dass es dann die hier erwähnten Antworten wieder geben wird?
Damit es nicht auch zu einer Niederlage von Abgeordnetenwatch kommt, rege ich an, dass jeder Fragesteller mit einem Zeichen auf eine nicht sachgerechte Antwort hinweisen kann. Was halten Sie davon?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich sehr gerne beantworte, wenn auch etwas verspätet, wofür ich um Nachsicht bitte.
Als Abgeordnete erhalten wir jeden Tag eine Vielzahl von Briefen und E-Mails zu unterschiedlichsten Themen, darunter auch Fragen von abgeordnetenwatch.de. Ich habe den Anspruch, zumindest die Anfragen aus meinem Wahlkreis und diejenigen Anfragen, die mich als Fachpolitiker betreffen, individuell und sachlich zu beantworten. Ich möchte mir aber kein Urteil über meine Kollegen anmaßen, die dafür vielleicht nicht immer ausreichend Zeit finden. Jeder Politiker entscheidet selbst, wie und in welchem Umfang er Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet. Die Bewertung treffen die Bürgerinnen und Bürger bei der nächsten Wahl und der muss sich jeder Politiker stellen.
Ich habe durchaus Verständnis dafür, wenn in geeigneten Fällen auf allgemein formulierte Standardantworten zurückgegriffen wird. Gerade angesichts der Vielzahl von Themen geht das manchmal auch nicht anders. Das bedeutet noch lange nicht, dass die Interessen und Meinungen der Menschen ignoriert werden. Ich würde deshalb auch nicht so weit gehen, deshalb von einer Niederlage der Demokratie zu sprechen. Demonstrationen und öffentliche Diskussionen, wie sie in den vergangenen Monaten in Leipzig stattfanden, beweisen doch gerade, dass wir in einer lebendigen und funktionierenden Demokratie leben, in der jeder seine Meinung frei äußern kann. Über mangelndes politisches Gehör oder mangelnde mediale Aufmerksamkeit können sich jedenfalls weder Demonstranten noch Gegendemonstranten beschweren.
Abschließend möchte ich auch zu bedenken geben, dass Politiker nicht auf alle Fragen eine Antwort wissen und auch nicht jedes Problem lösen können. Unsere Welt ist dafür zu komplex und die politischen Herausforderungen sind zu vielfältig. Dass angesichts dessen einzelne Antworten auf abgeodnetenwatch.de nicht befriedigend sein können, liegt auf der Hand. Die bestehende Möglichkeit, gute Antworten anderen Lesern weiterzuempfehlen erscheint mir deshalb besser als Sanktionen für subjektiv schlechte Antworten.
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Binninger