Frage an Clemens Binninger von Cornelius G. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Her Binninger,
Ihrem Profil und Abstimmungsverhalten nach sind sich ein erklaerter Befuerworter der Euro-"Rettungspolitik".
Meine Frage an meinen Abgeordneten ist: Wie kann sich in unserem Schuldgeldsystem (wo Geld immer nur durch verzinste Kredite enstehen kann) die Schulden verringern ohne gleichzeitig Vermoegen/Guthaben zu vernichten (Lastenausgleich, Schuldenschnitt, Zwangsabgabe, Hyperinflation etc..)?
Bitte teilen Sie mir mit ob sie eben genannte Massnahmen zum Schuldenabbau befuerworten oder ggf. wie sonst der Schuldenstand verringert werden kann OHNE Vermoegensvernichtung?
Sehr geehrter Herr Grossmann,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte.
Geld hat in jeder Volkswirtschaft drei Funktionen. Es dient erstens als Tauschmittel, zweitens der Wertaufbewahrung und drittens der Wertmessung. Bundesbankpräsident Weidmann definiert Geld folgendermaßen: „Geld ist, was Geldfunktionen erfüllt.“ In der Geschichte haben lange Zeit Edelmetalle wie Gold oder Silber die Geldfunktionen am besten erfüllt und wurden deshalb als Geld benutzt. Heute verwenden wir im Alltag Geldscheine und EC-Karten.
Leiht eine Person einer anderen Person etwas aus, wird sie dafür in der Regel irgendeine Form der Gegenleistung erwarten. Wer jemand eine Wohnung zur Verfügung stellt, bekommt dafür Miete. Wer jemand Ackerland überlässt, erhält dafür Pacht. Das ist ein Grundprinzip unserer Wirtschaftsordnung und gilt auch für Geld: Wer Geld – egal ob in Form von Gold, Silber, Scheinen oder Giralgeld – verleiht, erhält dafür Zinsen.
Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass die Verbindlichkeiten des einen die Forderungen des anderen sind. Ein Abbau der Schulden auf der einen Seite hat logischerweise sinkende Forderungen auf der anderen Seite zur Folge. Das führt aber in keiner Weise zur Vernichtung von Vermögen. Vermögen des Kreditgebers wird erst dann vernichtet, wenn der Kreditnehmer seinen Kredit nicht mehr zurückzahlen kann. Aus übergeordneter Perspektive betrachtet ist das Vermögen aber auch dann nicht verloren, sondern befindet sich lediglich im Besitz eines anderen.
Wenn Privatpersonen, Unternehmen oder Staaten sich Geld leihen, aber diese Kredite nicht zurückzahlen können, kommt es zu Problemen. Zwar werden dabei keine realen Vermögenswerte wie Straßen, Schienen, Fabriken, Häuser oder Autos vernichtet, aber die Besitzverhältnisse ändern sich unter Umständen so weitgehend, dass es ernste wirtschaftliche und politische Folgen haben kann. Das hat uns zuletzt die US-Immobilienkrise gezeigt, aus der eine Finanzmarktkrise wurde, die sich zu einer regelrechten Staatsschuldenkrise entwickelt hat.
Damit es nun zu keiner Staatspleite mit schwerwiegenden Folgen kommt, müssen überschuldete Staaten ihren Schuldenstand verringern. Dazu müssen sie Überschüsse erzielen. Das geht auf der einen Seite durch Ausgabenkürzungen (z.B. bei Militärausgaben) und auf der anderen Seite durch Einnahmesteigerungen. Solche Einnahmesteigerungen können zunächst durch Steuererhöhungen oder den Verkauf von Vermögenswerten (z.B. Privatisierung von Staatsbetrieben) erzielt werden. Das wird aber in der Regel nicht ausreichen.
Mittel- und langfristig hilft nur Wirtschaftswachstum, um die Einnahmen einer Volkswirtschaft und damit auch des Staatshaushaltes dauerhaft zu steigern. Um insbesondere die kleine und mittelständische Wirtschaft in Griechenland dabei zu unterstützen, hat Finanzminister Schäuble in diesen Tagen finanzielle Unterstützung durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau zugesagt. Dieser Weg ist sowohl für die Menschen in Deutschland als auch in Griechenland besser als ein Schuldenschnitt.
Deutschland wird sich entweder an der Euro-Rettung beteiligen müssen oder die Folgekosten und die Folgen bei einem Zusammenbruch der Währung zu tragen haben. Die Entscheidungen, die wir als Abgeordnete in dieser Situation zu treffen hatten und haben, sind nicht leicht und ich bin mir meiner Verantwortung dabei sehr wohl bewusst.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Clemens Binninger