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Frage von Hans-Otto W. •

Frage an Clemens Binninger von Hans-Otto W. bezüglich Finanzen

Guten Tag Herr Binninger,

kennen Sie die Ausführungen des Präsidenten des "Bund der Steuerzahler e.V. (Bayern)" und die Strafanzeige von Prof. Bernd Schünemann in Sachen target-2? Wenn JA, interessiert mich Ihre Stellungnahme dazu.

MfG Hans-Otto Wisser

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Sehr geehrter Herr Wisser,

vielen Dank für Ihren Beitrag vom 19. Oktober 2012. Mir ist bekannt, dass der Münchener Strafrechtler Prof. Bernd Schünemann im April 2012 Strafanzeige gegen den Vorstand der Deutschen Bank wegen des Verdachts der gemeinschaftlichen Untreue erstattet hat. Auch mit dem Verweis auf das laufende Verfahren bitte ich um Ihr Verständnis, dass ich mich zu solchen Aktionen nicht äußere.

Auch die Ausführungen des „Bundes der Steuerzahler Bayern e.V.“ zum Target2-System sind mir geläufig. Lassen Sie mich zu diesem Thema folgendes ausführen. Wie Ihnen bekannt ist, werden im Target2-System die Zahlungen zwischen den Zentralbanken innerhalb der Währungsunion abgewickelt. Die Entwicklung der Taregt2-Salden reflektiert innereuropäische Zahlungsströme, die hauptsächlich von Geschäftsbanken, Unternehmen oder Privatpersonen initiiert werden. Die stark angestiegenen Salden sind u.a. Ausdruck der Spannungen auf dem europäischen Bankenmarkt. Banken in einigen Eurostaaten erhalten aufgrund der bestehenden Unsicherheiten am europäischen Finanzmarkt kaum mehr Liquidität. Diese Banken nutzen stattdessen verstärkt das Angebot der EZB, um sich mit Liquidität zu versorgen. Die Target-Salden sind im Zuge der Krise sehr stark gestiegen, weil diese Art der Refinanzierung von Banken über das Eurosystem krisenbedingt zugenommen hat.

Die Target2-Salden sind nicht Kern des Problems, sondern Symptome der Unsicherheiten im europäischen Banken- und Finanzsystem. Die Salden sind eine Begleiterscheinung einer Währungsunion mit dezentraler Liquiditätsversorgung. Richtig ist, dass die Risiken innerhalb des Eurosystems durch die Ausleihungen der Zentralbanken an ihre jeweiligen Geschäftsbanken gestiegen sind. Diese Risiken innerhalb des Eurosystems werden wieder sinken, wenn die Spannungen an den Finanzmärkten zurückgehen, das Vertrauen der Banken untereinander wieder steigt und der Bankensektor in den Defizitländern nicht mehr auf die Liquiditätsversorgung über die EZB angewiesen ist. Die Regierungen der Eurozone arbeiten mit Nachdruck an der Bewältigung der Krise und damit an der Wiederherstellung des Vertrauens der Marktteilnehmer. Entscheidend hierfür wird eine überzeugende Fortsetzung des Reformprozesses in den Mitgliedsstaaten sein. Wird hierdurch die normale Funktionsweise des Interbankenmarktes wiederhergestellt, beginnt die EZB mit der Rückführung ihrer expansiven Liquiditätsversorgung und transferieren Anleger ihr Kapital zurück in ihre Heimatländer, so wird auch ein Abbau der TARGET2-Forderungen der Bundesbank erfolgen. Dieser Prozess steht und fällt jedoch mit entschlossenen Reformen und makroökonomischer Disziplin in den Mitgliedsstaaten und er wird allenfalls mittelfristig einsetzen.

Anpassungen des Target2-Systems in Richtung des US-Fed-Systems (wie z.B. von Prof. Sinn vorgeschlagen - der „Bund der Steuerzahler Bayern e.V“ bezieht sich in seinen Stellungnahmen auf Prof. Sinn) sind nicht zielführend. Der Ausgleichsmechanismus in den USA ist rein bilanzieller Natur und führt lediglich zu einer Neuaufteilung der Aktivseite des konsolidierten Notenbanksystems auf die District-Notenbanken.

Abschließend gilt vor allem: Der einheitliche europäische Zahlungsraum bringt unserer stark vernetzten Wirtschaft erhebliche Vorteile. Wer den einheitlichen europäischen Zahlungsraum an einer Stelle infrage stellt, gefährdet ihn generell. Es wäre riskant, jetzt in der Krise das Regelwerk für grenzüberschreitende Zahlungen abrupt zu ändern.

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Binninger