Frage an Clemens Binninger von Christian R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Binninger,
ich möchte erst Ihr vorbildliches Engagement als Politiker loben, sich für das Verständnis von Entscheidungsfindung und Politik einzusetzen, was Ihre beeindruckende Statistik beantworteter Anfragen angeht.
Meine Frage bezieht sich auf eine ältere Anfrage vom 8.7.2010. Diese bezog sich auf den Bericht von Amnesty International zu Polizeigewalt in Deutschland. Damals hatten Sie geantwortet, dass Sie davon ausgehen, dass der Ausschuss für Inneres sich mit dem Bericht beschäftigen würde. Meine erste Frage wäre: Ist dies geschehen?
2. Hat man Handlungsbedarf festgestellt?
Mit freundlichen Grüßen
Christian Raff
Sehr geehrter Herr Raff,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Auf der Tagesordnung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages stand der von Ihnen angesprochene Bericht von Amnesty International bisher nicht. Das heißt allerdings nicht, dass er im Parlament nicht zur Kenntnis genommen wurde. Ich habe ihn gelesen und ich gehe davon aus, dass auch meine Fachkollegen dies getan haben.
Der Bundestag befasst sich immer wieder mit Aspekten, die der Bericht anspricht. So zum Beispiel im April 2009 mit einem Antrag zur Einsetzung eines Unabhängigen Beauftragten zur Untersuchung von Polizeigewalt (Bundestagsdrucksache 16/12683). Außerdem wird sich der Innenausschuss in Kürze im Rahmen einer Expertenanhörung unter anderem mit der Forderung nach Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte befassen. Dabei werden sicher auch weitergehende Zusammenhänge angesprochen.
Die Arbeit, die Amnesty mit dem Zusammentragen der 14 Fälle macht, ist wichtig. Pauschalierungen, wie sie in diesem Zusammenhang bisweilen zu beobachten sind, helfen aber nicht weiter. Der Amnesty-Bericht spricht von 2980 Ermittlungsverfahren, die laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2009 gegen Polizistinnen und Polizisten eingeleitet wurden. Ermittlungsverfahren – egal gegen wen sie eingeleitet sind – enden aber bei weitem nicht immer vor Gericht. Ein noch geringerer Anteil endet tatsächlich mit einem Schuldspruch. Insofern ist diese Zahl nur bedingt aussagefähig. Jeder einzelne Fall ist zu verfolgen und jede erwiesene Straftat in diesem Zusammenhang ist zu verurteilen. Daran gibt es keinerlei Zweifel. Wenn man sich aber vor Augen hält, dass es in Deutschland rund 250.000 Polizistinnen und Polizisten gibt, die tagtäglich im Einsatz sind, kann man hier nicht von strukturellen Defiziten sprechen, die es zu beheben gilt.
Eine der Hauptforderungen in diesem Zusammenhang ist die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte, die ich ablehne. Bei Großeinsätzen gibt es Gruppenkennzeichnungen. Auch sind die Beamten der Bundespolizei angehalten, sofern der Zweck der polizeilichen Maßnahme nicht gefährdet wird, sich der von ihren Amtshandlungen betroffenen Personen mit Namen, Amtsbezeichnung und Dienststelle vorzustellen. Auf ausdrückliches Verlangen ist der Dienstausweis vorzuzeigen. In den Ländern bestehen ähnliche Regelungen.
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Binninger