Frage an Clemens Binninger von Eckhard Z. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Binninger
ich bin geboren in Nufringen und wohne seit ´82 in der Schweiz. Ich bin sehr erstaunt über die Diskussion zur Suche von ausländischen Fachkräften. Ich bin der Meinung, dass Sie die Frage von einer anderen Seite beleuchten müssten und zwar, was muss die Bundesregierung unternehmen, um die Auswanderung von in Deutschland ausgebildeten Fachkräften zu mindern? Wenn ich hier in der Schweiz sehe, wieviel deutsch Ärzte in den letzen Jahren in die Schweiz umgezogen sind, dann finde ich dies für Deutschland alarmierend! Rechnen Sie doch mal nach, was die Ausbildung eines Arztes oder eines Ingenieurs den Staat in Deuschland kostet. Daraus resultierend können Sie ja dann den Betrag festlegen, der eingesetzt werden kann um für den qualifizierten Mitarbeiter in Deutschland zu halten. Wenn ich die Dikussionen verfolge, habe ich den Eindruck, dass keiner aus den im Bundestag vertretenen Parteien diese Variante im Blickwinkel hat. Es ist höchste Zeit, dass darüber nachgedacht und dass Lösungen im Budestag herbeigeführt werden. Dies ist sicher besser als sich über die Suche und Integration von Ausländern zu streiten!
Viele Grüsse
Eckhard Zwirner
Sehr geehrter Herr Zwirner,
haben Sie vielen Dank für Ihren Beitrag.
Das Thema Abwanderung von qualifizierten Arbeitskräften steht natürlich auch im Fokus der Politik. Ich teile Ihre Meinung aber nicht, dass wir es hier vor einem großen Problem stehen. Meiner Ansicht nach lässt sich kein Trend zur Auswanderung von (hoch)qualifizierten Deutschen erkennen. Der Auswanderung, die in einer globalisierten Welt Normalität ist, steht auch Einwanderung gegenüber. Am Ende ist der Nettoeffekt nicht exakt bezifferbar, zumal sowohl bei Abwanderung als auch bei Zuwanderung oft nicht feststeht, ob diese zeitlich begrenzt ist oder endgültig sein soll. Ganz abgesehen davon werden Auslandsaufenthalte in vielen Erwerbsbiographien erwartet.
Der allgemeine Eindruck, den auch Sie haben, dass sehr viele Ärzte aus Deutschland auswandern, wird nicht zuletzt von der Ärztelobby gepflegt. Betrachtet man die Zahlen, stellt man fest, dass jährlich ca. 2.500 Ärzte auswandern. Gleichzeitig wandern aber auch in der gleichen Größenordnung wieder Ärzte nach Deutschland ein.
Wenn man über Maßnahmen nachdenkt, um die Abwanderung von qualifizierten Arbeitnehmern zu verringern, muss man zuerst fragen, warum Arbeitnehmer auswandern. Studien und Umfragen nennen vor allem drei Gründe:
1. Hoffnung auf besseres Einkommen,
2. bessere berufliche Perspektiven und
3. bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Betrachtet man diese Hauptgründe für Auswanderung, muss man feststellen, dass die Möglichkeiten der Politik begrenzt sind. Im Bereich Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben wir in den letzten Jahren einiges erreicht. Insgesamt ist aber auch die Wirtschaft gefragt, gerade wenn es um angemessene Bezahlung und attraktive Zukunftsperspektiven geht. Auch bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat die Wirtschaft Gestaltungsmöglichkeiten.
Wir werden in Deutschland vor der Herausforderung stehen, dass wir in den nächsten 10 bis 15 Jahren, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der 50er und 60er Jahre in Ruhestand gehen, den Fachkräftemangel viel deutlicher spüren werden als heute. Deshalb müssen heute die richtigen Weichen gestellt werden.
Dazu müssen wir diejenigen, die hier Arbeit suchen, mit Blick auf die Nachfrage am Arbeitsmarkt besser qualifizieren. Möglichst alle jungen Menschen müssen einen Schulabschluss und eine Berufsausbildung haben. Wir brauchen mehr Studenten in den Natur- und Ingenieurswissenschaften. Wir werden uns aber auch damit zu befassen haben, wie qualifizierte Zuwanderung gesteuert werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Binninger