Frage an Clemens Binninger von Jens H. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Binninger ,
ich möchte hier gerne von Ihnen eine Stellungnahme zu der folgenden Praxis im Bezug auf die Anrechnung von übersteigendem Kindesunterhalt auf die Zahlung von ALG II.
Nun zum konkreten Fall :
Ich bin unterhaltspflichtig für ein zwölfjähriges Kind , welches nun einen erhöhten Unterhaltsbedarf nach der dritten Stufe der Düsseldorfer Tabelle hat.
Mir gegenüber hat das Kind nun einen Anspruch auf 334€ . Zusätzlich hat es Anspruch auf 184€ Kindergeld was zusammen ein Einkommen von 518€ ergibt. Nach ALG II hat ein Kind im Alter von 7 bis 14 Jahren einen Anspruch auf 251€ . Daraus folgt ein Einkommensüberhang von 267€ .
Vor dem zwölften Geburtstag hatte das Kind einen Unterhaltsbedarf von 254€ mir gegenüber und erhielt zusätzlich das Kindergeld in Höhe von 184€ also ein Einkommen von 438€ . Nach ALG II hatte es ebenfalls einen Anspruch auf 251€ , was einen Einkommensüberhang von 187€ ergab.
Dieser Einkommensüberhang wird bzw. wurde jeweils in voller Höhe in die Bedarfsgemeinschaft eingerechnet. Für das Kind bleibt also weiterhin ein Betrag von 251€ für alle anfallende Kosten (Lebensmittel, Kleidung, Schulbedarf u.s.w.). Mir fehlen aber diese 80€ mit denen ich das Kind bisher unterstützen konnte (Sportverein, Nachhilfeunterricht u.v.m). Nun würde ich von Ihnen gerne wissen wodurch der oben genannte Mehrbedarf meines Kindes gedeckt werden soll.
Zusätzlich zu dem oben Berichteten ist noch zusagen, dass der erhöhte Mehrbedarf nach der erwähnten Düsseldorfer Tabelle mit vollendetem zwölften Lebensjahr eintritt und vom Unterhaltspflichtigen eingefordert wird, dem Kind aber erst nach dem vollendeten vierzehnte Lebensjahr zugebilligt wird und dies auch nur in einer Höhe 287€.
Hochachtungsvoll
Jens Holst , Magstadt
Sehr geehrter Herr Holst,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Unterhalts- und Sozialrecht, die ich sehr gerne beantworte. Erlauben Sie mir aber zunächst den Hinweis, dass ich als Abgeordneter keine Rechtsberatung geben darf und deswegen auf die rechtlichen Regelungen nur im Allgemeinen und nicht auf Ihren konkreten Fall bezogen eingehen kann.
In der Regel geht das Sozialgesetzbuch II davon aus, dass alle in einem Haushalt lebenden Personen eine sogenannte Bedarfsgemeinschaft bilden und mit ihrem jeweiligen Einkommen füreinander einstehen. Ausnahmen von dieser Regelung sieht das Sozialgesetzbuch II allerdings auch vor und zwar in § 7 Absatz 3 Nummer 4. Dort heißt es, dass Kinder nicht (!) zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören, wenn sie ihren Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen sicherstellen können. Unterhaltszahlungen von einem getrennt lebenden Elternteil werden als eigenes Einkommen betrachtet. Dieses Einkommen wird nicht der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet.
In einer solchen Konstellation (beispielsweise alleinerziehende Mutter mit Kind, das Unterhalt bezieht) zusammenlebende Verwandte bilden lediglich eine sogenannte Hausgemeinschaft. Übersteigt das Einkommen eines Mitglieds einer solchen Hausgemeinschaft bestimmte Grenzen, ist es den anderen Mitgliedern gegenüber zwar unter Umständen auch zum Unterhalt verpflichtet. Allerdings liegt der Selbstbehalt hier deutlich höher als in einer Bedarfsgemeinschaft, wo Einkommen üblicherweise sofort angerechnet wird.
Vor diesem Hintergrund rate ich Ihnen, sich gemeinsam mit der Mutter Ihres Kindes an einen sachkundigen Anwalt zu wenden. Kostenlose Hilfestellung in sozialrechtlichen Fragen bietet üblicherweise auch die Diakonie ( http://www.diakonie-boeblingen.de ).
Mit freundlichen Grüßen
Clemens Binninger