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Frage von Ralf-Peter S. •

Frage an Clemens Binninger von Ralf-Peter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Binninger,
eine weitere Senkung der Grundwehrdienstzeit halte ich für falsch. Die 6 Monate enthalten einen Monat Urlaub/Dienstausgleich. Dann bleiben nur noch 5. 2 Monate Grundausbildung, 2 Monate Spezialausbildung und den letzten Monat stehen die Soldaten dann ihrer Einheit zur Verfügung.

Warum kann die Bundesrepublik nicht ein soziales Jahr für alle einführen?

Es wird immer über "Wehrgerechtigkeit" und "Gleichberichtigung" gesprochen.

Warum setzt man es dann nicht konsequent um?
So würden Jugendliche vor der Arbeitslosigkeit bewahrt und sie würden gleichzeitig auf das Berufsleben vorbereitet.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schleweis,

haben Sie vielen Dank für Ihren Beitrag.

Die Bundeswehr ist ein wesentliches Instrument deutscher Friedenspolitik. Die Wehrpflicht in Deutschland hat sich bewährt und ist angesichts der neuen Bedrohungen für die Sicherheit unseres Landes auch zukünftig notwendig. Die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr basiert auch auf ausreichend qualifizierten Reservisten. Deshalb stimme ich mit Ihnen überein, dass die Wehrpflicht beibehalten werden muss.

Unsere Wehrpflichtigenarmee wurde in der Vergangenheit und wird auch in der Zukunft an neue Herausforderungen angepasst. Der Dienst muss insgesamt attraktiver gestaltet werden. Notwendig sind in Zukunft auch Veränderungen bei der Einberufungspraxis, um wieder Wehrgerechtigkeit herzustellen. Vor diesem Hintergrund sieht der Koalitionsvertrag vor, dass eine Kommission sich mit Reformfragen befasst und ein Konzept erarbeitet, mit dem die Wehrdienstzeit auf sechs Monate reduziert wird. Ihre Skepsis an dieser Stelle kann ich durchaus verstehen. Das wesentliche Kriterium für die Wehrdienstdauer muss aus meiner Sicht dabei sein, wie lange ein Soldat für die vorgesehenen Aufgaben ausgebildet werden muss und wie lange er seine Kenntnisse und Fähigkeiten in den aktiven Strukturen der Streitkräfte noch gewinnbringend einbringen kann.

Warum kann die Bundesrepublik nicht ein soziales Jahr für alle einführen?
Verkürzt gesagt: Der Einführung eines allgemeinen, verpflichtenden sozialen Jahres stehen erhebliche verfassungsrechtliche und völkerrechtliche Hürden entgegen.

Ein verpflichtendes soziales Jahr für junge Männer und Frauen käme der Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht gleich. Nach Artikel 12 Abs. 2 des Grundgesetzes darf aber niemand zu einer bestimmten Tätigkeit gezwungen werden. Ausnahmen gelten hier im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstpflicht. Herkömmlich ist in diesem Sinne eine Dienstpflicht, wenn sie bereits geraume Zeit bestanden hat und im Rechtbewusstsein traditioneller Bestandteil der Pflichtenordnung ist. Hierzu zählen zum Beispiel die Feuerwehr- oder Deichschutzpflicht. Außerdem kann ein Dienst im Hinblick auf besondere Situationen - also im Verteidigung- oder Spannungsfall - (Artikel 12a Abs. 2 bis 6 GG) oder im Rahmen einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung (Artikel 12 Abs. 3 GG) angeordnet werden. Eine weitere Ausnahme bildet die in Artikel 12a Abs. 1 und Abs. 2 des Grundgesetzes geregelte Wehrpflicht (bzw. Dienst im Bundesgrenzschutz, in einem Zivilschutzverband und Wehrersatzdienst), die sich ausdrücklich nur auf Männer bezieht.

Um also ein allgemeines soziales Jahr einzuführen, müssten die entsprechenden Artikel unserer Verfassung geändert werden. Auch mit einer Verfassungsänderung würde die Einführung einer Dienstpflicht - außer in Not- oder Katastrophensituationen - aber gegen völkerrechtliche Verpflichtungen verstoßen. (Artikel 4 Abs. 2 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie Art. 8 Abs. 3a. des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Recht verbieten nämlich die Einführung von Pflichtarbeit.)

Unterm Strich wäre die Einführung eines allgemeinen, verpflichtenden sozialen Jahres als solches also nicht möglich. Nach den mir vorliegenden Informationen würden die bestehenden grundgesetzlichen Regelungen sowie völkerrechtliche Verpflichtungen dies nicht zulassen.

Ich hoffe, diese Informationen helfen Ihnen weiter und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Clemens Binninger