Frage an Claus Schmiedel von Natalie B. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Schmiedel,
ich schreibe Ihnen als Lehramtsstudentin der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Wir waren nach der Landtagswahl bei Ihnen als Politikwissenschaftsstudenten im Landtag zu einer Fragerunde und haben uns dabei intensiv über das Thema Bildung und Lehereausbau unterhalten. Dabei gingen Sie auf das Wahlversprechen ein, den Lehrerausbau aktiv voranzutreiben.
Meine Frage dazu:
Weshalb werden immer mehr Lehrerstellen abgebaut, obwohl das Wahlversprechen lautete, dass verstärkt in Bildung und in den Ausbau von Lehrkräften investiert werden sollte?
Herzliche Grüße,
Natalie Böhls-Wünsch
Sehr geehrte Frau Böhls-Wünsch,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Frage, auf die ich Ihnen gerne antworten möchte. Zunächst möchte ich aber noch voranstellen, dass ich mich noch gut an das Gespräch mit Ihnen und den anderen Politikwissenschaftsstudierenden erinnere. Ich fand das damals einen sehr erfrischenden und produktiven Austausch.
Ich möchte Ihnen beipflichten, dass der Ausbau der Ganztagsschule, die Ausweitung inklusiver Unterrichtsangebote sowie das Aufwachsen der Gemeinschaftsschule einen zusätzlichen Ressourcenbedarf auslösen werden. Demgegenüber stehen allerdings die Schuldenbremse und das strukturelle Haushaltsdefizit in Milliardenhöhe. Wir haben in den vergangen zwei Jahren gezeigt, dass sich strukturelle Einsparungen und Investitionen im Bildungsbereich nicht ausschließen. Vielmehr ist es uns gelungen, das strukturelle Defizit um mehr als eine Milliarde Euro senken und parallel zentrale bildungspolitische Maßnahmen des Koalitionsvertrags umzusetzen.
Für mich ist klar, dass eine alleinige rechnerische Gleichsetzung von Schülerzahlen und Lehrerstellen der Realität nicht gerecht wird. Ich vertrete die Auffassung, dass mögliche Einsparpotenziale, die durch rechnerisch rückläufige Schülerzahlen möglich sind, zunächst mit dem tatsächlichen Bedarf abgeglichen werden. Wir haben bereits in der jüngsten Vergangenheit mehrfach betont, dass dieser Abgleich jährlich erfolgen soll und die Zahl „11.600“ eine rechnerische Größe darstellt und eben „nicht in Stein gemeißelt“ ist.
Seitens der SPD haben wir in den vergangenen Jahren Investitionen im Bildungsbereich einen klaren Vorrang gegeben. Als Beispiele seien der Pakt mit den Kommunen für Familie mit Kindern, die Abschaffung der Studiengebühren und die Landesbeteiligung an der Schulsozialarbeit genannt. Des Weiteren haben wir insbesondere im Schulbereich intensiv an einer Verbesserung der Unterrichtsversorgung gearbeitet. Wir haben die feste Krankheitsreserve um 400 Deputate und die flexible Krankheitsreserve auf 65 Millionen Euro erhöht. Dies hat zu einer wesentlichen Stabilisierung der Unterrichtsversorgung an den Schulen geführt. Bestes Beispiel hierfür ist und bleiben die beruflichen Schulen und deren deutlich gesunkenes Unterrichtsdefizit. Weiter haben wir den Ausbau der Gemeinschaftsschule und den Ganztagsschulausbau forciert.
Es sei an dieser Stelle daher nochmals betont, dass trotz rückläufiger SchülerInnen-Zahlen bis einschließlich dem Schuljahr 2012/13 keinerlei Einsparungen vorgenommen wurden und die demografische Rendite vollständig zur Verfügung gestellt wurde. Dass es eine demografische Rendite gibt, ist unbestritten. Ohne diese demografische Rendite hätten wir die von Schwarz-Gelb nicht durchfinanzierte flächendeckende Absenkung des Klassenteilers nicht aufrecht erhalten können. Mit anderen Worten: Hätte die grün-rote Landesregierung die sogenannte „Qualitätsoffensive Bildung“ der CDU nicht mit Mehrausgaben über 200 Millionen Euro jährlich strukturell abgesichert, wäre der Klassenteiler auf das Niveau vor 2008/09 zurückgefallen. Diese bislang nur sehr unterbelichtet wahrgenommene Tatsache entspricht einem Volumen von umgerechnet rund 4.000 Lehrerdeputaten.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage damit beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Claus Schmiedel