Frage an Claudia Schmidtke von Dr. Lienhard W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag, Frau Schmidtke,
es wird viel über die Bedeutung PFLEGE geredet. In dem Zusammenhang habe ich zwei Fragen an Sie:
1. Warum gibt es in Deutschland immer noch keine PFLEGEKAMMER?
Warum hat Deutschland keine berufsrechtliche Beratung für Pflegekräfte? Wie sollen Krankenschwestern und -pfleger ihre berufs- und gesundheitspolitischen Interessen vertreten? Wie stehen Sie dazu?
2. Warum führen ZUSATZQUALIFIKATIONEN wie z. B. die zweijährige "Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie" nicht automatisch zu einer Besserbezahlung? Warum setzt man keine FINANZIELLEN Anreize, die eigene Qualifikation zu verbessern? Was ist Ihre Haltung dazu?
Die ehemalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat in dieser Hinsicht nichts erreicht. Hat sie überhaupt den Versuch unternommen?
Ich sollte diese Fragen eigentlich Jens Spahn stellen. Aber nach meinen Erfahrungen pflegt Bundesminister Jens Spahn (CDU) Fragen auf abgeordnetewatch.de mit einer grob irreführenden Floskel und Fragen an seine Ministeriumsadresse gar nicht zu beantworten.
Beste Grüße
Lienhard Wawrzyn
Sehr geehrter Herr Wawrzyn,
vielen Dank für Ihre Frage zur Thema Pflege.
Ich teile Ihre Einschätzung zur Bedeutung einer berufsrechtlichen Vertretung der Pflegekräfte. Auf Bundesebene wurde die Gründung der Pflegekammern befürwortet und unterstützt, für die Umsetzung sind aber die Länder zuständig. Letztlich entscheiden vor allem die Pflegekräfte mit ihrer Stimme über die Akzeptanz und das Gelingen eines solchen Vorhabens. So stimmten im März 92% der Mitglieder der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein für eine Auflösung und der Landtag beschloss erst kürzlich das dazugehörige Gesetz.
Die Sicherstellung der stationären Versorgung obliegt auch der Landesebene. Über die Zahlungen ihrer Pflegkräfte bestimmen die Häuser vor Ort selbst, eine bessere Entlohnung nach der absolvierten "Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie" ist dort üblich.
Die Bundesregierung hat auf eigene Initiative eine Fülle von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Attraktivität des Pflegeberufes zu steigern und somit dem Pflegekräftemangel entgegenzuwirken. So wurden mehrfach Prämien für besonders belastete Pflegekräfte während der Pandemie ermöglicht und ein Pflegestellen-Förderprogramm eingerichtet.
Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) verfolgt ebenfalls das Ziel, durch eine bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege für eine spürbare Entlastung im Alltag von Pflegekräften zu sorgen. So werden seit dem letzten Jahr die Personalkosten der „Pflege am Bett“ über ein sogenanntes Pflegebudget finanziert und damit unabhängig von den Fallpauschalen vergütet. Zudem sieht das PpSG die Förderung von Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf sowie eine umfassendere Refinanzierung der Ausbildungsvergütungen in der
Krankenpflege, der Kinderkrankenpflege, der Krankenpflegehilfe und der Altenpflege vor. Auch die zusätzliche Finanzierung von bis zu 13.000 Stellen für Pflegefachkräfte führt zur Verbesserung der Personalausstattung in Pflegeeinrichtungen.
Das Gesetz zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege finanziert zudem bis zu 20.000 zusätzliche Stellen für Pflegehilfskräfte, die von den Kostenträgern zu erstatten sind. Mit der Konzertierten Aktion Pflege wurde unter gemeinsamer Federführung des Bundesministeriums für Gesundheit, des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gemeinsam mit den relevanten Akteuren aus der Pflege im Juni 2019 ein umfangreiches Paket zu den Themen Ausbildung, Personalmanagement, Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung, innovative Versorgungsansätze und Digitalisierung, Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland sowie zu den Entlohnungsbedingungen in der Pflege vereinbart.
Die vereinbarten Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag wurden umgesetzt und müssen nun im Einzelnen ihre Wirkung entfalten. Diesen Prozess werde ich sorgfältig beobachten und mich auch zukünftig für Verbesserungen einsetzen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Positionen zum Pflegeberuf gut darlegen und wünsche Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Claudia Schmidtke, MBA