Frage an Claudia Schmidtke von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Frau Prof. Schmidtke,
Ihnen ein gutes 2019.
Zur Sache: Ich frage mich immer öfter und heute Sie: Was ist los in unserem Land?
Konkret: Was läuft alles in Deutschland und der Politik falsch, wenn:
a) führende deutsche Automobilhersteller jahrelang eine betrügerische Software in deren Produktion einbauen, wo die rechtlich geforderte Schadstoffeffizienz nur vorgetäuscht wird, anstatt eine solche technisch umzusetzen?
b) die den Staat und die betroffenen Verbraucher betrügenden Hersteller nach öffentlichem Bekanntwerden dieses Betrugs vom deutschen Staat und seiner Politik bis heute nicht zur umfassenden Rechenschaft und Schadensregulierung herangezogen werden?
c) die CDU auf ihrem Parteitag im Dezember 2018 beschließt, dass die Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) geprüft werden soll, wo genau diese DUH gegen die Grenzwertverletzung vorgeht, welche durch die in betrügerischer Absicht gefertigten unsauberen Dieselautos entsteht?
d) durch "Cum-EX"- und Cum-Cum"-Geschäfte der dt. Staat über 10 Jahre lang (von 2001-2016) um mindestens 36,2 Mrd. EUR betrogen wurde, davon aber noch nicht mal 20% der Schäden juristisch aufgearbeitet geschweige denn regresspflichtig wurden?
e) die dt. Staatsanwaltschaft, die bis dato bezogen auf die Aufarbeitung von "Cum-EX"- und "Cum-Cum"-Geschäften keine Effizienz erkennen lässt, gegen Menschen bzw. Institutionen ermittelt (z..B. Journalist Oliver Schröm und dessen Agentur "CORRECTIV"), welche zur Aufklärung dieser Geschäfte beigetragen haben?
Ich finde, dass die in a) bis e) benannten Phänomene unseren Rechtsstaat, die freiheitlich-demokratische Grundordnung sowie die Effizienz der deutschen Politik massiv in Frage stellen.
1. Wie erklären Sie das Zustandekommen dieser Phänomene?
2. Wie werten Sie diese?
3. Sind Sie bezogen auf die in a) bis e) benannten Entwicklungen aktiv geworden, wenn ja wie?
4. Wenn nein, wollen Sie darauf bezogen aktiv werden und wenn ja wie?
Viele Grüße T. S.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 07.01.2019.
Lassen Sie mich zuerst auf Ihre Frage hinsichtlich der Luftqualität antworten (Punkte a und b). Die Diskussion um die Überschreitung der Stickoxidgrenzwerte und drohende Fahrverbote in den betroffenen Städten haben zu einer nachvollziehbaren Verunsicherung bei den Bürgerinnen und Bürgern geführt.
Jedoch möchte ich einige Anmerkungen zu Ihren Ausführungen machen. Bei PKW ist eine technische Hardware Nachrüstung nicht ganz so einfach wie häufig dargestellt. Hier fehlt es bei den meisten Modellen am nötigen Bauraum, um nachträglich die erforderlichen zusätzlichen Teile einbauen zu können. Hinzu kommt, dass es derzeit noch keine technische Hardware-Lösung für PKW gibt, die eine Zulassung zum Einsatz im Straßenverkehr hat und unser rechtlicher Rahmen in Deutschland schlicht andere Möglichkeiten vorsieht als jener in den USA. Nichtsdestotrotz hat das Bundesverkehrsministerium Ende letzten Jahres die rechtlichen Voraussetzungen zur Nachrüstung älterer Dieselmotoren geschaffen. Die genaue Ausgestaltung erfolgt somit in diesem Jahr. Dabei werden sicherlich auch die Automobilhersteller einen Anteil beitragen.
Bei den diskutierten Möglichkeiten geht es immer ausdrücklich darum, Fahrverbote zu vermeiden. Es soll kein Konjunkturprogramm für die Automobilindustrie werden. Aus diesem Grund sind die vorgestellten Lösungen auch häufig auf die wenigen Regionen beschränkt, wo PKW-Besitzer andernfalls gezwungen wären, ihr Fahrzeug stehen zu lassen. Der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist es dabei ein wichtiges Anliegen, die individuelle Mobilität für jeden zu gewährleisten und Fahrverbote zu vermeiden.
Die Deutsche Umwelthilfe (Punkt c) vertritt in dieser Diskussion eine sehr radikale Strategie der Fahrverbote. Obwohl diese Position ein legitimes Partikularinteresse ist, so sind wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht mehr davon überzeugt, dass damit der Nutzen der gesamten Gemeinschaft berücksichtigt wird, sondern eben nur ein Teil davon. An den von Ihnen zitierten Antrag ist die CDU/CSU-Bundestagsfraktion jedoch nicht gebunden. Die Entscheidung, ob die Gemeinnützigkeit aberkennt wird, trifft das Finanzamt auf Grundlage einer objektiven Bewertung der Lage. Hier könnten allerdings durchaus die Vorwürfe eine Rolle spielen, nach denen sich die DUH im Wesentlichen durch Abmahnungen finanziere und die Marken aus der Auto- und Zulieferindustrie verschone, mit denen sie eng zusammenarbeitet.
Lassen Sie mich zum Thema der sogenannten „Cum/Ex“ Geschäfte (Punkte d und e) auch einige Dinge anmerken. Dass das Prinzip Steuern nur einmal zu bezahlen und mehrfach angerechnet zu bekommen nicht richtig sein kann, lag und liegt auf der Hand. Dennoch gab es Investoren, Banken, Berater und Wissenschaftler, die die entsprechende Gesetzeslücke nutzten. Diese Lücken sind nunmehr geschlossen.
Über die Aufklärung der zuständigen Behörden tagte ein Untersuchungsausschuss zwischen April 2016 und Februar 2017. Dabei hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stets die Position vertreten, dass die zuständigen Behörden in Bund und Ländern gute Arbeit leisten. Sie konnten in zahlreichen Fällen verhindern, dass zu Unrecht beantragte Anrechnungen oder Erstattungen der Kapitalertragssteuer auch tatsächlich angerechnet oder ausgezahlt wurden. Außerdem ist es ihnen gelungen, den Großteil der irrtümlich bereits angerechneten oder erstatteten Kapitalertragsteuern erfolgreich zurückzufordern. Die tatsächliche Schadenshöhe durch Cum/Ex-Geschäfte dürfte deshalb nur einen Bruchteil der öffentlich immer wieder genannten Beträge ausmachen.
Nichtsdestotrotz dauert die Aufklärung auf Grund der komplizierten Verfahren einige Zeit. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass die zuständigen Ermittler ihr Bestes tun, um alle betreffenden Personen rechtlich zu belangen und ausstehende Geldbeträge zurückzufordern.
Zuletzt auch Ihnen ein gutes Jahr 2019!
Prof. Dr. Claudia Schmidtke, MBA
Mitglied des Deutschen Bundestages
Mitglied im Gesundheitsausschuss
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Liegenschaft: Wi 65, Raum 3.28
T (030) 227 74901
F (030) 227 76902
http://www.claudiaschmidtkemdb.de
Datenschutz: http://claudiaschmidtkemdb.de/datenschutzerklaerung/