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Frage von Michael B. •

Frage an Claudia Roth von Michael B. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Roth,

ein Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 22.3.2009 (Richard Wagner) beginnt mit dem Satz: "Die Empörungsmaschine lief wieder wie geschmiert." Hierin wird auch Ihre Reaktion auf folgende Aussage von Papst Benedikt XVI. zitiert:

Papst Benedikt XVI,: "Ich würde sagen, das Problem Aids kann man nicht bloß mit Werbeslogans überwinden. Wenn die Seele fehlt, wenn die Afrikaner sich nicht selbst helfen, kann diese Geißel nicht mit der Verteilung von Kondomen beseitigt werden: Im Gegenteil, es besteht das große Risiko, das Problem zu vergrößern."

Sie sollen hierauf wie folgt reagiert haben: "Höchst unverantwortlich". Er (Papst Benedikt XVI.) setze "eine kontraproduktive, destruktive, lebensfremde und liebesfeindliche Politik fort, die jeglichen vernünftigen Ansatz bei der Bekämpfung der HIV- und Aids-Epidemie zunichte macht".

Eine solche Reaktion ist vollkommen absurd (das gibt die Äußerung Papst Benedikts XVI. einfach nicht her).

Meine Frage: Entspricht diese Berichterstattung den Tatsachen? Haben Sie sich wirklich so gegenüber Papst Bendedikt XVI. geäußert? Wenn ja, meinen Sie wirklich, das Problem Aids in Afrika mit ein paar Millionen Kondomen lösen zu können?

Vielen Dank.

Mit feundlichen Grüßen
Michael Bilharz

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Sehr geehrter Herr Bilharz,

im überwiegenden Teil der Meldungen ist folgende Formulierung der Papst-Äußerung zu lesen: «Die Immunschwächekrankheit Aids ist nicht mit Kondomen zu überwinden, im Gegenteil, das verschlimmert nur das Problem». Das haben wir klar als höchst unverantwortlich kritisiert. Es ist das gute Recht des Papstes, für seine Vorstellungen von Sexualität und spirituellem Erwachen zu werben und die Gläubigen seiner Kirche dazu einzuladen. Als Oberhaupt der katholischen Kirche weiß er aber auch, dass diese Vorstellungen nicht einmal innerhalb des eigenen „sittlich gefestigten“ Klerus eins zu eins eingehalten und gelebt werden. Als Beispiele seien hier die vielfältigen sexuellen Kontakte von Geistlichen der katholischen Kirche oder der sexuelle Missbrauch von Kindern in etlichen Ländern und Gemeinden erwähnt. Wie soll es dann bei Millionen Menschen aussehen, die sich in ihrem Alltag selektiv-pragmatisch an den Lehren der katholischen Kirche orientieren? Die Kondom-Kritik des Papstes macht jahrelange Gesundheits- und Aufklärungsarbeit zunichte, in denen erfolgreich vermittelt wurde, dass Kondome schützen. Diese Tatsache ist unbestritten, wissend, dass Pannen auch hier nicht ausgeschlossen werden können. Die Autorität des Heiligen Vaters hat die fatale Wirkung, dass die Fortschritte und Erkenntnisse in der gesundheitlichen Bildung nun leicht und mit „gutem Gewissen“ ignoriert werden können.

Es wäre kein Widerspruch gewesen, für ein anderes Sexualverhalten einzutreten, die Menschen zum spirituellen Erwachen zu bewegen und trotzdem angesichts der schützenden Funktion von Kondomen auf eine Verteufelung dieser zu verzichten. Kondome lösen das AIDS-Problem nicht. Sie helfen aber, sich bei fehlenden Informationen über die gesundheitliche Verfassung des/r Partners/in oder bei anonymen sexuellen Kontakten zu schützen.

Mit freundlichen Grüßen

Das Büro-Team von Claudia Roth

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