Frage an Claudia Roth von Sabine K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Roth,
mein Anliegen bezieht sich auf die aktuelle Änderung des SGB III zum 01.01.09:
In §1, Abs. 2 Ziele der Arbeitsförderung heißt es: ...die berufliche und regionale Mobilität unterstützen und die zügige Besetzung offener Stellen zu ermöglichen!
Wie lässt sich dies vereinbaren mit der kompletten und ersatzlosen Streichung der Umzugskostenbeihilfe für Arbeitslose bzw. von Arbeitslosigkeit Bedrohte?
Nach der neuen Reglung können keine Umzugskosten mehr übernommen werden. (§55-58 entfällt!) Punkt! .
Also wie soll der/die Arbeitslose zukünftig Arbeit außerhalb des Tagespendlerbereiches annehmen, wenn er/sie aus der Arbeitslosigkeit heraus einen Umzug von mehreren tausend Euro vorfinanzieren muss?
Nach Auskunft der BA in Heide/Holstein sind Umzugskosten nur noch nach SGB II-Leistungen verfügbar.
D.h. also: ich muss erst so lange arbeitslos bleiben, bis ich Leistungen nach SGB II (also Hartz IV) bekomme, um mich dann Auswärts zu bewerben? Das soll "die berufliche und regionale Mobilität unterstützen und die zügige Besetzung offener Stellen ermöglichen"?????
Ich selbst bin durch Arbeitsaufnahme in Ba-Wü von der neuen Regelung betroffen: noch am 30.01.09 wurde mir persönlich Umzugskostenbeihilfe in vollem Umfang zugesagt (Kostenvoranschläge von Speditionen wurden eingefordert etc); am 02.02.09 habe ich meinen Arbeitsvertrag und Mietvertrag in Ba-Wü unterschrieben und meinen Job angetreten, und am 03.02. rief der Berufsberater an und sagte: "Pech gehabt, Leistung gibt`s nicht mehr seit 01.01.09"
Jetzt sitze ich hier in Ba-Wü, in 4 Tagen ist der Umzugstermin und ich kann das Geld nicht aufbringen... na dann heißt es wohl vertragsbrüchig werden (Arbeits-, Mietvertrag) und zurück in`s strukturschwache Dithmarschen um mich in die Dauerarbeitslosigkeit zu begeben...
Gute Nacht Deutschland! ;-(
Über Stellungnahme wäre ich sehr dankbar!
MfG
S.K.
Sehr geehrte Frau Kersting,
zum Thema Wegfall der Mobilitätshilfen im SGB III hat man Sie offensichtlich falsch informiert. Es ist ein Skandal, dass die örtliche Agentur für Arbeit die Ihnen gegebene Zusage zurückzieht, die Umzugskosten für den berufsbedingten Umzug nach Baden-Württemberg zu übernehmen. Das durch die große Koalition geänderte SGB III sieht nach wie vor Mobilitätshilfen vor, und zwar im neuen § 45 SGB III. Die zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen sind also kein Grund, Ihnen keine Mobilitätshilfen zu gewähren. Im Gegenteil:
Das neue Vermittlungsbudget im neuen § 45 SGB III ersetzt die bisherigen Leistungen zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung (alte §§ 45ff. SGB III) sowie die Mobilitätshilfen (alte §§ 53ff. SGB III). Die bisherigen Unterstützungsleistungen umfassten Bewerbungskosten und Reisekosten vor allem für Bewerbungsgespräche, aber auch für Berufsberatung oder eine Eignungsfeststellung. Die bisherigen Mobilitätshilfen erlaubten Umzugs- und Trennungshilfen, Fahrtkostenhilfen und Zuschüsse für notwendige Arbeitsbekleidung und andere notwendige Anschaffungen. Alle diese Leistungen werden auch vom neuen § 45 SGB III umfasst.
In der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 16/10810) heißt es: "Es wird den Vermittlungsfachkräften ein Instrument zur Verfügung gestellt, mit dem sie verschiedenste Hilfestellungen im Einzelfall geben können. [...] Die Vermittlung wird gegenwärtig durch Leistungen zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung, die Arbeits- bzw. Ausbildungsaufnahme durch die Erbringung von Mobilitätshilfen unterstützt." Das bedeutet, dass der neue § 45 SGB III die Nachfolgeregelung zu den bisherigen Mobilitätshilfen darstellt und diese mit umfasst. Dies ist im Übrigen von den Vertretern der großen Koalition aus SPD und CDU/CSU während der Gesetzesberatungen auch ausdrücklich so zugesichert worden.
Wir hatten während der Gesetzesberatungen kritisiert, dass die zuvor sehr ausdifferenzierten Leistungen jetzt nur noch so abstrakt benannt sind, dass für die Bürger kaum mehr nachvollziehbar ist, in welcher Art und Weise sie überhaupt von der Förderung profitieren können. Wir hatten deshalb gefordert, dass eine beispielhafte, nicht abschließende Aufzählung der möglichen Leistungen, wie z.B. Mobilitätshilfen, in den Gesetzestext aufgenommen wird, leider vergeblich.
Dennoch: Die Agentur hat Sie falsch beraten. Sie haben nach wie vor die Möglichkeit, Umzugshilfen zu bekommen.
Mit freundlichen Grüßen
Das Büro-Team von Claudia Roth