Frage an Claudia Roth von Helga R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag,
ich habe nur eine kurze, wichtige Frage:
warum hat Deutschland noch nicht die EU-Konvention gegen Abgeordneten-Korruption unterzeichnet?
Gruß
H. Robinson
Sehr geehrte Frau Robinson,
die Bundesrepublik hat zwei internationale Abkommen zur Korruptionsbekämpfung der Vereinten Nationen und des Europarates zwar unterschrieben, aber noch nicht umgesetzt. Die geltende Regelung der Abgeordnetenbestechung in § 108e des Strafgesetzbuches – StGB – wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Dieser Auffassung ist auch der Bundesgerichtshof, der in seinem Urteil vom 9. Mai 2006 (5 StR 453/05) den Gesetzgeber aufgefordert hat, eine Erweiterung der Strafbarkeit vorzusehen.
Bislang ist in Deutschland die Bestechung ausländischer Abgeordneter strafbar - bei deutschen Abgeordneten aber nur der direkte Stimmenkauf. Damit werden wesentliche Tätigkeiten von Abgeordneten jenseits der Abstimmungen nicht erfasst.
Deutschland muss diese Lücke im Kampf gegen Korruption schließen, auch aus Gründen der Glaubwürdigkeit, denn es fordert anderen Staaten immer wieder dazu auf, die Korruption in ihren Parlamenten zu bekämpfen. Wir Grüne haben im Oktober 2007 einen Gesetzentwurf vorgelegt. Danach sollen alle mandatsbezogenen Handlungen im Parlament grundsätzlich unter die Strafbarkeit fallen, wenn die/der Abgeordnete die Handlung gerade deshalb vollzieht, weil sie/er für sich oder eine/n Dritten einen rechtswidrigen Vorteil als Gegenleistung annimmt, fordert oder sich versprechen lässt. Nicht strafbar soll die Entgegennahme oder Vermittlung von Spenden sein, auch nicht die Annahme von Zuwendungen für berufliche Tätigkeiten neben der parlamentarischen Arbeit. Mit Abgeordneten gleichgestellt sind Bewerberinnen und Bewerber für ein Mandat. Den Wortlaut des Gesetzentwurfes finden Sie unter folgendem Link: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/067/1606726.pdf
Den grünen Gesetzentwurf haben wir im Oktober 2007 eingebracht. Er wird noch immer in den Gremien des Bundestages beraten. Offensichtlich fehlt es den Kolleginnen und Kollegen der anderen Parteien an Entschlossenheit, zeitnah über die Thematik zu befinden.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Roth