Frage an Claudia Roth von Stephan B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Roth,
mir ist beim Lesen dieser Seite aufgefallen, dass Sie die Frage des Herrn Bilharz nicht wirklich beantwortet, sondern "kleine Kekse" verteilt haben. Also mich es wirklich interessieren, was denn nun konkret unverhältnismäßig am Einsatz der israelischen Truppen sein soll. Nach intensiver Beschäftigung mit dem Kriegsvölkerrecht, insbesondere der Haager Landkriegsordnung und den Genfer Konventionen kann ich persönlich kein Fehlverhalten der IDF, ganz im Gegensatz dazu die HAMAS, feststellen. Sie schreiben, "Wenn auch Kinder und Frauen als Schutzschilde missbraucht werden, entbindet das die israelischen Politiker und Kommandeure nicht von ihrer völkerrechtlichen Pflicht, die Zivilbevölkerung zu schonen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren." Dem ist nichts hinzuzufügen und nach meiner Kenntnis halten sich die dortigen Befehlshaber auch daran. Gegenteiliges wurde zumindest bisher von seriösen Medien nicht berichtet. Ich merke an, dass ich die Berichterstattung der HAMAS als nicht seriös anerkenne. Erschüttert bin ich aber über die offenkundige Weigerung ihrer Mitarbeiter auf eine Karte zu schauen, denn sonst kann ich mir den hier gezeigten geografischen Fehltritt nicht erklären. Der Gazastreifen grenzt im Norden und Osten an ISRAEL, im Westen an das Mittelmeer nun im Süden an.... Na das finden ihre Mitarbeiter bestimmt selbst heraus. Aber was konkret unverhältnismäßig sein soll, würd mich, wie viele andere Menschen auch, interessieren.
Mit freundlichen Grüssen
Stephan Brandt
Sehr geehrter Herr Brandt,
um im von Ihnen eingebrachten Bilde zu bleiben, ließe sich erwidern, dass Sie durch Ihre vorherrschende Optik zwischen großen Kuchen und kleinen Keksen nicht unterscheiden können. Wenn wir einen einzigen Begriff „unverhältnismäßig“ in über 20 Zeilen näher erklären, sind es keine kleinen Kekse.
Es war und bleibt unverhältnismäßig, wenn UNO-Einrichtungen, Krankenhäuser und Schulen bombardiert werden, wenn ein Drittel der Getöteten Kinder sind, wenn weißer Phosphor in einem dicht besiedelten Gebiet und „Freilicht-Gefängnis“ wie dem Gaza-Streifen eingesetzt wird.
Vordringlich sind für uns vor allem Antworten auf folgende Fragen: Wie gelingt es, weitere Gewalt auf beiden Seiten – in Gaza und im Süden Israels – zu vermeiden? Wie lässt sich die dramatische humanitäre Lage der bedrohten Menschen in Gaza schnell verbessern? Und wie kann endlich wieder ein Weg gefunden werden, um die notwendigen politischen Schritte und eine Rückkehr zu einem echten Verhandlungsprozess einzuleiten? Dies ist aus unserer Sicht viel wichtiger, als polemisch geführter Streit um die vermeintlich „richtige Haltung“ im Nahostkonflikt. Das geschieht oftmals mit grober Schwarz-Weiß-Malerei: Während die einen für die jüngste Gewalt ausschließlich die Provokationen der Hamas und den Raketenbeschuss auf Südisrael verantwortlich machen wollen und jede israelische Militäraktion entschuldigen, sehen andere die Schuld allein bei der israelischen Regierung und Armee, während sie über die offensichtlichen Verbrechen der Hamas hinwegsehen. Schwarz-Weiß-Schemata führen aber in der Bewertung nicht weiter und verbauen den Weg nach vorn. Gut, dass Sie bei Ihren Analysen auch an die gemeinsame Grenze zwischen Ägypten und dem Gaza-Streifen denken. Bei aller Kritik an der ägyptischen Haltung zum Konflikt und zum Gaza-Streifen wehrt sich Ägypten zu Recht dagegen, als einziges Fenster zum Gaza-Steifen behandelt zu werden. Bei der Suche nach Lösungen für die Probleme mit der Hamas und im Gaza-Streifen gehören alle Seiten an den Verhandlungstisch.
Mit freundlichen Grüßen
Das Büro-Team von Claudia Roth