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Frage von Sebastian F. •

Frage an Claudia Roth von Sebastian F. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Roth,

ich habe eine Frage zu dem Thema Pendlerpauschale. Mich hat es natürlich sehr gewundert, dass die Bundesregierung damals beschlossen hat, dass die ersten 20km nicht anzurechnen sind. Mich wundert aber, dass dies nicht umgekehrt gemacht wurde.

Ich würde gerne Ihre Meinung und Stellungsnahme zu dem Vorschlag haben, dass die Pendler nur eine bestimmten Weg zur Arbeit anrechnen lassen können. Über die genauen Kilometer kann man ja noch diskutieren, d.h. ob man nun 50, 70 oder 100 km nur anrechnen lassen kann, ist natürlich subjektiv zu beurteilen. Aber die übrigen Kilometer sollten entweder überhaupt angerechnet werden, oder nur noch sehr gering.

Meine Begründungen:
Man sollte doch innerhalb von 50/75/100 km einen Job finden, falls dies nicht möglich ist, so sollte man entweder umziehen oder die weite Entfernung aus persönlicher Tasche bezahlen. Wieso muss die Gesellschaft dafür aufkommen, wenn manche Leute über 100km täglich zur Arbeit fahren. Dies ist Luxus und die Personen sollten dies doch dann auch selber tragen.
Man muss sich auch mal überlegen, wie die Umwelt unter diese Vergütung leidet. Die Personen würden doch, wenn Sie näher an ihrem Wohnort leben, doch umweltfreundlicher leben.

Man kann sich auch überlegen, ob man die Anrechenbarkeit ab z.B. dem 71ten Kilometer ganz abschafft, oder ob man danach für jeden weiteren Kilometer einen Cent abziehen würde. Bsp:

1ter KM: 25 Cent
2ter KM: 25 Cent
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69ter KM: 25 Cent
70ter KM: 25 Cent
71ter KM: 24 Cent
72ter KM: 23 Cent
73ter KM: 22 Cent
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94ter KM: 1 Cent

Man kann natürlich hier sowohl die Anzahl der "vollen" Kilometer, also auch die Beträge, und die abschwächung nach den "vollen" Kilometer unterschiedlich setzen, jedoch sollte man bedenken, dass hier durch Steuern gespart werden, die Umwelt geschont wird und die Besteuerung gerechter wird.

Ich bin sehr gespannt auf Ihre Antwort als Vorsitzende der Grünen und verbleibe mit freundlichen Grüssen
Sebastian Fanders

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Fanders,

das Bundesverfassungsgericht hat das Gesetz der großen Koalition aus einem einfachen Grund für ungültig erklärt, weil das Gesetz eine klare Ungleichbehandlung von BürgerInnen in Gang gesetzt hatte. Mit Ihrem Vorschlag, die Entfernungspauschale nur bis zu einer bestimmten Entfernung (70 km) einzuführen, bestünde das alte und vom Gericht monierte Problem weiter, nur mit einem anderen Vorzeichen, das zwar umweltfreundlicher wäre, aber das Problem nicht beseitigen könnte. Dann ginge das Theater wieder vom Neuen los.

Viele Arbeitnehmer waren und sind von der "gekürzten Pauschale" gar nicht betroffen. Durch den Arbeitnehmer-Pauschalbetrag von 920 Euro, mit dem Werbungskosten pauschal abgegolten werden, ist jede Entfernung zur Arbeit bis 13,9 Kilometer abgedeckt. Nach früheren Angaben des Finanzministeriums sind 16 Millionen von 27 Millionen Arbeitnehmern von der Änderung nicht betroffen. Bei weiteren 5,5 Millionen gehe es um weniger als zwölf Euro im Monat.
Im Jahr 2002 profitierten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 16 Millionen Berufspendler von der damaligen Entfernungspauschale, die keine Kilometerbeschränkung vorsah. Die meisten legen nach Erhebungen des "Mikrozensus" vom März 2004 nur kurze Strecken zurück. 2004 lag der Anteil der Nahpendler mit Wegstrecken von weniger als zehn Kilometern bei 52 Prozent. Der Anteil der Fernpendler, die mindestens 50 Kilometer zur Arbeit fuhren, betrug nur fünf Prozent.

Die Entfernungspauschale ist als Werbungskosten ab dem ersten Kilometer für alle Verkehrsmittel zu gewähren, wenn der Gesetzgeber von ihrer Notwendigkeit und Richtigkeit überzeugt ist.
Andererseits ist die Entfernungspauschale im Kern eine unsoziale Zersiedelungsprämie und klimaschädliche Subvention. Denn sie hilft nicht den Geringverdienern und versetzt die Besserverdienenden in die Lage, ihre Fahrzeuge weiterhin vom Staat und den SteuerzahlerInnen subventionieren zu lassen.
Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat die Wiedereinführung der Pendlerpauschale als "ökologisch fatal und sozial ungerecht" kritisiert.

Mit freundlichen Grüßen

Das Büro-Team von Claudia Roth

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